I Amuse Gueule
1. Opener: Diebolt-Vallois Blanc de Blancs Grand Cru 1997
Jahrgangstypischer, deshalb leicht diebolt-untypischer Champagner, der sich erstaunlich freigebig, mit Äpfeln und Birnen präsentiert. Runde, milde Säure, volles Mundgefühl, mittellang.
II. Kurz gegrillter weißer Thunfisch auf lauwarmen dicken Bohnen
1. Beauregard à Pomerol 1993
Gut entwickelte, reife, warme Nase mit Pflaumenmus und Röstnoten. Einen Hauch über dem Léo, dem mehr Luft sicher zu einem besseren Abschneiden verholfen hätte.
2. Léoville-Barton, 2éme GCC à St. Julien, 1993
Verhalten, sperrig, schnappte regelrecht nach Luft, dann langsame Entwicklung von roter Grütze und einer noch ziemlich maskulinen Säure.
III. Gebratene Entenleber auf bitter-süsser Orangengremolata
1. Reichsrat von Buhl, Forster Jesuitengarten Spätlese 1998
Der pfälzische, selbst von Zesten geprägte Stil dieser Zeit passte perfekt zur Orangengremolata. Locker auf Ausleseniveau.
2. Warwick Estate Trilogy, Stellenbosch, 2000
Zunächst eine Nase wie von staubig gewordenen Maggiwürfeln, im Mund auch ziemlich staubig, etwas fleischig, wobei sich mit der Luft eine konzentrierte, amaronige Art entwickelte, die den Wein dann als neue Welt enttarnte.
3. Louis M. Martini Napa Cabernet-Sauvignon 2005
Eine parfumierte Art, wie die Fruchtjoghurtdrops von Katjes. Schmeckte nicht schlecht, aber so beliebig, wie jeder andere Bordeaux-Klon.
Die Roten waren beide keine Knüller, wobei der Warwick der interessantere, entwicklungsfreudigere Wein war.
IV. Geschmorte Kalbsbäckchen auf warmen Linsen
1. Ornellaia 2005
Kraftvoll, kirschige Nase, viele gemahlene Mandel- und Aprikosenkerne, Spuren von Bleistift; im Mund mit einem Knall präsent, vielleicht sogar zu alkoholisch, aber eben eine jugendfrische Schönheit gegen einen schwierigen, da wesentlich älteren, reiferen, voll ausentwickelten Flightpartner. Für mich trotzdem eine Nasenspitze vor dem Bordeaux, der zweifellos sein bestes gab.
2. Grand Mayne, GCC St. Émilion, 1990
Kleiner Stallstinker, gefolgt von einer sehr gelungenen Mischung aus Graphit, Unterholz, Pilznoten und einer darunter liegenden Schicht reifer, süsser Tannine. Dabei durchweg konzentriert, ganz ohne Unschärfen und insofern wohl auf dem Reifehöhepunkt angekommen, bzw. mitten im sweetspot getroffen.
V. Farfalle tradizionale mit Rehrückenragout
1. Grand Corbin Despagne, GCC St. Émilion, 2000 en magnum
In der Nase Zündhütchen von der Karnevalspistole, pfeffrige Noten, sonst eher schwache Nase. Im Mund süsslich, mit Zimt und Kardamomaromen, auch hier wenig Frucht, kam dann erst mit der Zeit aus der Deckung und war dann durchaus erfreulich. Machte sich auch ganz gut zum Kalbsbäckchen, harmonierte aber nicht völlig einwandfrei, gefiel mir deshalb einfach so im Glas besser.
VI. Reiner Weinflight:
1. Lagrange, 3ème GCC à St. Julien, 1990
Sehr kraftvoll, dabei glatte, seidige Tannine, eine Mischung aus Pauillacpower und St. Julien Eleganz. Konzentrierte Frucht und ledrige, auch an Zigarrenkiste erinnernde, mit erstaunlich viel Minze vermischte Noten. Wird jetzt nicht mehr besser – muss er aber auch nicht.
2. Pichon Comtesse de Lalande, 2ème GCC à Pauillac, 1989
Feine Struktur, ebenfalls mit Minze, die aber dezenter und zurückhaltender als beim Lagrange war. Außerdem Laub, Efeu, grüner Pfeffer, reifes, etwas mürb-süsses Mundgefühl, ein langer, harmonischer, fast schon kitschig guter Bordeaux.
VII. Lammfilet aus der Röhre, im gekräuterten Pancettawickel mit Rosmarinreduktion und Artischocken-Oliven
1. Henschke, Mt. Edelstone, Barossa Valley Shiraz, 1996
Joghurt, gekochtes rotes Obst, dunkle Beeren, sehr feines Eukalyptus-Menthol, ziemlich konzentriert und speichelflussfördernd, strukturierter, ansprechender Wein.
2. Gallo Estate, Sonoma, 1996
Hitzig, etwas brandig, konzentriertes, etwas scharfes, beinahe angebranntes Früchtemus, Minze, Zigarrenkiste, vielleicht auch schon zu alt. Entwickelte sich mit Luft und gehörte zu den unterschätzten Weinen des Abends, konnte aber auch nicht in der Spitzengruppe mitspielen.
und einzeln:
VIII. Cantenac-Brown, 3ème GCC à Margaux, 1999 en magnum
Der befand sich in sehr guter Verfassung, war aufgeschlossen, mit harmonischen, eher in Richtung Erdbeer-Himbeer als Cassis-Brombeer gehenden Noten. Zartes Holz, minimal ätherisch-ölige Art, stabile Säure, selbst eine gewisse herb-ledrige Art war noch zu finden. Zurückhaltender, bescheidener Wein, der nicht auf die Pauke haut, sondern als Hintergrundwein eine beständig gute Figur macht. Für mich einer der Überrascher in dem starken Bordeauxfeld.
IX. Weinflight
1. Ducru Beaucaillou, 2ème GCC à St. Julien, 1995
Mürbe, zart nussig, oatmeal cakes, Pumpernickel, ganz leicht metallisch-blutig, aber auch saftige Frucht und kerngesundes Tannin. Elegant und mit sehr rosiger Zukunft.
2. Léoville-Barton, 2éme GCC à St. Julien, 1996
Kernig, trocken, toastig, etwas flintig, auch Rosenblüten, für mich der Riesling unter den Bordeaux, konzentriert, mineralisch, konzentriert aber nicht streng. Enger als der Ducru-Beaucaillou.
X. Weinflight
1. Remelluri, Rioja Reserva, 1995
Kühle Stilistik, entfernt an Waldmeister angelehnte, grünlich-kräuterige, keinesfalls unreife Art. Im Mund dann voll, saftig mit viel Kirsche. Nicht nur dafür, dass der mal 25 DM (!) gekostet hat ein echter Knaller!
2. Figeac, GCC B St. Émilion, 1995
Eng, hart, metallisch, etwas röstig, im Mund dünn, keine Spur von Figeac. Bestätigt meinen Eindruck von früher, als der Wein sich wie ein völlig ungebärdiger Kraftmeier aufführte, ohne Eleganz, ohne Frucht, ohne Spass. Sehr schade, ich hatte mich auf den Wein gefreut und erwartet, dass der sich ein bissche harmonischer zeigen würde.
XI. Fonraud, Listrac, 1959
Rosinig, von einer sehr warmen Art, Kräuterhonig, Garrigue, konzentriert, straff, gesund. Hätte ich NIE für einen völlig unbekannten 59er Listrac gehalten.
XII. Käse
1. Kracher Nouvelle Vague No. 10, Welschriesling, 1999
Aprikose, Ananas, Pfirsich, viel Süße, gleichzeitig ein gesundes Säuregegengewicht, strukturierter, sehr raffiniert gemachter Wein. Großartig mit dem Fourme d’Ambert, aber auch zum Langres.
XIII. Montrose, 2ème GCC à St. Estèphe, 2000
Jung, eng, seidig, schon etwas würzig, mit erdigen, auch an Schiefer erinnernden Noten im Vordergrund. Nach dem Kracher etwas schwierig, vor allem ist der Wein kein Drängler und Schreihals, sondern ausgesprochen distinguiert.