Einer der wenigen Nicht-Jahrhundertjahrgänge des Jahrzehnts. Genaues Hinsehen lohnt sich hier weniger wegen einer zu erwartenden hohen Geldrendite, sondern weil einigermaßen bezahlbare Schätzchen darunter sind.
1. Carbonnieux Blanc
Fruchtig, expressiv, etwas weich, guter Gegenwert fürs Geld, wenn man ihn für gute zwanzig EUR eingekauft hat.
2. de Fieuzal Blanc
Mineralisch, mittelgewichtig, entwickelt eine etwas pfeffrige Gemüsenote, geht dann aber noch schmelzig aus. Schicker Wein.
3. Larrivet Haut-Brion Blanc
Seidenglatt, wirkt aufgrund mangelnder Säure etwas behäbig, dafür wie poliert. Wohl eher nichts für die lange Lagerung.
4. Latour-Martillac Blanc
Grasig, mit grüner Paprika, ein freundlicher Wein, der meist für kleines Geld zu haben ist und mich bisher noch selten enttäuscht hat, auch wenn er reifemäßig kein Langläufer ist.
5. Malartic-Lagravière Blanc
Mineralisch, verschlossen, kühle Säure, aber kein abweisender Charakter. Gehört zu meinen Favoriten aus Pessac, war mir aber jetzt noch nicht ausentwickelt genug.
6. Pape Clement Blanc
Für über 100 EUR muss man schon intensiv nachdenken, ob man sich diesen Pape Clement unbedingt kaufen sollte. Der Holzfassausbau ist vorbildlich, die variantenreiche Frucht fällt demgegenüber nicht ab, über den Gaumen hinwegrollend entfaltet sich außerdem eine pikante Säure, insgesamt spricht viel für diesen bilderbuchmäßigen, aber vielleicht auch etwas zu geschniegelten Pape Clement.
7. Pape Clement Rouge
Weich, wirkt aufgrund seines ordentlichen, aber mäßig strammen Tannins schon jetzt sehr rund; wenig Frucht, viel Kraft, etwas ungleichgewichtig.
8. Smith Haut Lafitte Blanc
Schlanker, stahliger, rassiger, schnittiger als der weiße Pape Clement, und deutlich günstiger. Außerdem zusammen mit Malartic-Lagravière ein längerjähriger Favorit bei den weißen Bordeaux.
9. Smith Haut Lafitte Rouge
Weniger ungebändigtes und aus der Reihe tanzendes Tannin, als angesichts seiner Jugend gedacht. Mandelig, aprikosenkernig, mildnussig und weich.
10. Canon
Kühl, minzig, kernig, gut. Sehr schöner Wein, der selbst mit 60 EUR/Fl. noch nicht überbezahlt ist.
11. Canon La Gaffelière
Griffiger und gleichzeitig feinerkörniges Tannin, als beim Canon. Mehr Frucht, weniger Minze.
12. Figeac
Weich und rund, bietet dieser Wein wenig Angriffsfläche und kam mir eher fad vor, bis er gegen Ende ein paar sehr betörende Kräuternoten auswarf, als wolle er zeigen, dass er es ja könne, nur eben sich ein bisschen mehr Zeit ausbedinge. Kann er von mir aus gern haben. Wiedervorlage in 10 Jahren.
13. La Gaffelière
Glatt, seidig, kühl, nicht jedoch minzig. Sagte mir leider nicht sehr viel.
14. Trottevieille
Kräuterig, würzig, griffig, schon ganz gut entwickelt und ein Wein, der mit seiner ungerichteten Sexyness ziemlich anziehend auf mich wirkt.
15. Clinet
Mein Favorit unter den verkosteten 2008ern. Schwarze Kirschen, tiefgründiger Schmelz, schwarzer Pfeffer, saft- und kraftstrotzend, ein weiter Wurf aus Pomerol und einer der wenigen Bordeaux über 100 EUR/Fl., die man ohne Schmerzen kaufen kann.
16. Citran
Kräuterig, einige wilde Aromen, ohne die etwas wässrige Note wäre er deutlich besser. Wirkt überfordert.
17. Giscours
Mehr als ein ok bekommt dieser unmotivierte, indifferente Giscours nicht.
18. Prieuré-Lichine
Mit seinem leichten grip schon jetzt gut trinkbar, aber leider nicht viel mehr.
19. Rauzan-Ségla
Von den probierten Margaux der angenehmste, mit erheblichem Abstand zu Giscours und Prieuré-Lichine. Seidenglatt, mild, rund, rsoig, auch mit etwas roter Paprika und einer gegen Ende leicht parfumiert wirkenden Note, die man mögen kann; mich irritiert sie eher und wenn sie sich hoffentlich mit der Zeit verliert, kann das nur ein Gewinn für den Wein sein.
20. Beychevelle
Dafür dass er so relativ dünn ausgefallen ist, ist er noch so einigermaßen. Schade, ich mag Beychevelle nämlich sonst gern.
21. Gruaud-Larose
Als sichere Bank erweist sich Gruaud-Larose, der mit einem sehr ansprechenden Mix aus Rosen und Paprika seiner qualitativen Ambition Ausdruck zu verleihen weiß. Erfreulich: seit Jahren ist Gruaud-Larose deutlich unterhalb 40 EUR zu bekommen.
22. Langoa-Barton
Säuerlich, wässrig, nicht sehr ansprechend. Was ist denn mit dem los?
23. Léoville-Barton
Auch der Léoville-Barton hatte irgendwie einen Hau, war zwar kräftig, aber in keiner Hinsicht überragend. Extraschade.
24. Léoville-Poyferré
Versöhnlich dann der Léoville-Poyferré. Weich, saftig, fruchtig und warm, verspricht jetzt und auf lange Zeit ein treuer und unterhaltsamer Begleiter im Glas zu sein; ziehe ich dem etwa gleichpreisigen Rauzan-Ségla vor.
25. Clerc-Milon
Vollmundig, fruchtig, kraftvoll, fordernd und von sehr präsentem, dynamischem Tannin. Gefiel mir sehr gut.
26. d'Armailhac
Ansprechende Nase, die sich im Mund leider so nicht wiederfindet. Dort herrscht dunkle Fruchtigkeit und Kühle, sehr langsame etwas verschlafene Aromenentwicklung mit sehr griffigem Tannin. Kann man nicht meckern, sprach mich aber auch nicht besonders an, nachdem mir der Clerc-Milon so ausnehmend gut gefallen hatte.
27. Lynch-Bages
Dünn, mit seltsam klebrigem Tannin. Nicht mein Fall.
28. Pichon Longueville Comtesse de Lalande
Rassig, mit der von mir bei der Comtesse besonders geschätzten roten Paprika, allerdings eher fraulich, als damenhaft. Will sagen kein ultrafemininer, verfeinerter Wein; natürlich auch keine dralle Landmagd. Eben dazwischen.
29. Cos Labory
Süßlich, mit Marzipan und Spuren von Graphit, was für eine harte Ausstrahlung sorgt.
30. Phélan Ségur
Marzipan-Mandelnase, leider etwas kurz geraten und für mich zu wenig Frucht bei uncharmantem Tannin.