IV.1 Perrier-Jouet Belle Epoque 1971
Mit dem 71er habe ich schon gute Erfahrungen gemacht und es war mal wieder an der Zeit, zu sehen, wie sich dieser Champagner im Alter denn entwickelt. In Erinnerung hatte ich einen noch sehr lebendingen, aromafrischen und nur leicht anoxidierten Champagner, der einen leichten Rosécharakter hatte. Die Erinnerung trog nicht und der Champagner hielt, was die Erinnerung versprochen hatte. Die Belle Epoque 1971 gehört zu den großen, reifefähigen Champagnern, die der Gattung der Luxuschampagner eine über den reinen Protzigkeitsfaktor hinausgehenden Wert und die eigentliche Daseinsberechtigung verleihen. Anders als viele kleinere Champagner dieser Altersklasse hatte die 1971er Belle Epoque nicht nur Kuriositäts- und Seltenheitsunterhaltungsmehrwert, sondern auch geschmacklich einiges zu bieten. Natürlich war da eine prägnante Nussigkeit, sehr viel Toast, süße Kräuter und etwas gesüßter Milchkaffee. Deutlich wahrnehmbar waren überdies die sehr fidelen Beerenaromen und runzlig gewordener Apfel. Mit anderen Worten: der Champagner beginnt, sich ganz langsam aus dem Lager der noch mit Freude trinkbaren Oldies in Richtung der nur noch mit akademischem Interesse trinkbaren Champagner zu verabschieden. Ich werde meine letzte Flasche in den nächsten drei Jahren öffnen und dann hoffentlich auf eine lupenreine Genussbilanz mit diesem Champagner zurückblicken können.
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IV.2 Perrier-Jouet Belle Epoque 1976
Obwohl er jünger als der 1971er war, kam der 1976er etwas dunkler ins Glas. Korken und Mousseux unterschieden sich bei beiden nicht besonders. Trotz der Herkunft aus gleichem Haus und eines entfernt identifizierbaren Hausstils waren diese Champagner sehr verschieden. Der war 71er in Würde gereift, ohne Risse, Scharten und schrundige Kanten. Der 76er schien rückwärts zu altern. Die für einen weißen Champagner auch dieses Alters tiefdunkle, in rötliche Farbtöne spielende Färbung ließ ein kurzes Vergnügen, ein nur kurzes, mehr oder weniger verzweifeltes Aufbäumen (ein mir gut bekannter Weinakademiker sagt dazu immer "Opas letzter Ständer") vor dem abdriften ins Weinnirvana vermuten. Doch es kam anders. In der Nase anfangs verhalten, jedenfalls ohne Sherry- und Malznoten, allenfalls etwas obstig, vielleicht kräuterig. Im Mund die frische Überraschung: junge, saftige rotfruchtige Aromen, eine leicht aggressive Bissigkeit, zähe Griffigkeit am Gaumen und im Nachhall erst sahnige, an Butter, Toffee und Brotrinde erinnernde Aromen, dann, ganz zum Schluss und kaum merklich ein Müdigkeit ankündigendes medizinales, lakritziges Stechen. Verblüffend.
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