Aurelien Suenen ist eigentlich Basketballtrainer. Als sein Vater starb, musste er sich überlegen, ob er lieber weiter Basketballdamen oder wilde Hefen bändigen will. Er entschied sich für die Hefen. Seit 2012 gibt es nur noch Spontangärung, vieles geht nach dem Mondkalender. Bei der Weinbereitung gibt es mal Malo und mal nicht, das hängt ganz vom Jahr ab. Alles sechs Monate wird über die Dosage neu entschieden, die liegt dann irgendwo zwischen 0-10 g/l, im Grunde ist also alles möglich.

 

Um die Weine von Aurelien Suenen zu verstehen, sollte man sich einmal mit der Lage seiner Weinberge vertraut gemacht haben, das geht eigentlich ganz schnell, weil alles schön zwischen Oiry, Chouilly, Cramant und Avize verteilt ist, im Verkostungsraum hilft außerdem eine große Übersichtskarte bei der Orientierung. Ein Schluck von den Fassmusterreserven gibt dann weiteren Aufschluss, Fragen lässt die ungewohnt detailreiche Ausführung und Kommentierung von Aurelien Suenen eigentlich sowieso nicht offen.

 

Oiry, Basis 2014 mit 80%, 20% sind 2013, 100 Barrique. Mineralsalz, Leichtigkeit, etwas Banane, das sind bei Aurelien die Merkmale von Oiry. Cramant und Chouilly sind ausdrucksvoller, exotischer, sucré-salé, mich erinnern sie an karibische Bananen-Austernspiesschen mit braunem Kandis, bei raffiniert verbauter Säure, mein Empfinden: das ist viel reicher als Oiry, mit feinerer Balance, und trotz der räumlichen Nähe völlig anders.

 

Bei meinem Besuch im Sommer 2015 gab es morgens à la volée degorgierte Champagner, die ab Ende 2016 verkauft werden sollen.

 

Oiry, Basis 2013 verfügte über eine kräftige Säure, anschmiegsamen Druck, merkliches Barrique, etwas agrumes und grünen Apfel. Das Duo Cramant und Chouilly auf Basis 2013, hatte wie beim 2014er mehr Fruchtfleisch, Reichhaltigkeit und in dieser Fassung deutlich mehr nasse Kreide. Oiry, La Cocluette 2013, stammt von 90 Jahre alten Reben und kommt als erster Parcellaire teilweise aus dem Betonei, das bringt Mikrobatonnage, die für das Kokosraspelaroma verantwortlich sein mag, außerdem Milchcrème, Steinobst, Konzentration und eine kecke Äpfelsäure (da kein BSA durchlaufen wurde). Es folgte der 2013er Meunier von ungepfropften Reben (natürlich aus dem Norden der Champagne), hier giobt es leider eine gewisse Anfälligkeit  für die verfluchte Kirschessigfliege, dadurch musste der Verlust der halben Ernte verschmerzt werden; das was übrigblieb hat einen brotigen Charakter, zu dem ein sonntäglicher Fruchtaufstrich, etwas Bachbett und nasser Kies gut passen und Entspannung vermitteln. Damit nicht alles zu lax wird, kommt dann Tellycherrypfeffer ins Spiel, dadurch erhält der Meunier seine reichhaltige aufgerauhte Art, behält kräuterige, würzige Noten. Kein BSA, kommt 2019 auf den Markt.

 

Die Cuvée Reserve, 40% 2012, 60% aus 08, 09, 10, sehr wenig 11, besteht aus 45PN 55PM und ist seit Ende September erhältlich. Die Weine sind zu 50% spontan vergoren, ein Viertel hat Barrique gesehen. Die Cuvée selbst hat dann einen vollen BSA mitgemacht, dégorgiert wurde seit dem 20. März 2015, 6 g/l Dosage. Der Champagner ist weich, mir minimal zu hoch dosiert, leicht pflanzlich und als Pinotchampagner noch nicht ganz überzeugend. 

 

Der Blanc de Blancs ist mir da lieber. Basis hier ist wieder 2012, 20% waren im Barrique, BSA wurde gemacht, 50% sind auch hier spontanvergoren spontan; Dégorgierdatum ist identisch mit der Réserve, die Dosage liegt bei 3 g/l; 50% der Trauben stammen aus Oiry, 50% aus Cramant/Chouilly; die Cuvée schwebt daher zwischen den Welten. Der Oiry-Teil ist karg, säuerlich, mager und salzig und Cramant/Chouilly, fetter, fruchtiger, dicker. Der Mix ist auf der gediegenen, unangestrengten, aber spannungsvollen Seite.

 

MBDA ist eine Generationsvornamencuvée, 50PN stammen aus dem Massif St. Thierry, 50CH, sind auf Basis 2010, die Weine haben 15 Monate sur lie verbracht, mis en bouteille war 2012, 60% waren im Barrique, dégorgiert wieder am 20. März, bei 3 g/l Dosage. Es handelt sich um das letzte Dégorgement, dann ist Schluss. Diese Cuvée hat für Aurelien eine ganz eigene Bedeutung, da es die erste Cuvée ist, die ganz nach seinen eigenen Vorstellungen entstanden ist, das entspricht ein wenig Tristan Hyests Colostrumidee und sprach mich bei meiner ersten Begegnung gleich an. Kräftiger Pinot, Gojibeere, Herzkirsche, dann geht es in Richtung getrockneter Weinbeere und Physalis, bis hin zum goldenen Abschluss mit Golden Delicious.

 

Bei Suenen ist viel los und vieles in der Mache. Alles was absehbar ist und in den nächsten Jahren auf den Markt gelnagen wird, hat schon jetzt das Zeug, die Keller der Kenner zu erobern. Champagnerspürnasen sollten sich hier rechtzeitig Kontingente sichern.