Die ProWein beherbergt jährlich nicht nur Weingutsbetriebe und deren Vermarkter, sondern auch ein veritable Anzahl Spirituosenhersteller. Die anwesenden Cognacproduzenten besuche ich dort nach Kräften, weil die Autofahrt nach Cognac eben am Ende doch beschwerlicher ist, als die in die Champagne und die Fliegerei nach Cognac zwar aller Mühen wert ist, aber wegen der schlechten Zulademöglichkeiten nur zweite Wahl. 

I. Camus

Camus gehört zu den große Marken mit ungeöwhnlich viel eigener Rebfläche. Das ist in Cognac wie in der Champagne selten. Den meisten eigenen Rebbesitz hat Camus in den Borderies, es kommt dehsab nicht von ungefähr, dass es hier bei den XO Cognacs einen reinen Borderies gibt. Eine eigenständige Linie bilden die Inselcognacs unter der Bezeichnung Île de Ré. Den Inselwhiskys nicht ganz unänhnlich, haben sie einen mineralisch-jodigen bis salzig-herbbitteren Charme. Die Frage, ob mit oder ohne Hefen destilliert wird, beantwortet Camus undogmatisch. Der einfache VS wird ohne, der komplexere VSOP mitsamt der Hefen destilliert, ganz so, wie es das gewünschte Geschmacksbild und die angestrebte Komplexität erfordert. Der Stil des Hauses ist rund, weich, elegant und leicht, am besten wird er meiner Meinung nach vom XO Borderies verkörpert, am speziellsten von den Inselcognacs.

1. Île de Ré Fine Islands

Feiner, weicher, nicht zu trocken-gerbend wirkender, dabei leicht jodiger Cognac. Hintenraus lang und schlank, trinkt sich gut pur, passt aber auch auf die Auster getröpfelt.

2. Camus XO

Frische nussige Töne stehen im Vordergrund, Nicht ganz reife Walnuss und ihr Gerbstoff, Kastanienlikör, auch Mahagoniduft, vermischt mit Vanille. Am Ende ist der XO bei aller Weichheit doch etwas hitzig.

3. Camus XO Borderies

Von den ältesten Rebbergen des Hauses, lang in der Eiche gereift. Runder, leichter, mit milder Salznote, wie man sie in Heilwässern findet. Etwas gedämpfte Aromatik, die Orangenschale, Curry, Zitronengras und zum Schluss Schokobrownie freigibt.

4. Camus XO Extra

Der luftbedürftigste Cognac ist auch der reichhaltigste unter den verkosteten Cognacs. Anfangs Kochbanane, dann Orange und Limette, später Kräuter und Crème brûlée. Trotz der teilweise fetten Aromatik ein Cognac, der nicht belastet, sondern beschwingt und leicht wirkt.

 

II. Leopold Raffin

Seit 1989 gibt es das Haus Leopold Raffin, das nordwestlich von Cognac über etwas mehr als 30 ha Rebbesitz im Fins Bois Gebiet verfügt. Neu ist der Leo, ein VS Cognac aus Fins Bois und Borderies, der im Sprühflacon angeboten wird. Damit kann man sich so wie früher mit Odol, das den Eltern einen allzuheftigen Bierduft verschleiern sollte, angenehm den Rachen erfrischen oder andere Alkoholkontrolleure als die eigenen Eltern in die Irre führen. Sinnvoller ist dieser Cognacflacon aber in der Küche einzusetzen, beim besprühen von Fleisch, Baisers, Sahnehäbchen, Obst, usw.

1. Marquee Sparkling Eau de Vie de Vin

Marquee Sparkling entsteht aus Eau de Vie de Cognac, also aus einem Traubendestillat, aus dem sonst ganz normaler Cognac werden würde. Statt ihn aber im Fass zu bräunen, bleibt er im Kupferkessel unschuldig und transparent, wird mit Wasser auf Trinkstärke herabgesetzt und mit Kohlensäure versetzt. Das Resultat ist so erstaunlich und gewöhnungsbedürftig wie Sparkling Sake und schmeckt sogar etwas ähnlich. In Nase und Mund hatte ich eine starke Birnennote und einen mostig-fruchtigen, etwas hefigen Nachhall, der mit mild-einlullender Süße einherging.

2. VS

B/FB

Der zwei Jahre gereifte VS ist recht holzig, mit seiner nicht besonders komplizierten Fruchtmischung, die zwischen Nashibirne, Litschi und gelben Pflaumen rangiert, eignet er sich gut für die Mixology.

3. VSOP

GC/PC/FB

Schon ein anderes Kaliber ist der ambitionierte VSOP. Zehn Jahre gereift, mit der Kraft und Struktur, dem floralen Element und der raffinierten Würze kalkiger Champagne-Lagen und dem freundlich-fruchtigen Anteil aus den Fins Bois. Zwetschge, Sauerkirsche, Edelholz, Tulpe und Iris.

4. XO

Mehrere Jahrzehnte mussten sich die hier verwendeten Eaux de Vie gedulden, bevor sie im XO zusammengeführt wurden. Viele sind es übrigens nicht, ca. zwanzig verschiedene Brände bilden die Basis für diesen noch nicht stark ranciobehafteten, eher jugendlich wirkenden XO. Gebrannte Mandeln, Bratapfel, Zimt, Safran.

5. XO Extra

Ganz folgerichtig kulminiert alles im Extra, der deutlich dunkler, tiefer und mitreißender ist als der XO. Dick und ölig, mit Röstnoten, Kaffee, Walnuss, Krokant, Trüffel, Ingwerstäbchen, Orangenschale.

 

III. Francois Voyer

Bei Cognac Voyer liegt die Kontrolle über den gesamten Produktionsprozess allein in der Hand des Hauses. Keine Zukäufe, sondern der Ertrag eigener knapp 30 ha Rebflächen, ausschließlich in der Grande Champagne belegen, sind das Ausgangsprodukt. Die Hefen werden mitdestilliert. In der französischen Spitzengastromie sieht man Cognac Voyer oft, in Deutschland gehört er zu den unbekannteren Cognacs.

1. VS

Dunkle Färbung, Mandelmilchnase, geröstetes Zitronengras und etwas Vetyver machen klar, dass es sich bei diesem zweieinhalb Jahre im Fass gereiften Cognac nicht um einen einfachen Einsteigerstoff handelt. Wie in Embryonalstellung sind hier schon alles Anlagen der lange gereiften Großcognacs des Hauses erkennbar.

2. VSOP

Zwischen im Schnitt zehn Jahre alt sind die Eaux de Vies in diesem VSOP. Der Cognac ist elegant, weich und lang, bringt mit seiner Grande Champagne Herkunft einen ganzen Schwung blumiger Noten in die Nase und lässt sich mit einigen gelbfruchtigen Aromen aus dem Bereich Quitten, Marillen, bis hin zur Mango nicht lumpen.

3. Napoleon

Der Napoleon besteht aus Bränden, deren jüngster ganze fünfzehn Jahre im Eichenholz zubrachte. Rund und holzig, mit ausgeprägterem Röst- und Schokoladenton, etwas Rauch, viel Dörrobst und gut entwickeltem Rancio.

4. XO GC

Ganz anders als der Napoleon ist der erste XO von Voyer. Die Komposition mit den gegenüber dem Napoleon noch älteren Bränden hat die Erkennbarkeit einzelner Aromen fast völlig aufgehoben, der Cognac ist trotz zunehmender Komplexität raffinierter und rassiger, wirkt beweglicher und eleganter als der Napoleon.

5. XO GC Gold

Der jüngste Brand hat hier 25 Jahre hinter sich gebracht. Noch wuchtiger, noch dichter als der normale XO ist der XO Gold, die Komponenten schwimmen schillernd ineinander und sind so dicht miteinander verwoben, dass der Cognac sehr viel Luft braucht, um sich angemessen entfalten zu können. Die Gewürze der Malabarküste finden sich hier vereinigt, gebackene Banane, alter Honig, Nougat de Montélimar, eine leichte Pilznote, orientalische Süßspeisen, Orangenschale.

6. XO GC Extra

Vollends in den orientalischen Bann zieht der XO Extra, der mit seiner Nase einem kleinen Opiumrausch nicht nachsteht. Safran, Curry, Orangenschale und ein hitziges, Durst verursachendes Nachklingen.