Über den Sekt von Buhl ist viel disputiert worden, weshalb ich meinen Senf nicht noch dazugeben muss. Ich tu's aber trotzdem. Denn probiert habe ich ihn schließlich und er ist es wert, vor allem klarstellend kommentiert zu werden. Dieser Klarstellung sollte unter anderem eine kleine Probe dienen, zu der Richard Grosche die bisherigen vier Dégorgements ("T1 – T4") mit in die Hattenheimer Winebank gebracht hat. Drumherum gab es zwangsläufig noch einige weitere Sekte und probiert wurde aus den unterschiedlichsten Gläsern – schließlich sind Schaumweingläser das neueste Lieblingsprojekt der Glashersteller. Zwar gab es Ende 2014 bereits die ersten Warnungen besonders zukunftsgewandter Blogger, wonach kein Mensch mehr etwas über den jüngsten Gläsertest lesen wollte. Aber wen schert dieses Kassandratum schon.
Der Preis vom Buhl. Mit unter 15,00 € für die einen viel zu günstig, für die anderen schon ganz schön teuer – zu teuer für den Glasausschank in der Gastronomie etwa, oder zu teuer für einen Basis-Sekt; wie das eben immer so ist. Ich finde: preislich ist er genau richtig platziert. Richtig ist dabei auch, dass er mit irgendwas zwischen 12 und 15 Monaten Hefelager deutlich oberhalb der gesetzlichen Mindestanforderungen liegt und trotzdem im Bereich der leichten, klaren, frischen Schaumweine ohne allzu heftige Autolyse oder sonstige Flaschenreifearomen bleibt. Stilistisch also ein junger Sekt und in dieser Gruppe am oberen Ende des preislich Machbaren.
Im Gegenzug gibt es liebevolle Details an der Flasche, die deren Trinkbarkeit zwar um keinen Deut befördern, aber Merkmal einer selbstbewussten Trinkkultur sind. Die Folierung am Flaschenhals ist zum Beispiel akkurat, da labbert nichts oder pappt nur so halb angeklebt an der Flasche so dass man Angst haben muss, die Flasche könnte einem bei leichtfertigem Danachgreifen aus den Fingern gleiten. Bei genauerem Hinschauen auf die Folie erkennt man ein Traubenmuster unter dem Graphikgespiele, fast hat man den Eindruck, hier sollte die Fälschungssicherheit eines Qualitätszahlungsmittels erreicht werden. Ähnlich bei der Relieflackierung des Buhl-Wappens. Streicht man über das Wappen, kann man dessen leichte Erhabenheit fühlen.
Ins Glas damit. Wenig kommuniziert wurde bisher, dass der Buhl-Sekt keinen biologischen Säureabbau durchlaufen hat. Das trauen sich schon in der Champagne nicht sehr viele (neben Lanson und Gosset überwiegend die Winzer, deren Champagner allerorten Furore machen) und die, die keinen BSA machen, stellen das bei jeder sich bietenden Gelegenheit heraus. Im Vordergrund steht dabei immer, wie frisch, apérogeeignet und elegant zugleich der Champagner sei. Ein wichtiger Hinweis auf die Stoßrichtung des Sekts kommt also aus der Technik. Ein weiterer interessanter Hinweis: kein BSA bedeutet meist mehr Schwefel. Aber da hat Buhl gespart: nur ca. 20 mg/l sind es in toto, so Grosche. Punktlandung, würde ich sagen.
Bevor nun ernsthaft getrunken wird, noch ein Wort zu den verschiedenen Dégorgierdaten. Zur Zeit gibt es vier Dégorgements, die jeweils im Abstand von ca. vier Wochen erfolgt sind. Beim ersten Dégorgement, das also gerade einmal ein Vierteljahr zurückliegt, ist die Vermählung von Dosage und Schaumwein jetzt gerade erst und allerfrühestens abgeschlossen. Der Sekt hat seine vorläufige Gestalt gefunden und entwickelt sich, bzw. altert ab jetzt. Das zweite Dégorgement befindet sich noch in der Vermählungsphase und profitiert von dem gerpngfügig längeren Hefelager. Das dritte Dégorgement hat ein noch längeres Hefelager, ist aber noch nicht besonders lange davon getrennt und von Vermählung kann daher noch kaum die Rede sein. Beim vierten Dégorgement war das hefelager am längsten und vermittelt dem Sekt damit die höchste Komplexität, aber durch den so jurz zurückliegenden Trennungszeitpunkt ist die Vitamin-C-Frische des Sekts, die harte Äpfelsäure und der aggressive Charakter eines gerade erst dégorgierten Schaumweins am deutlichsten spürbar.
RvB T1, hatte meiner Meinung nach eine flüchtige Säure in der Nase, die mich etwas gestört hat, war im Mund aber knackig, außerdem schon mild und gefasst für den Markt, was vor allem im Veritas-Glas von Riedel gut herauskam. In Zwiesels Wine Classics Prestige wirkte der Sekt erwartungsgemäß technisch (das Glas sieht nicht nur aus wei ein abgeschnittener Erlenmeyerkolben, sondern verhält sich auch wie ein Laboruntersuchungs- und Analyseapparat) und filigran, in Lehmanns Jamesse-Glas (dem kleinsten) hingegen füllig, apfelig, champagnerig. Das ist im Übrigen der Eindruck, der wohl bei den meisten, die sich für den Buhl-Sekt erwärmen oder begeistern konnten, überwog.
RvB T2, hatte mehr vom Apfel, war aber immer noch weich und zwar weich aufgrund seines länger zurückliegenden Dégorgierzeitpunkts und nicht weich aufgrund seiner höheren Autolytik, behaupte ich. Im Veritas-Glas wirkte er auf mich am ausgewogensten, im Zwieselglasmerkte man den Dégorgierzeitpunkt: hier schmeckte der Sekt am süssesten, im gemütlichen Lehmannglas war er am breitesten und vollsten.
RvB3, war weicher und auch schon feinsprudeliger, sahniger als seine Vorgänger. Hier zeigte sich erstmals der Effekt längeren Hefekontakts und dieser T3 war auch mein klarer Favorit; am süssesten wirkte er jetzt im Riedel, wieder verschlankt und weiterhin süss in Zwiesel, ein leichte, gesunde Herbe legte sich mit dem Lehmannglas unter die Zunge, was ich als gutes zeichen für die Zukunft werte, da es vermuten lässt, der Sekt werde nicht abdriften, vermatschen, pampig, breiig oder sonst unappetitlich werden.
RvB T4, war dem Grunde nach am weichsten, aber eben noch unruhig nach dem Dégorgement; Komplexität und Frischekick gab es aus dem Riedel, überraschend rund und ausgewogen schien der Sekt in Zwiesel, wobei die Säure mit etwas Zeitversatz piratengleich den Rand der Zunge hochgeentert kam, gegenüber T3 gab es eine zunehmende Herbe im Lehmannglas, die den Sekt ernster, nicht schlechter werden ließ.
Wie lautet also das Zwischenfazit? So: Buhl hat eine neue Sektklasse definiert. Preislich, technisch, in der Ausstattung und im Geschmack. Die Rebsorte, stets das Aushängeschild und der ganze Stolz deutscher Schaumweinerzeugung im Gegensatz zum bloßen Verschnittwein, steht geschmacklich und auf dem Etikett im Hintergrund. Der Sekt lebt von Bausteinen, die der Riesling (der saure Buhl'sche zumal!) bereitwillig in die Hand des Kellermeisters gibt. Der verleiht ihnen mit der zweiten Gärung eine Aura, die nicht wie vom Champagner ausgeliehen oder nachgemacht wirkt, sondern ganz eigenständigen Charakter hat. Dass sich der Vergleich zum Champagner aufdrängt, ist dabei so klar wie falsch.