Die Welt des Cognacs

Jörg Zipprick

Umschau Buchverlag, 1. Aufl., November 2009

178 Seiten

19,90 €

ISBN-13: 978-3865286512

 

Cognac und Champagner sind nur auf den ersten Blick zwei völlig unterschiedliche Getränke. Aber schon eine oberflächliche Betrachtung lässt interessante Gemeinsamkeiten zutage treten; ihren Zauber beziehen beide Getränke aus dem kunstvollen Verschnitt eines solo mehr oder meistenteils eher weniger genießbaren Grundmaterials. Hier manifestiert sich der über Jahre und Jahrzehnte gleich bleibende Hausstil. Jahrgänge sind deshalb immer gleich Raritäten und was beim Champagner die zweite Gärung, ist beim Cognac die zweite Destillation. Als Luxusgetränke in überkanditelten Flakons gehören beide zur Ausstattung von Musikvideos, Sterneschuppen, Weltklassebars und Nobelbordellen, in den letzten Jahren waren Cognac und Champagner die französischen Exportzugpferde schlechthin. Und schließlich überrascht es nicht, dass die besten Lagen der Charente Grande und Petite Champagne heißen.

 

Jörg Zipprick hat sich mit den Facetten des Cognacs auseinandergesetzt, der Umschau Verlag gab ihm die Druckinfrastruktur. Mit viel Farbe, vielen Typen, Schriftgrößen und Bildern. Die bunte Ausstattung ist nicht jedermanns Sache, wirkt aber im Ergebnis ganz wertig und liefert für 19,90 € einen respektablen Mehrwert zum Text. Der ist zwar nicht enzyklopädisch, sondern beschränkt sich auf eine angenehme Lesbarkeit – dafür hat der Verlag sich dann das Lektorat gespart. Schon auf Seite 10 wird aus dem Haus A. E. Dor die Firma E. A. Dor. Ein hässlicher und völlig unnötiger Patzer, über den sich heute aber sowieso kaum ein Leser so ärgern wird, wie ich.

 

Eine am Zeitstrahl übersichtlich gestaltete Geschichte des Cognacs und eine kurze Rebsortenkunde führen in das Thema ein und nach einem Abstecher über den Pineau de Charentes geht es zu den Cognacqualitäten. Hinweise zum Einkaufsverhalten finden sich ebenso wie ein kleiner Abschnitt über den mit 179400 € derzeit teuersten Cognac, bei dem man sich höchstens noch fragt, warum er nicht glatte 200000 € oder, für das Gedächtnis handlicher, eine Viertelmillion kostet. Gut gelungen ist einer der wichtigsten Teile des Buchs, die Verkostung und Aromenkunde. Unkompliziert und mit spürbarer Freude am Produkt erläutert Zipprick, wie die Cognacdegustation funktioniert und stellt auch gleich das besonders für Anfänger hilfreiche Aromenrad zur Verfügung. Kurz darauf erfährt der Leser, wie der Rap den Cognac aus der Krise gezogen hat (einen ähnlichen hype gab es beim Champagner um den Cristal von Roederer, die Nachwehen erleben wir in Form von Armand de Brignac und Mariah Careys jüngstem Anfall von Nervenschwäche, der Angel-Cuvée) und wie eigentlich der Chinese, respektive Russe in puncto Cognac so tickt.

 

Ein anderer wichtiger Teil des Buchs ist die Vorstellung von fünfzig Erzeugern, von großen, konzernzugehörigen Namen der Branche bis hin zum Kleinbrenner mit ausschließlich in Fachkreisen wohlklingendem Namen. Die Beschreibungen sind knapp; erfreulicherweise gibt Zipprick zu jedem Erzeuger Kontaktdaten an, so dass ein recherchefreudiges und internetaffines Publikum sich auf der website des jeweiligen Hauses die technischen Informationen und allgemeine Angaben zum Portfolio abrufen kann. Daran wird übrigens auch erkennbar, dass Zipprick seine Leserschaft gerade nicht in Londoner Clubs und preußischen Offizierskasino vermutet.

Freude bereitet es, die andeutungsweise vorhandenen Kostnotizen zu den steinalten Bränden zu lesen, die mancher Hersteller im Portfolio hat. Dann geht es auch schon zum gastro-mixologischen Teil des Buchs. Die wichtigsten Konkurrenten unter den Spirituosen werden kurz vorgestellt und es gibt eine Reihe hübscher Cocktailrezepte. Daran schließt sich der Einsatzbereich Küche an, auch hier wieder mit Rezepten garniert. Wer nach der Lektüre Lust auf Cognacgenuss hat, dem stellt der Autor noch einige der geeignetsten locations am Platze vor, bevor er sich ins Register und den Bildnachweis verabschiedet.

 

Zipprick liefert eine gut ausgestattete, zeitgemäße Produktion ab. Mir erscheint der Band optisch überfrachtet, der Platz wäre statt mit Bildern und satztechnischen Spielereien besser genutzt, wenn Zipprick uns an seinem Cognacwissen vertieft hätte teilhaben lassen. Wohltuend ist der Verzicht auf den üblichen Verkostungsschnickschnack mit Adjektivhuberei und Metaphernkonfekt. Insgesamt ist es in Zeiten der Printkrise eine gute Entscheidung des Verlags gewesen, diese länger schon unbesetzte Nische mit Zippricks Buch zumindest ansatzweise zu schließen und Leser auf das Produkt Cognac neugierig zu machen.