Weiter geht es mit einer Auswahl hübscher Winzerchampagner, die fertig zum Sprung in die Oberliga sind.
C. Zuerst fünf nicht mehr ganz unbekannte Winzer, bei denen sich der Griff ans Gesäß (oder wo das Portemonnaie eben verstaut ist) lohnt. Paar five dives langen natürlich auch.
I. Ariston Père et Fils, Aspasie, Carte Blanche
40CH 30PN 30PM, Fassausbau, dreijähriges Hefelager.
Der Champagner ist zugänglich, weich und fruchtbetont, vom Typ her schlank, erdbeer-himbeer-zitrusfruchtig und trotz einer für mich etwas hohen Süße überhaupt nicht schwer. An den Stil großer Häuser angelehnt, wirkt er dennoch nicht verkitscht, billig oder parfumiert, sondern eigenständig und apart. Kaum zu glauben, dass es im äußersten, schon an Paris grenzenden Westen der Champagne solche Erzeuger gibt.
II. Nicolas Maillart, Premier Cru, "Platine", dég. Februar 2011
80PN 20CH, 40% Reservewein, mit ca. 7 g/l dosiert.
Vor zwei Jahren habe ich bei Stéphane Gass in der Traube Tonbach die Champagner von Nicolas Maillart kennengelernt. Seither haben sich Bekanntheit und Preise nur kleinschrittig erhöht.
Der Platine ist ein fülliger Champagner mit viel Brot und Apfel, dazu bietet er ein stählernes, mineralisch verfülltes Gerüst und eine hochfrequent sirrende Säure. Ein guter Einstieg in das Portfolio von Nicolas Maillart, dessen Franc de Pieds von manchen in der Vieilles Vignes Francaises Liga gesehen wird, freilich für ein Zehntel vom Preis des Bollingermonuments. Dort sehe ich ihn allenfalls, weil die Pinot-Reben bei beiden "en foule" stehen, sonst ist der Franc de Pieds von völlig anderer Art. Dieser Einsteiger ist natürlich von beiden weit entfernt, trotzdem: ein länglicher, bei aller Klotzigkeit in den Details doch feiner Champagner mit sanftem grip.
III. André Jacquart, Blanc de Blancs Premier Cru, "Experience", dég. November 2010
Reichlicher Fassausbau, kein BSA.
Geißblatt, Campher, Holzfassaroma. Benötigt extrem viel Luft, um seine vegetabilen Noten und die kneifende Säure abzulegen. Kandidat für lange Flaschenreife, konnte mich im jetzigen Zustand nicht begeistern, wird aber Sammler mit etwas Geduld in sagen wir mal drei Jahren belohnen.
IV. Domaine Dehours, Blanc de Blancs Extra Brut, lieu dit "Brisefer", 2004
Biowinzer Jerome Dehours ist zusammen mit Nicolas Maillart und u.a. dem großen Laurent Champs von Vilmart, Nicolas Jaeger von Alfred Gratien, sowie Pierre Gerbais und Doyard im Club der artisans du champagne, einer Vereinigung von sehr engagierten Winzern, deren Salons sehr besuchenswert sind.
Dieser rare Parzellenwein von Dehours aus dem Marnetal, von der linken Seite bei Mareuil-le-Port, ist ein Hammerwein. leider gab es davon nur insgesamt knapp 2000 Flaschen. In der Nase Himbeergeist, Mentholduft, Leinentücher. Lang, und außergewöhnlich elegant im Mund. Als simpler Essensbegleiter viel zu schade, obwohl man ihn in den Sterneschuppen der Champagne meist sogar zu erträglichen Preisen finden kann.
V. Penet-Chardonnet, Mill. 2005
70CH 30PN
Orangenblüten und Akazienduft, apfelig und mit fröhlicher Säure unterlegt, eine unbeschwert tänzelnde Komposition. Leicht exotischer Zitrusfrüchteduft, mit Blüten dekoriert. Aufreizend und sexy, regelrecht auffordernd aber nicht ordinär. Von Penet-Chrdonnet bevorzuge ich die Grande Reserve, mittelfristig wird jedoch der Jahrgang wahrscheinlich die Kräfteverhältnisse umdrehen und die Grande Reserve überholen.
D. José Michel
Zu den Winzern, denen ein guter Ruf vorauseilt, gehört José Michel. Dessen Preise eilen seinem Ruf noch meilenweit hinterher. Sehr selbstbewusst präsentiert sich José Michel mit seinen drei Söhnen aus dem allgemein für eher unbedeutend gehaltenen Örtchen Moussy, etwas abseits zwischen Pierry und dem waldumsäumten St. Martin d'Ablois. Der Ort hat eine bemerkenswerte Südexposition und selbst im Winter eine schützende Hügellandschaft zu bieten, die bei José Michel für den Anbau allgemein für exorbitant gut gehaltener Pinot Meuniers genutzt werden. Nachgerade berühmt ist José Michel für seine alten reinsortigen Meuniers.
I. Brut Tradition
70PM 30CH, im Stahltank erstvergoren, mit 9 g/l dosiert.
Schokoladig, haselnussig, mildsauer, mit reifem Mandarinenaroma, das vom hohen Meunieranteil kommen dürfte und sich langsam changierend in Richtung Schlund verliert.
II. Extra Brut 2003
60PM 40CH, im Stahltank erstvergoren, mit 2 g/l dosiert.
Kakteenhafter Duft und auch am Mund eine leicht stachelige, pieksende Säure. Exotisch und obstig, mit Granatapfel und Quitte, dabei recht spritzig, so dass man die Schwächen des sehr reifen und nicht ganz einfachen Jahrgangs kaum merkt.
III. Pinot Meunier Millésime 2005
Überwiegend im Stahltank, teilweise im Holzfass vinifiziert, mit 9 g/l dosiert.
Rund und fruchtig, leicht und balanciert, anfangs bonbonig, dann auch toastig, insgesamt limonadig mit einem ins gurkige neigenden touch, der an Pimm's No. 1 erinnert. So viel Spaß macht reinsortiger Pinot Meunier. Sicher in paar Jahren nochmal deutlich interessanter.
IV. Blanc de Blancs Millésime 2005
Bei der Vinifikation im Stahltank bereits dreimonatiges Hefelager, mit 9 g/l dosiert.
Kirsch-Banane, Ananas. Noch sehr primärfruchtig, daher schwer zu beurteilen. Nach meiner Erfahrung sind das gute Zeichen, die einer langen Reifung nicht im Wege stehen, meistens durchlaufen solche Champagner aber eine besonders lange Verschlussphase nach dem Verschwinden der Primärfrucht. Daher obacht, falls er in den nächsten Monaten seltsam verschlossen schmecken sollte, das sollte sich mit Flaschenreife innerhalb von ca. drei Jahren ändern.
V. Grand Vintage 2002
50CH 50PM, überwiegend im Stahltank, teilweise im Holzfass vinifiziert, mit 9 g/l dosiert.
Nicht gerade herzlich, eher stahlig, abweisend und kühl, leicht gerbend, zum Schluss etwas herb.
VI. Special Club 2005
50CH 50PM von bis zu 70 Jahre alten Reben, überwiegend im Stahltank, teilweise im Holzfass vinifiziert, mit 9 g/l dosiert.
Im Vordergrund erotische Prickligkeit, dahinter sehr ernstzunehmende Struktur und Tiefe. Angenehmes Mittelgewicht, elastisch und flott, aber nicht hirnlos; ein Champagner wie Kickboxweltmeisterin Dr. med Christine Theiss.
VII. Rosé
50PN 50PM, Mazerationsrosé, erstvergoren im Stahltank, mit 9 g/l dosiert.
Feinfruchtig, etwas floral bis leicht gemüsig, gerbend, mittellang.