Jean-Philippe Bergier, Maître de Chai und Vorstandsmitglied bei Bache-Garbielsen/Dupuy, nahm sich einige Zeit für die gemeinsame Verkostung, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Denn das norwegischstämmige, bis heute familiengeführte Haus Bache-Gabrielsen gehört zu den Erzeugern, mit denen ich einige meiner besten Cognacerinnerungen verbinde.
I. Bache-Gabrielsen, X.O. Fine Champagne
70GC 30PC, Brände zwischen 10 und 30 Jahre alt.
Die Fine Champagne Cognacs bestehen zu mindestens 50% aus Grande Champagne Bränden, der Rest stammt aus der Petite Champagne. Damit sind die besten Terroirs der Region vereint und die besten Vertreter dieser Machart sind langlebig, nicht zu schwer und darüber hinaus oft echte Preisknaller. Das überbordend fruchtige Element aus den Bois findet man hier nicht so sehr, doch sind die Cognacs deshalb nicht weniger zugänglich. Weiße Blüten, weißer Pfeffer, Nashibirne, ein Korb voller Äpfel, Sandelholz, Rancio spielt hier sonst keine bedeutende Rolle. Leicht, superelegant, mit einem regelrecht minzfrischen Nachgeschmack wie vom Zähneputzen.
II. Dupuy, Vintage 1971 Borderies
gefüllt am 8. November 2010
Harmonie ist bei diesem Cognac das Stichwort, was man schon an der Herkunft der Brände ablesen kann. Die Borderies sind nicht nur bekannt dafür, das Bindeglied zwischen den Champagne-Crus und den Bois zu spielen, sondern sie haben ein völlig eigenständiges Aromen- und Alterungsprofil. Ihr Nutzen ist also viel größer, als der für sich genommen schon erhebliche Wert ihrer Scharnierfunktion, auf die sie dann aber leider doch zu oft reduziert werden. Gut gemachte Borderies sind darüber hinaus zusammen mit Fine Champagne Cognacs preislich attraktive Alternativen zu den reinsortigen großen Crus. Mit ca. 200,00 € ist dieser Jahrgangscognac zwar keinesfalls mehr billig, aber eine ähnlich gekonnte Komposition mit vergleichbarem Genusswert ist auch in dieser Preisklasse nur schwer zu finden. Bratapfel, schwarzer Pfeffer, Früchtebrot, pikante Würze, harmonisch eingepasste Holznase.
III. Bache-Gabrielsen, "S" Solène, Single Estate
GC-Brände aus der Zeit von 1964 bis 1969
Erst eine zitrusfruchtige, etwas seifige Nase, dann eine Note von karamellisiertem Bratapfel, die eine entfernte Verwandtschaft mit altem Calvados aufweist. Crème brûlée mit angebratenem Pflaumenmus. Im Mund leicht gerbend.
IV. Bache-Gabrielsen, Hors d'Age
GC, Ugni Blanc und Folle Blanche. Brände überwiegend aus der Zeit von 1931 bis 1945, ein kleiner Anteil ist älter, ein kleiner Anteil ist jünger. Der älteste Brand stammt aus dem Jahr 1917, die jüngsten Anteile aus den 1960ern.
Mild, lang, schwebend. Den Alkohol darf man hier nicht unterschätzen, dieser Cognac sollte aus Tulpen getrunken werden, sonst wirkt er allzuleicht spritig und hitzig und der geheimnisvoll-freundliche, sphinxhafte Stil geht verloren.
V. Bache-Gabrielsen, Pure & Rustic Folle Blanche Mainxe Single Estate, weißes Etikett = limited edition (mit nur 792 Flaschen)
GC, 100% Folle Blanche, ca. 20 Jahre alte Brände.
Ob das der echte alte Cognacstil ist, wie die Pure & Rustic Linie sie verkörpern soll, oder ob es sich um eine moderne Interpretation eines untergegangenen Stils handelt, ist mir ehrlich gesagt egal. Fest steht für mich, dass dieser Cognac ein hochsommerliches Flair hat. Sehr leicht, sehr elegant, sehr fein. Weizenähren, Müsli, Sonnenblumen, Blumenwiese, Honig.
VI. Dupuy, Très Vieux Pineau de Charente
20 Jahre im Fass gereift.
Butter, Champignon, Honigtoast. Animierende Säure, das reinste Konzentrat. Könnte ebensogut alter Eiswein sein, herrlich!
Fest steht: Herve Bache-Gabrielsens freundliche Einladung nach Cognac für diesen Winter werde ich sehr gern wahrnehmen.