I. Fabrice Roualet, Premier Cru Extra Quality, Champillon
Nicht weit von Epernay, im malerischen Nest Champillon, ist Champagne Roualet zu Hause. Den Premier Cru Champillon kennt man eigentlich nur vom Blick aus dem oben am Hang gelegenen Relais & Châteaux Hotel-Restaurant Royal Champagne. Dieser mir bis dahin völlig unbekannte Champagner stellte sich mit seinen reifen, saftigen und vollmundigen Aromen als die richtige Wahl zum Gazpacho heraus. Allein genossen zeigte er sich etwas oxidativ und behäbig und es mangelte ihm an Säure.
II. Ariston Père et Fils, "Aspasie", Blanc de Blancs
Einzellagenchardonnay.
Der Champagner ist schlank und zitrusfruchtig, sauber, aber nicht sehr lang, keineswegs schwer. Mit Rose de Reims Biscuits und Erdbeereis hatte er erhebliche Schwierigkeiten und machte sich allein viel besser. Brouillet selbst ist ein Örtchen noch hinter Serzy-et-prin, also da, wo normalerweise nur noch Aliens landen oder Psychodramen gedreht werden.
III. Philippe Martin, Cuvée Special
70PN, 20-25CH, 5-10PM.
Der kleine Erzeuger ist im Premier Cru Cumières zu Hause und verfügt dort, sowie in den angrenzen Terroirs von Hautvillers und des Marnetals über 10 ha Rebfläche. Der Champagner kann sich nicht mit dem Authentis Cumières von Duval-Leroy messen, zeigt aber auch schon die kräftigen, erdigen Anlagen der Pinot Noirs aus diesem seit Jahrhunderten für seine Rotweine berühmten Ort. Unverspielt und herb, ist er sicher nicht jedermanns Sache.
IV. André Delaunois, Cuvée Royale
25PN, 25PM, 25CH, 25 Reservewein aus Drittelmix, drei Jahre Hefelager.
Aus den ca. 8 ha im Premier Cru Rilly-la-Montagne stammen die Champagner von Delaunois. Dieser hier hat gleich zwei Sternchen im Guide Hachette bekommen, Grund genug, ihn mal zu probieren. Mir gefiel der sterile, an Krankenhaus und Kühlschrank erinnernde Geruch nicht. Auch sonst kein Sonnenschein, am Gaumen mürbe, etwas müde, mit breit geratener Säure, nicht sehr lang, dafür ziemlich herb, am Ende mit Salbeinoten. Ob's ein Flaschenfehler war?
V. Daniel Moreau, Brut Carte Noir
50PN, 50 PM.
Im mittleren Marnetal, in Vandières, sitzt Daniel Moreau und hat auf der Jahrgangsbasis eines 2003ers mit Reservewein aus 2002 Champagner hergestellt, den ich nicht hätte haben müssen. Salzig und süss zugleich, mit einer Note von gekochtem Fleisch, die auch mit viel gutem Willen und jeder Menge Frischluft nicht verschwinden wollte.
VI. Carré-Guebels, Rosé
70CH, 30PN.
Sehr willkommen war mir daraufhin der Rosé von Carré-Guebels aus dem Premier Cru Trépail in der Montagne de Reims. Das Haus hat immerhin 22 ha, die zum Teil in der Aube liegen. Die sonst so balancierte Art des Rosé verschob sich hier zu Gunsten einer hervortretenden Säure, die den Blanc de Blancs dieses Erzeugers sehr probierenswert erscheinen lässt. Dass mir die Säure hier so pointiert vorkam, lag wahrscheinlich eher am Kontrast zum Vorgänger. Rosé mit weißer Seele habe ich mir notiert und werde den Champagner im Auge behalten.
VII. Remy Massin, Brut Tradition
100PN.
Dieser Erzeuger hat seine 20 ha südöstlich der Andouillettes-Hauptstadt Troyes. Der Blancs de Noirs ist männlich, kräftig und herb, lässt Tannin und Struktur durchscheinen, könnte aber ruhig noch etwas liegen. Ich denke, dass er nach 24 Monaten Flaschenreife eine positive Entwicklung gemacht haben wird.
VIII. Voirin-Jumel, Cuvée 555
Seit sechs Jahren vinifiziert Patrick Voirin diese Holzfasscuvée. Was als Experiment begann, gehört heute zur Spitze des Portfolios und wird von Tom Stevenson ebenso wie von Richard Juhlin mit Punkten überhäuft. Dabei hat der Name der Cuvée nichts mit der Größe des Holzfasses zu tun, sondern kommt aus der Zeit, in der die Häuser des Örtchens numeriert wurden. Der Fasskeller von Voirin-Jumel befindet sich im Haus mit der Nummer 555. Daher lag es nahe, für diesen Champagner, der an die traditionelle Herstellung im Holzfass anknüpft, diesen schlichten Namen zu wählen. Patrick nutzt insgesamt fünfzehn mehrfach belegte und aufgearbeitete Fässer aus Burgund, um den für diesen Champagner so typischen, aromatischen Holzton zu erzielen. Die Nase wird von charmanten Früchtebrotaromen, kandierten Früchten und sanften Röstnoten umschmeichelt. Melange aus Apfel und Mineral, Holz und Säure. Die zwischendurch aufscheinenden fülligeren Aromen bilden einen guten Hintergrund für die aromenfreudige Küche.
IX. Legras & Haas, Brut Tradition
20 – 25PN, 20 – 25PM, 50 – 60CH.
Das junge Haus aus dem Grand Cru Chouilly gehört schon zu den größeren und hat Négociant-Status, darf also Trauben zukaufen. Das erklärt, wie ein Familienbetrieb die stattliche Menge von bis zu 400000 Flaschen pro Jahr absetzen kann – viele davon freilich aufgrund einer für die Champagne nicht untypischen Lohnversektung im Auftrag großer Häuser. Der Brut Tradition ist, wie man es von einem Champagner aus dem nördlichen Zipfel der Côte des Blancs erwarten kann, mit einem überwiegenden Anteil Chardonnay vinifiziert. Der trägt aber nicht allzu dick auf, sondern gehört zu den sanftmütigeren Vertretern. Deshalb verträgt er sich gut mit den Pinotanteilen und wirkt dadurch meiner Meinung nach sogar eine Spur interessanter, runder und sogar komplexer, als viele einfache Blanc de Blancs aus der Côte des Blancs. Das ist übrigens etwas, was mir oft auffällt: die Standardbruts von Erzeugern aus Chardonnaygegenden profitieren davon, wenn ein Anteil Pinot enthalten ist. Zu Weissbrotstullen mit Senf und Blutwurst war dieser sozusagen hundsgewöhnliche Champagner ein gute Wahl, das Brot fand sich gut eingebettet, der Senf zischelte nicht dazwischen und die Blutwurst schmeckte in der Kombination nicht metallisch. Auch zum Jakobsmuschel-Cassoulet konnte der Champagner überzeugen. Cassoulet esse ich sehr gern zum Champagner, weil es, wenn es richtig gemacht wird, überaus aromatisch und würzig ist. Eine Herausforderung für jeden Wein und besonders für den Champagner. Dieser hier war gut gekühlt und brachte seine frische Chardonnaynote zum Einsatz, auch war die Prüfung gar nicht soo schwer, denn ein Jakobsmuschelcassoulet ist geschmacklich nicht ganz so brachial wie eines vom Lamm oder von der Gans. Schliesslich noch der Test zum "bleu" gebratenen Rinderfilet. Das war eindeutig die Grenze, mit der Kombination aus scharf angebratenem Rind aussen und rohem Fleisch innen kam der Champagner nicht mehr zurecht. Aber gut geschlagen hatte er sich für einen Standardbrut allemal.