Mittags ist die Not immer groß: wo den Hunger stillen, ohne hungrig zu bleiben oder sich zu überladen und natürlich ohne die Kleidung mit Frittenfett zu imprägnieren? In Frankfurt weiß ich eine feine Antwort. Das Restaurant Francais im Steigenberger Hotel Frankfurter Hof. Dort gibt es eine von Patrick Bittner schön gestaltete Mittagskarte mit 2 Gängen für 49 € und 3 Gängen für 59 €. Das Gläschen Laurent-Perrier kostet 13,50 €, der im Glasausschank seltene Veuve Clicquot Rosé Vintage (aktuell: 2004) kostet 19,50 € und wer mag, ordert sich Dom Pérignon 2004 für 32 € das Glas. Ich mochte. Und der allein speisende Herr mir gegenüber, der schon mittags einen ebenso auffallend großen wie sympathischen Champagnerdurst zu haben schien, auch. Erst im Verlauf des Menus stellte ich rein nur durch Zufall fest, dass es sich um mein Spiegelbild handelte. Was ich sonst noch im Verlauf des Menus feststellte, folgt sogleich.   

Erster Opener: Kürbisvariation

Der erste Küchengruß orientiert sich im Restaurant Francais immer an einem Thema, diesmal war es eben Kürbis. Unter den drei Kürbishäppelchen (ein passenderer Deminutiv fällt mir nicht ein) gefiel mir das mit Ingwer und Curry am besten zum Dom Pérignon 2004. Der molekular umgekehrte Raviolo war mir zu labberig, der Crèmewürfel zu nichtssagend. Aber Ingwer und Curry glänzten zum Champagner, der die Aromatik trefflich mit seiner eigenen Orientalik beantwortete.

Zweiter Opener: Flusskrebstartar mit Grapefruit und Öl

Was beim ersten Opener klappte, bewährte sich auch beim zweiten Gruß aus der Küche: keine falsche Scheu vor aromatischer Schwerpunktsetzung. Der Dom steckt Ingwer und Curry weg, dann kann er es auch mit Grapefruit, mit Krebsen kommt er ja sowieso klar. So standen also Panzerbewohner und Paradiesapfel im Küchenlager, ausklingende orientalische Safrannoten, Zitrusanklänge und Blütenduft im Mönchslager. Das Aufeinanderprallen fiel weniger blutig aus, als beispielsweise im Studentenliedgut, sondern brachte eine klare Abgrenzung der Grapefruit mit deutlichen Kontrasten auch bei Süße und Salzigkeit. So konnte es ruhig weitergehen.  

Weiter ging es dann erstmal mit der freundlich gereichten Brot- und Rohmilchbutterauswahl; bei beiden lege ich Wert auf besonders hohe Güte, denn wer schon bei Brot und Butter patzt, dessen weiteres Menu mag ich nur unter Vorbehalt essen. Patzer gab es keinen, im Gegenteil, die ruhig-betriebsame Art von Maître Blümke und seiner Crew gefiel mir sehr, Brot und Butter (demi-sel und Algenbutter waren meine Wahl, wobei demi-sel für andere Geschmäcker sich schon etwas reichlich gesalzen sein dürfte) gaben keinen Anlass zur Beanstandung und ließen sich umstands- wie rückstandslos mit Champagner herunterspülen.

I. Tsarskaya Austern mit Chesterbrot und Zitrone

Ein herrliches Vergnügen ist es, Tsarskaya Austern mit Cristal zu vertilgen; hat man keinen Cristal zur Hand, tut es wahrscheinlich auch jeder andere Champagner. Nur macht es wahrscheinlich keiner so ebenbürtig, wie der Dom Pérignon 2004. Man könnte ja meinen, an dem Gefasel von Auster und Champagner hätten sich schon so viele Menschen unterschiedlichster Neigung und Couleur abgearbeitet, dass dazu nichts mehr zu sagen sei und eigentlich neige ich mittlerweile mehr dazu, die Kombination wortlos durchzuwinken, aber gerade diese gefiel mir so gut, dass ich doch noch etwas schwärmen will. So fruchtig, leicht und unglibberig wirkt die Auster, so liebevoll und aufmerksam der Dom dazu, dass es ein einziges Jauchzen und Frohlocken an meinem Tisch war.

II. Schottisches Rebhuhn, Schwarzwurzel Treviso Radicchio, Muskattrauben

Weiter zum Rebhuhn. Das wurde mit passender Garnitur geliefert, Schwarzwurzel und Traube wetteiferten bei der Textur mit dem leichten Crumble um die Gaumengunst, der Radicchio ging dabei völlig unter. Erst mit dem dazu ausgewählten Veuve Clicquot Rosé Millésime 2004 ließ sich das Gemüse etwas beleben, fiel dann aber schnell dem Vergessen anheim, denn Fleisch, Sauce und Champagner waren dafür einfach eine zu mächtige Dreierbande.

Entr’Acte: Kalter Hund

Ein dekonstruierter kalter Hund kam noch schnell vor dem Käse auf den Tisch. An sich ziemlich unprätentiös und daher ziemlich sympathisch, ähnlich wie der zB bei Hackbarths oder Nelson Müller genossene Arme Ritter. Geschäumte Irgendwasluft und Jellytaler oder Aromakrümelchen brauche ich bei sowas wiederum nicht und zum Champagner ist eine noch so ungesüßte Süßspeise sowieso immer schwer. Daher habe ich den kalten Hund einfach so weggelöffelt und mir dabei vor allem die Schokoganachewürfelchen und das Kekseis schmecken lassen.

III. Käseauswahl von Maître Antony: Cantal (24M), Roquefort, Vacherin Mont d’Or, Gapeyron, Banon

Zum Schluss gehört Käse. Immer. Mit reifem Cantal und reifem, ganz weichem Gapeyron gab es sogar zwei meiner Favoriten, die zum Champagner jubilierten, außerdem gefiel mir der sehr schöne Roquefort, wenngleich er sich mit dem Roséchampagner nicht so gut vertrug; den crèmig-schmelzigen, perfekt gereiften Vacherin  kann man problemlos zu jedem Wein genießen und den in Kastanienblätter eingelegten Ziegen-Banon muss man wiederum etwas vorsichtiger behandeln. Zum Champagner war er eine Spur zu kröftig, bzw. hätte der Rosé noch etwas mehr Reife gebraucht.

Ganz zum Schluss habe ich mir von der mit sensationellen Überredungskünsten ausgestatteten Mannschaft noch ein Birnensorbet servieren lassen, das mir solo, ganz so wie es war, ohne Vanilleschaum und Schnickschnack, sehr gut in den Kram passte und den Abschied erschwerte.

Zwischenfazit:

Mit dem Restaurant Francais hat Frankfurt nicht nur eine sehr gute Mittagessensadresse, sondern auch eine wunderbare Location für mein anstehendes Dom Pérignon Dinner – das nämlich am 11. Januar 2014 ebenda und mit allerbester Berechtigung stattfinden wird