Champagne Francis Cossy, Jouy-les-Reims Premier Cru.  30000 Flaschen p.a. Geneviève und Sophie Cossy sind ein Mutter-Tochter-Gespann und als Frauen an der Spitze eines Champagnerunternehmens weit von jeder Pflichtfrauenquote oder sonstigen Genderexotik entfernt. So wie die historischen Witwen der Champagne und die heutigen Ladies der Champagne, sei es Nathalie Vranken, Evelyne Boizel, Garance Thiénot, Cécile Bonnefond, Vitalie Taittinger oder mehr noch Virginie Taittinger und natürlich Carol Duval-Leroy. 

Kein Wunder, dass die Flaschen dieses kleinen, aber schon seit 1764 tätigen Erzeugers sich schnell bis nach USA verbreiten, wo beispielsweise Rafael Sanchez, einer der eifrigsten Winzerchampagnerverfechter, sich zu Lobeshymnen nicht lange zwingen muss. Mir ging es nach der ausführlichen Besichtigung des Anwesens nicht anders. Als kleine Besonderheit muss erwähnt werden, dass Cossy Teil der örtlichen Genossenschaft ist, die, was ungewöhnlich ist, keine eigenen Bediensteten hat, sondern in der jeder zuliefernde Winzer in Eigenregie alles selbst macht. Im Grunde ifungiert die Genossenschaft also nur als Produktionsinfrastruktur für die einzelnen Mitglieds-Betriebe.

1. Origine Extra Brut, dég. Sep. 2012
25CH 35PN 40PM, 4g/l bei 2g RZ, d.h. nur 2g Dosagezucker, 2007er Basis mit 25% Reserve aus 2006 und 2005
Mandarine, Mandarinentorte mit Sahne und Quark drängen sich der Nase entgegen, dazu kommt blumige Unbeschwertheit, die bei der geringen Dosage ein wenig überrascht. Viele Extra Bruts sind herber und schonungsloser, weniger feminin. Das ist übrigens das Stichwort: die Champagner von Sophie Cossy und ihrer Mutter sind feminin, ähneln – soweit erkennbar – zumindest der Tochter im Wesen.

2. Cuvée Vieilles Vignes 2005, dég. Nov. 2011 
Drittelmix, 6g/l Dosage  
die erste Cuvee Vieilles Vignes stammt aus dem Jahr 2003 und war sicher nicht mit einer so ähnlich selbstbewussten Säure ausgestattet; im Zusammenspiel mit nussigen, vor allem den von mir geschätzten walnussigen Aromen führt die feine, schlanke Säure wie eine gut gedrillte Empfangsdame in einer Hochglanzwerbeagentur bis zum Konferenzraum am Ende des Ganges, wo eine delikate Pilznote aufwartet, die mich wiederum an jene vom Vormittag in der Cuvée Pierre & Henri von Lacourte-Guillemart erinnert und betört, wobei ich nicht ausschließen will, dass ich nicht noch mehr vom Charme der fließend englisch parlierenden Gastgeberin betört war.

3. Cuvée Grand Millésime 2006 dég. März 2013, 
40CH 40PN 20PM, 6,5 g/l Dosage
Zurückhaltendere Nase, feiner mund, glatt, seidig, mit Birnenpurée und einer Reife, die mir fortgeschrittener vorkam, als noch beim 2005er VV, trotz der dort schon sich entwickelnden Pilznote und des länger zurückliegenden Dégorgements. 

4. Harmonie, dég. März 2013
50PM 30PN 20CH, 2007er Ernte, mit 7g/l dosiert
Der Liqueur wird im gebrauchten Holzfass gelagert, das von der Tonnellerie de Champagne stammt. Vielleicht ergibt sich daher die gaaanz feine Holznote, die mehr eine Ahnung als ein Wissen ist und auch auf ganz andere Effekte zurückzuführen sein könnte. Jedenfalls ein Champagner, der seinem Namen Ehre macht und die Eigenschaften seiner drei Rebsorten in besten Ausgleich bringt. Meunierexotik und leichte Brotig- bis Malzigkeit, nachhaltige Weinigkeit und Würze vom Spätbrugunder, getoppt von Sahnigkeit und Frische des Chardonnays. 

5. Cuvée Élegance Rosé, dég. März 2013 
10CH 60PN 30PM aus 2009er Ernte, mit 9,5 g/l dosiert, 20% Rotweinzugabe
Milde und versöhnlich, mit wenig Säure und insgesamt eher modisch angelegt, mit dem typischen Früchtecocktail, aber ohne einen besonderen Anspruch. Schön, nett, sauber, der Nachfrage mit 6000 Flaschen p.a. folgend, auch mit einer noch erkennbaren Handschrift, aber gegenüber den weißen Champagnern des Hauses einfach unterlegen.