Teil 2 meines Leipziger Restaurantchecks führte mich in das Restaurant Heine, unscheinbar in einem gartenlaubenartigen Flachbau belegen und von Kinderspielgerät umgeben. Der von mir mit dem Hintransport beauftragte Leipziger Taxifahrer zeigte sich bei Zielangabe zunächst ratlos. Den Namen des Restaurants hatte er noch nie gehört. Auch das nahe gelegene, ja quasi benachbarte Corpshaus der Lausitzer war ihm nicht bekannt. Sei's drum. Das Restaurant Heine zeigte sich mir jedenfalls von einer guten Seite, der Service war wach, flott und diskret. Die Küchenleistung gefiel. Die Weinkarte ist nicht riesig, zeigt aber einige gute Namen aus der Region und hält Erzeuger wie Schäfer-Fröhlich, Laible, Spreitzer und ganz neu Friedrich Wilhelm Becker bereit. Auch Chateauneuf gibts, so z.B. den von mir gern genommenen 2008er Mont-Redon, aus Italien sind mir Foradori und Boglietti angenehm aufgefallen. Neben dem Mont-Redon habe ich mich hauptsächlich an Champagner gehalten (Louis Roederer Brut Premier für 95,00 €/Fl. sind ganz erträglich, wie ich finde).
Vorweg gab es Kürbis Crème Brûlée, ein nicht zu großes Portiönchen mit knusprigem Deckel und nicht zu fein püriertem Kürbis drunter.
I. Bretonischer Hummer: als Geleewürfel, in der Frühlingsrolle, als Shot, als Crème und Zangenfleisch pur. Das Geleegewackel war meiner Meinung nach nicht nötig. In der Frühlingsrolle auf exotischem Gewürfel machte sich der Hummer sehr gut und wurde auch nicht vom Teig erdrückt. Der Shot war schön temperiert und schmeckte, das ist immer meine Befürchtung, nicht angebrannt. Die Hummercrème war etwas arg fest und wollte kaum aus dem hohen Glas herauskommen, schmeckte aber dafür sehr delikat. Das Zangenfleisch pur gefiel mir freilich am besten.
II. Seesaibling; Dillsüppchen. Der Saibling war von bester Konsistenz und Gschmackigkeit, das Dillsüppchen passend hinzukombiniert, ohne irgendwie gesucht oder zwanghaft kreativ wirken zu wollen.
III.1 Barbecue vom Fjord-Lachs, Granny Smith Salat, Frankfurter Kräuter & Ebi Maki. Der Lachs war gut, besonders gut war aber der fein geschnittene Granny Smith und die grüne Sauce dazu war gleichermaßen ungewohnt wie dann doch auch passend. Handwerklich sehr gut gelungen war der Garnelenmakihappen mit dem außenliegenden Knusperreis. Mir ist dabei immer wichtig, dass die Komponenten nicht nur in qualitativer Hinsicht über jeden Zweiofel erhaben sind, sondern vor allem, dass sie in quantitativer Hinsicht ausgewogen sind. So darf ein Sushiröllchen nicht zu dick sein, auch nicht zu fest gerollt sein, zu wenig oder – fast schlimmer noch – zu viel Reis oder Sesam enthalten. Hier gab es keine Beanstandung.
III.2 Pfifferlings-Crèmesuppe mit Zartbitterpraline. Die Pfifferlinge waren in der Suppe gut aufgehoben, die Zartbitterpraline war mir zu süß.
IV. Gurken-Sorbet mit Wasabischaum. Das Gurkensorbet traf wieder meinen Geschmack. Intensive Gurkigkeit, wie ich sie schätze! Der Wasabischaum war wirkloich sehr luftig und vermittelte am Gaumen praktisch gar keine Textur. Bis auf eine leichte Schärfe in der eingeatmeten Luft, die auch von einer entfernt gerauchten Mentholzigarette hätte stammen können, war der Schaum also praktisch nicht vorhanden. Störte nicht, bereicherte aber auch nicht. Etwas guter Pfeffer hätte dem Sorbet in dieser Hinsicht vielleicht mehr genutzt.
V. Schwarzkopflamm: Rücken, Leber, Herz und Schulter "Sous Vide", Buschbohnen mit Dijon-Senfkroketten. Die kugeligen Senfkroketten gefielen mir gut, die Bohnen waren auch in Ordnung. Vom Lamm gefiel mir die Leber am besten, das Fleisch hätte gern noch etwas länger sous vide bleiben dürfen.
VI. Confierte Ananas mit Haselnusskrokant; Topfensoufflé mit Beerenrelish; Glacé vom Blaumohn. Das Glacé war zusammen mit der Ananas am aromaintensivsten und trotz der hohen Fruchtsüße noch nicht ganz so süß wie das herrlich aufgegangene Soufflé, dessen Beerenrelish in dem Förmchen unten lag und nur schwer, d.h. eigentlich erst am Schluss mit dem Löffel erreichbar war. Dazu gab es von Hammel & Cie. die Cuvée "nobel & süß" ein Mix aus Gewürztraminer, Riesling und Scheu im Holzfass gereift. Die 104 g/l RZ merkte man gar nicht, der Wein wirkte neben dem Dessert beinahe zerbrechlich und hatte vor allem mit dem Soufflé und der allgemeinen hohen Süße zu kämpfen.
Fazit: Wenn der Taxifahrer den Weg ins Restaurant Heine findet, kann man dort einen angenehmen und nicht überteuren Abend verbringen, sommers in einer für Großstädte ungewöhnlichen Gartenruhe. Die Küche ist auf sorgsame Zubereitung bedacht, Ausflüge ins Chichi halten sich in Grenzen und werden vom Leipziger Zweisterner Schnurr sowieso zugespitzter und mit mehr Risikofreude ausgespielt.