Stimmenfang ist eine lose Folge von Kurzinterviews mit Sommeliers über Champagner, Cognac und dies und das in der Spitzengastronomie. Den Anfang machte Hagen Hoppenstedt vom Adlon. Eine Hausnummer weiter, räumlich gegenüber vom Adlon ist Michael Hoffmanns Restaurant Margaux schnell zu übersehen. Auf der kulinarischen Landkarte hingegen steht hier ein Monument. Auch biographisch gibt es gewisse Überschneidungen. Mitte der 80er schickt sein Ewersbacher Lehrherr Weise den damals noch jungen Michael Hoffmann ins Hamburger Vier Jahreszeiten, weil er dort was werden könne. Hoffman folgt dem Rat und Mitte der 90er wird er Küchenchef im Haerlin (bis 2010 Wirkungsstätte von Hagen Hoppenstedt aus dem Adlon). Seit 2000 führt er den Michelin-Stern; aktuell hält er 18 Punkte im Gault Millau. Feinschmecker und FAZ jubeln gleichermaßen über ihren Koch des Jahres 2010.
Michael Hoffmanns Sommelier Gesumino Pireddu kommt aus Witzigmanns Aubergine. Den Umgang mit der Gemüseküche von Michel Hoffmann meistert er mit vorwiegend deutschen Kreszenzen, obligaten Franzosen und einer Auswahl Weltklasseitaliener.
Pireddus Verhältnis zum Champagner ist entspannt. Bollingers R.D., die Champagner von Philipponnat, Mailly Grand Cru und Krug-Jahrgänge bereiten ihm ganz zu recht große Freude. Sein Champagnererweckungserlebnis war eine um 1990 geöffnete Private Cuvée von Krug. Das ist der Vorgänger der Grande Cuvée von Krug. Bis in die Endsiebziger gab es die Flaschen mit dem schlichten weißen Etikett unter diesem Namen, die ersten Grande Cuvées trugen ebenfalls noch das weiße Etikett, bevor der Wechsel zu den Leitfarben Gold und Rot stattfand. Zu Pireddus schönsten Champagnererlebnissen gehören seither folgerichtig alte Jahrgänge von Bollinger und Krug. Den 1959er Bollinger sieht er vor dem – bei guten Flaschen schon sehr guten – 1959er Dom Pérignon, sensationell sei der 1971er Krug gewesen. Nicht sehr groß, doch erlesen ist die Auswahl alter Oenothèques in Pireddus Keller. Dort liegen die Jahrgänge 1962, 1976, 1982, 1988 und 1990, die Flaschenpreise liegen zwischen 500,00 € und 1.000,00 €, was für Gastroverhältnisse nicht überteuert ist.
Wie er es mit Franciacortasprudel hält, wollte ich wissen. Kurz und knapp hält er es damit: Ca del Bosco und Bellavista. Andere Champagneralternativen? Eher nicht. Natürlich wird mit Sekt von Kirsten, Heymann-Löwenstein, Christmann und Frank Johns Hirschhorner Hof exzellenter Sprudel ausgeschenkt. Aber in der Wahrnehmung beim Publikum gibt es nach oben hin eine klare Grenze: auch wenn der Trend zum Winzersekt anhält: das Wahre ist doch der Champagner. Hierbei hält sich Pireddu persönlich an Blanc de Blancs mit möglichst klarer Linienführung und puristischer, mineralischer Art. Auch beim Cognac ist Pireddu Purist. Vom Cognacmix hält er zB nichts. Angeboten werden Hennessy, Hine und demnächst wieder Leopold Gourmel. Deren Cognacs eignen sich bestens für die Menubegleitung, ein Projekt, das Pireddu wohl Freude bereiten würde, jedoch im Margaux eher Exotenstatus hat. Eher schon sind hier ausgiebige repas au champagne denkbar und möglich. Wobei ich wiederum finde, dass exakt die floralen Noten der noch nicht ganz alten Grande Champagne Eaux de vie außergewöhnliche Verbindungen mit der Gemüseküche von Meister Hoffmann eingehen könnten.