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Champagne Leclerc-Briant

Leclerc-Briant ist in Bio-Kreisen ein wohlklingender Name. Im 17. Jahrhundert, genauer: schon 1664, in Ay ansässig, hat sich die Familie über Cumières nach Epernay bewegt, wo auch Nachbar Janisson-Baradon zu Hause ist. Die Keller unter dem Anwesen am Hang gehen 30 Meter in die Tiefe und machen damit schonmal in Fragen der Spektabilität den großen Häusern Konkurrenz.

Inhaltlich ist das nicht wesentlich anders. Bernard Leclerc, der Vater von Pascal, gehörte in den Sechzigern zu den Vorreitern der Biobewegung und Pascal hat zu Lebzeiten ganze 30 Hektar auf Demetertauglichkeit getrimmt; leider verstarb er 2010 überraschend und hinterließ seinen vier Töchtern (Ségolène, Astrid, Sonia, Diane) ein gut aufgestelltes Haus, das in Hervé Jestin (ex Duval-Leroy und önologischer Kopf hinter der Cuvée Sapience) einen exzellenten Kellermeister an seiner Seite hat. Eine Schwächephase gab es nach dem Tod von Pascal Leclerc dennoch. Erklären lässt sie sich nicht so recht. Vielleicht haben die Champagner den Todesschock mitbekommen und deshalb die Köpfe hängen lassen, wahrscheinlicher ist aber, dass der Einfluss von Hervé Jestin, der das Unternehen seit 2009 berät, sich unmittelbar in den Freigaben nach dem Tod von Pascal Leclerc erstmals bemerkbar machte. Heute hat sich alles konsolidiert und nach einer längeren Reihe schwacher Flaschen habe ich bei meiner letzten Champagnetour bei Leclerc-Briant endlich wieder eine sehr schöne Kollektion probiert.  

So selbstverständlich wäre das nicht gewesen, denn Lanson-BCC schnappte sich natürlich sofort knappe 18 Hektar, den anderen Teil mit Weinbergen überwiegend in Cumières, Damery und Hautvillers holte sich Roederer im Jahr 2011, verkaufte dann aber weiter an die heutigen Inhaber, Denise Dupré (die in Harvard Hospitality Management lehrt) und Mark Nunnely (Managing Director bei Bain Capital, wo gut und gern 80 Mrd. Dollars verwaltet werden, so dass für den Kauf eines stattlichen Champagnerhauses genügend Geld in der Portokasse gewesen sein dürfte). Mit Roederer wird weiter kooperiert, im Keller liegen gut fünf Ernten und die Marke von jährlich 300000 Flaschen ist ein realistisches Ziel, das aus dieser Positione heraus gemächlich erreicht werden kann. Am wichtigsten ist für mich, zu wissen, dass Leclerc-Briant nicht ausgeblutet ist.

Den aktuellen Trend hin zum Einzellagenchampagner hat Pascal Leclerc übrigens schon früh vorweggenommen. Schon 1994 schuf er die Reihe der Einzellagenchampagner aus Cumières, Les Chèvres Pierreuses, Les Crayères und Le Clos des Champions, mit der er meine Begeisterung auf seine Seite ziehen konnte und mit den später hinzugekommenen La Croisette und La Ravinne noch verstärkte. Diese als Authentiques etikettierten Champagner sind das, was ich seit Anfang der 2000er Jahre im Kern mit Leclerc-Briant verband, nicht wissend und kaum ahnend, dass dort noch ungeheuer viel mehr Ideen und Potential schlummern. Umso schlimmer und trauriger ist es, dass der Schöpfergeist dahinter abberufen wurde.  

Lehrreich ist bei den Champagnern von Leclerc-Briant, die gerade erst eine Auffrischung des Etikettendesigns erfahren haben und nun sogar ein wenig an die neuen Charles Heidsieck Etiketten erinnern, die Einzellagenserie. Bei den einzelnen Champagnern sind die Unterschiede besonders liebevoll herausgearbeitet. Dem Clos des Champions sagt man eine typische Frische und jugendliche Agilität nach, der Crayères gilt als reifr, weicher und gesetzter und die Chèvres Pierreuses sind regelmäßig Rieslingtrinkers Favorit. Der Chardonnay aus der oberhalb vom Haus gelegenen La Croisette ist durch einen kleinen Weg von der – naheliegenderweise – La Chaude Ruelle gennanten Kleinlage direkt am Haus mit 40 Jahre altem Pinot Meunier getrennt, wo ein Versuchsanbau mit Kräutern stattfindet und demnächst tüchtig massenselektiert wird, denn der Winter und sonstige natürliche Einflüsse versetzen in diesem Rebgärtlein so manchen Rebstock in die Vergangenheitsform.

Neue Entwickliungen gibt es darüber hinaus reichlich. In drei Jahren ist ein Cramant Chardonnay ohne Dosage und ohne Sulfit geplant, in vier Jahren ist ein Clos in Rilly la Montagne bereit für die Öffentlichkeit. Dann kommt ebenfalls in vier Jahren mit den Basses Prière, einer Lage in Hautvillers mit 100PN, ein weiterer reinsortiger Pinot Noir, der das Zeug zum Chefpriester haben soll. 

Brut 

70PN 30CH, 95% 2010, 5% Reservewein, mit 7 g/l dosiert, Trauben aus Cumières, Hautvillers, Verneuil; 100%

Stahl

Sehr ansprechend, reichhaltig, etwas schlanker als ein eben zuvor getrunkener Blanc de Noirs von Soutiran 

La Croisette BdB 

dosiert mit 5,5 g/l

In der Nase Anis, Fenchel, im Mund unerwartet schlank, aufgeschossen und klar, keine Lakritznoten, die ich nach der Naseneröffnung vermutet hätte, außerdem mehr gelbe Frucht als gemutmaßt, vor allem aber eine ganz verblüffende Marillearomatik, die den Champagner schwelgerisch macht.

Les Chèvres Pierreuses

Wie habe ich diese Aromatik vermisst. Reich, von klassischem Cuvéecharakter, was daher kommt, dass alle drei Reben zusammen abgepresst werden; ein mineralisch geartetes Element steht bei diesem Champagner hier meistens im Vordergrund, so muss man das auch hier immer wieder sehen. Nasse Kreidekellerwand, wie ca. 35 Meter unter dem verkostungsraumfussboden, am Gaumen dann knalliger als die Vorgänger, exotisch, aber nicht papageienhaft, quirlig, aber nicht crazy. Ganz großartiger Champagner, der als Solitär getrunken werden will und viel von seinem Zauber einbüßt, wenn man zu schnell davor oder danach etwas anderes isst oder trinkt.

Rubis de Noirs 2004

Pinot pur, sehr dunkel, ein Barbecuewein, der auch so etwas wie einen rotsektigen Charakter hat, vermischt mit leichter Candynote, also definitv nicht jedermanns Sache. Für Sparkling Shiraz Fans zu milde, für Eleganztrinker zu plump, zum Grillen ziemlich genau richtig.

Divine Solera

Fett und flott zugleich ist diese noch junge Solera, dicklich, saftig, rundlich, mit den weichen, aber nicht wabbeligen Rundungen einer sehr erfahrenen Frau. Wer meint, über Leclerc-Briant schon alles zu wissen, sollte sich mit dieser Cuvée beschäftigen.

 

Champagne: Farmer’s Fizz

 

Winzerchampagner ist ein ganz besondres Elixier. Glanz und Elend liegen hier besonders dicht beieinander. Die erfolgreichsten Winzer eint, dass bei ihnen meisterlicher Umgang mit den natürlichen Vorgaben, Avantgarde und Experimentiersinn eine günstige Liaison eingehen und Champagnerfreunde in ihren Bann ziehen. Daraus entwickeln sich verkürzt gesprochen manchmal Trends, die bei einigen der großen Erzeugern mit Freude aufgenommen werden. Die stellen natürlich nur allgemach ihre Portfolios um, denn in der Champagne entscheidet man nicht von Jahrgang zu Jahrgang, sondern muss immer ein diachrones Moment berücksichtigen: die Hefeverweildauer der Champagner von zum Teil mehreren Jahren. Tuchfühlung bei den richtigen Winzern bedeutet deshalb fast so etwas wie einen Blick in die Zukunft zu werfen, was dem intensiven Verkosten einen zusätzlichen Mehrwert verleiht. 

1.Pehu-Simonet

Der Winzer aus Verzenay hat seine Ausbildung wie zahlreiche Champagnerwinzer-Kollegen seiner Generation und eben wie der unvermeidliche Anselme Selosse in Beaune abgeschlossen und orientiert sich bei der Weinbereitung an den Vorgaben aus Burgund. Der Weinberg (8ha) und speziell der Boden wird schonend,bzw. 'nachhaltig' bewirtschaftet. Auf BSA wird weitestgehend verzichtet. Zur Verfügung stehen Stahltanks, 30 Burgunderfässer und 10 klassische Champagnerfässer mit einem Format von 205l. Flaschenvergoren wird kühl bei ca. 10°C.

1.1 Sélection Grand Cru

70PN 30CH, kein BSA, 30% Reservewein aus den beiden Vorgängerjahren, 15% werden fassvergoren. Mit 8 g/l dosiert.

Sauberer Champagner-Winzerschoppen, bei dem man von der Säure zwar nicht überfahren, aber doch bleibend beeindruckt wird.

1.2 Transparence Grand Cru Extra Brut 2006

Hat im Frühjahr einen BSA durchlaufen, ist dafür nur mit 3 g/l dosiert.

Vom Konzept her ein Sélection Grand Cru mit verlängertem Hefelager. Es gibt nur 3000 Flaschen davon, verkauft werden die exklusiv auf der Domaine. Man merkt einen holzigen Einschlag, eine angenehm hefige Note und ein Quentchen mehr Reife, als beim Sélection Grand Cru.

1.3 Blanc de Blancs

2008er Trauben aus einem jungen Weinberg in Le Mesnil, im Stahltank ausgebaut und mit 9 g/l dosiert.

Gefiel mir gut. Rauh, schlank, dabei leicht amylisch, mit den angenehmen Bonbonnoten kühl vergorener Champagner. Dabei bleibt er zum Glück nicht, eine grantelige mineralische und sehr mesnilige Note setzt sich recht schnell durch.

1.4 Rosé

80PN 20CH, 2007er Basis und 25% Reservewein aus den beiden Vorgängerjahren. Teilweise Biotrauben, ohne BSA. Assemblage aus Blanc de Noirs mit einem Anteil Verzenay Rouge. 15% Fassausbau, sonst Stahltank. Mit 7 g/l dosiert.

Hier merkt man paradoxer Weise am deutlichsten den angestrebten Burgundercharakter. Mandel, Marzipan, gehackte Nüsse, im Mund sehr schlank, aber nicht harmlos, minimal adstringierend, dann wieder stahlig, dicht und in sich geschlossen. Kein Moderosé.

1.5 Blanc de Noirs Grand Cru

2007er Basis, Trauben von alten Reben in Verzenay. Ausbau zu 40% im Stahltank und zu 60% im Holzfass von der Tonnellerie de Champagne, die Eichen dafür stammen aus dem Wald von Verzy, nur wenige Meter entfernt über dem Weinberg. Mit 8 g/l dosiert.

In einem komfortablen Bett aus weichem, ganz gegen die Gewohnheit der Tonnellerie de Champagne schonend getoasteten Eichenholz liegt der unruhige Säurekern, eingebettet in dämpfende Ananas-Mangoaromen. Wirkt unausgeglichen, müsste man beobachten.

1.6 Millésime Grand Cru 2005, dég. Nov. 2010

50PN aus der Lage Les Noues in Verzenay, Ausbau im Barrique; 50CH, davon 40% aus Le Mesnil, 60% aus Verzenay Grand Cru, ganz genau aus Pisses-Renard, einer der wenigen Chardonnaylagen in der Pinothochburg, im Stahltank ausgebaut. Mit 8 g/l dosiert.

Unter dem leichten Böckser präsentiert sich ein exotisches Duftbouquet, das in ein Geflecht aus Birne, Ananas, Pfirsisch, Banane und ein paar Nüssen übergeht. Was dieser Champagner wirklich drauf hat, wird sich erst zeigen, wenn die noch fast alles überdeckenden Primärnoten sich mit zusätzlicher Flaschenreife verzogen haben.

 

2. Die Avantgarde der Biowinzer

Besonders rege und betriebsam sind die Biowinzer. Unter ihnen finden sich alteingesessene Großmeister und die junge Generation von Winzern, die teilweise Stück für Stück Pachtverträge mit den großen Häusern ablaufen lässt, um diesen Teil der Weinberge nach eigenen Vorstellungen selbst – und meistens eben biologisch/nachhaltig/biodynamisch – zu bewirtschaften. In der Champagne, wo sowieso jeder mit jedem verwandt ist, netzwerkeln diese Winzer untereinander meist ebenso erfolgreich, wie sie sich neuer Medien bedienen.So kommt es, dass man Kleinsterzeuger mit gerade einmal 3 ha Rebfläche im New Yorker Cru, im Kopenhagener Noma und in Tokyo sowieso auf jeder besseren Weinkarte findet.  

2.1 Benoît Lahaye, Naturessence, dég. 3. August 2010

50PN 50CH

Phenolisch, aber nicht kränkelnd, mit scharfer Säure, dabei sehr traubig, erinnerte mich schon beim Bioweintasting in Paris an einen besonders süffigen Verjus; hatte hier schon etwas Druck verloren und Temperatur gewonnen, wirkte daher gebändigter und trinkfreundlicher.

2.2 Georges Laval, Cumières Premier Cru Brut Nature

Ein Füllhorn an Zitrusfruchtaromen, mit mentholischem touch, kräuterig, mineralisch, ein Spaziergänger mit sehr strammem Schritt.

2.3 Larmandier-Bernier, La Terre de Vertus Premier Cru, non dosé

Blanc de Blancs auf 2006er Basis aus den Einzellagen Les Barillers und Les Faucherets in Vertus.

Stachelbeere, gelbe Johannisbeere, Quitten, Hagebutten, Limetten, dazu eine feine, mineralische Art, die den Wein aber nicht verschließt, sondern stützt. Wo der Laval marschiert, schreitet der Larmandier-Bernier.

2.4 Tarlant, La Vigne d'Antan, Chardonnay non-greffée, 2000

Zusammen mit dem berühmten Vieilles Vignes Francaises von Bollinger einer der ganz wenigen Champagner von ungepfropften Reben, in diesem Fall Chardonnay. Und genauso schwer zu bekommen, aber wenn, dann für ca. ein Zehntel der VVF. Massives Chardonnaygeschütz aus einer anderen Zeit.

2.5 Jérôme Prevost, La Closerie, fac-simile, Rosé Extra Brut

100PM davon 11% Meunier Stillweinzugabe, 2009er Basis. Ausbau in jungen und alten Barriques.

Helles Rosé und natürlich schmeckt er viel zu jung. Kaum, dass sich übrhaupt aromatische Anlagen ausgebildet haben, noch überwiegen sehr unroséhafte mineralische Noten, Geißblatt, weiße Blüten, Akazie, auch eine ganze Reihe frischer Beeren ist dabei, aber das Aromenkonzert klingt wie durch eine dicke Glasscheibe.

2.6 Olivier Horiot, Cuvée Sève "En Barmont", Blanc de Noirs non dosé 2004, dég. 16. April 2009

Nicht sehr inspirierend war leider der fassvergorene, eher schlichte, wenngleich extraktstarke und dadurch süßlicher wirkende Champagner aus dem für seine Rosés prominenten Aubedörfchen Les Riceys.

2.7 Robert Dufour, Bulles de Comptoir Extra Brut

Pinot Blanc, Pinot Noir, Chardonnay.

Einmal mehr zeigt sich, dass Pinot Blanc keine so wahnsinnig gute Schaumweintraube ist. Nach gut gelungenem Sekt schmeckte dieser Champagner, der reinsortige "Les Instantanés" Blanc Gourmand Extra Brut, bzw. sogar Brut Nature 2003, von Dufour lässt grüßen.

 

3. Penet-Chardonnet

Dieser Familienbetrieb aus Verzy verfügt über sechs Hektar ausschließlich in Grand Crus. In Verzenay, bei Pehu-Simonet begann die kleine Winzerchampagner-Revision und im benachbarten Verzenay schließt sich der Kreis für dieses Mal. Diesen kreglen Betrieb, der zu den größten der Gemeinde gehört und sich gehörig für die Zukunft herausgeputzt hat, muss man ernsthaft im Auge behalten. Schönes Detail: die Rückenetiketten sind mit QR-Codes versehen, wer auf seinem Smartphone eine entsprechende App hat, braucht davon nur ein Bild zu machen und wird dann automatisch auf die website des Erzeugers geführt, wo er die technischen Angaben zum betreffenden Champagner nachlesen kann.

3.1 Extra Brut Millésime 2005

70CH 30PN.

Gelungene Jahrgangsinterpretation, Orangenblüten und Akazienduft, apfelig und mit fröhlicher Säure unterlegt, eine unbeschwert tänzelnde Komposition.

3.2 Réserve Grand Cru Extra Brut, dég. Sep. 2010

2/3PN 1/3CH aus Verzy und Verzenay, Basisjahr 2004, 4 g/l.

Rund, mild, reif, mit toastigen Röstnoten und Lemon Curd. Der Mund wird unversehens zum Nobelplanschbecken, so viel quietschvergnügte Champagnerfreude auf einen Schlag gefiel mir sehr gut.

3.3 Grande Réserve Grand Cru Brut Nature

2/3PN 1/3CH hauptsächlich aus Verzy, Basisjahr 2001

Gesetzter, reifer, etwas strenger war die Grande Reserve. Auch dies ein Champagner, der den Mund schlagartig ausfüllt und lange nachhallt, was man bei Brut Nature Champagnern nur dann erlebt, wenn sie richtig gut gelungen sind – sonst zeigen die sich nämlich gern mal lakritzig, ausgezehrt und streng gegen Ende.

Bio-Champagner nachprobiert

 

I. Françoise Bedel

Ein nettes Wiedersehen mit der stets sehr eleganten Madame Bedel und ihren Weinen. Auf ihre exzellente Cuvée Robert Winer befragt, gab Madame Bedel zur Antwort, dass sie einen 2008er in petto hat. Darauf wird die Champagnerwelt leider noch gute zehn Jahre warten müssen, fügte sie aber sogleich hinzu. Wenn der 2008er mit dem famosen 1996er vergleichbar ist, werde ich gerne warten.

1. Dis, Vin Secret Brut Nature 2003

86 PM 8 PN 6CH. Die Apfelaromen vom letzten Mal haben sich wohl ausmetamorphiert und entschieden, sich in Richtung überreifer Schattenmnorellen zu entwickeln. Trotz seiner weichen Art mit einer angenehmen Spritzigkeit ausgestattet, wobei die Säure etwas überfordert wirkt.

2. Entre Ciel et Terre Brut 2002

100PM. Das feine, leichte elegante Element der Weizenmehlnase hat sich gehalten und verfeinert. Hinzu kommt ein leicht herbes Quittenmusaroma. Der Champagner ist balanciert, lebhafte Säure und eine leichte Mürbe stehen in gutem Gleichgewicht und können sich so sicher noch ein paar Jahre spannungsvoll belauern, bevor der Champagner abbaut.

3. Origin'elle Brut 2004

78PM 9PN 13CH. Alkoholische Nase, im Mund herb. Säurearm und in gewisser Weise effizient: aus dem was er an Meuniercharakter hat, holt er das beste raus.

4. L'âme de la Terre Extra Brut 2002 – informell –

Drittelmix. Erde, Brot, Getreide, wie der Name schon ankündigt. Im Mund glatt, sauber und schnittig, wenn nicht gar seidig. Milde, charaktervolle Herbe.

II. Thierry de Marne, Champagne Frison Demarne

Die allerersten Flaschen gab es, noch ohne Rückenetikett (das später einmal das Dégorgierdatum des jeweiligen Lots tragen wird). Im Frühjahr hatte ich in Paris die damals noch namenlosen Cuvées probiert, nun gab es die in den Startlöchern stehenden Champagner quasi als pre-opening.

1. Blanc de Blancs "Lalore" non dosé, 2007er Ernte

Hatte ich auf meine Merkliste gesetzt und siehe, der Champagner hat sich ganz prachtvoll entwickelt. Frisches Chardonnaynaturell, das mich auf Anhieb an einen am Vorabend getrunkenen 2004er Blanc de Blancs "Les Vents d'Anges" 2004 von Xavier Leconte erinnerte. Knackig, lang, ein vorwärtsdrängender Chardonnay mit einer feinen Butterweck-, Buttercroissantnase. Wenn dieses junge Haus so weitermacht und seinen Champagnern später einmal noch mehr Zeit auf der Hefe gönnt, haben wir einen neuen Spitzenerzeugeranwärter.

2. "Goustan", 2007er Ernte

50PN 50CH. Auch hier lohnt es sich, den Champagner im Blick zu behalten. Rassig, mineralisch; wie seine blonde Schwester mit starkem Vorwärtsdrang, etwas dunkler, eher auf der Krustenbrotseite. Sehr charmantes Mentholfinish.

III. Jean-Pierre Fleury, Champagne Fleury

Aus der Vielzahl der Cuvées von Fleury gab es diesmal drei Champagner.

1. Fleur de l'Europe Brut Nature

85PN 15CH. 2001er Basis mit Reserve aus 2000.

Frische Baumwollnase, dicht gewebt, fast filzig. Etwas chlorig, mittelschwer. Nicht der größte Wurf aus der Fleury-Kollektion.

2. Extra Brut 1995, dég. 2009

80PN 20CH.

Reifer 95er, dem man mit ein wenig glücklicher Spekulation das späte Dégorgement abschmecken kann. Vornerum lebhafte Frische, hintenrum altersangemessen Mürbe. Ähnliche Spannung wie bei Bedels Entre Ciel et Terre 2002. Kann noch ein ganze Weile.

3. Rosé de Saignée Brut (2007)

80PN 20CH.

Herber, kräftiger Rosé, dessen Blumendekor über sein männliches Interieur täuscht.

IV. Bertrand Gautherot, Champagne Vouette & Sorbée

Bertrand Gautherot stellte die Erzeugnisse seiner Kinder vor.

1. Fidèle

100PN. 2007er. Dégorgiert am 14. Dezember 2009. Je mehr Flaschenreife der Champagner bekommt, desto weiter entfernt er sich von seinem niedlichen Namen. Zur Zeit wirkt er kraftstrotzend und zeigt das reinste Raubkatzennaturell. Fleischig, gerbstoffig, lang.

2. Blanc d'Argile

100CH. 2007er. Am 12. Januar 2010 dégorgiert. Immer noch Banane, immer noch üppiges Erdbeer-Himbeer-Aroma, das sich mit Luft in einen gar nicht mal unangenehmen Klebstoffduft umwandelt. Sehr sportlicher, ausgeruhter und mühelos wirkender Typ, geht wie ein Rennwagen über die Zunge. Vom Holz merkt man nicht mehr ganz so viel. Wird sich weiterhin positiv entwickeln, denke ich.

3. Saignée de Sorbée

Ein 2006er. Dégorgiert am 12. April 2010. Dieser Champagner hat sich gegenüber dem letzten Mal gefangen. Ein betörender und für Roséchampagner ungewöhnlich geheimnisvoller Boudoirduft macht sich bemerkbar, floral, mit Maiglöckchen und Lilie. Ein Verkoster meint: das ist der Duft von getragenen Damenstümpfen. Wenn ich meine Damenstrümpfe ausziehe, duften die nicht so, aber wahrscheinlich meinte der Kollege das auch nicht. Am Gaumen ist der Champagner eigenwillig schön, die florale, etwas cremige Textur bleibt lang am Gaumen.

V. Vincent Laval, Champagne Georges Laval

Ohne Bart sieht er nicht mehr aus, wie Käpt'n Haddock; cool und entspannt, prächtig gelaunt präsentiert er seine Champagner, dass es eine Freude ist.

1. Cumières Premier Cru Brut Nature

2006er. 50CH 25PN 25PM. Kraftvoll, crèmig, etwas fleischig, milde Parfumnote, Duft von Nivea und Zitrusfrüchten. Am Gaumen dann pinotgeladen, weinig und gefühlvoll. Entwickelt sich scheinbar recht flott.

2. Les Chênes Cumières Premier Cru 2005

100CH. Starker Champagner in kleiner Auflage (1776 Flaschen und 49 Magnums). Haselnussnote und Aromen aus der Thaiküche. Immer wieder Zitronengras, Ingwer, Limette. Mildes Holz, superbe Sauberkeit und enormes Entwicklungspotential.

3. Cumières Premier Cru Brut Nature 2002 en Magnum

Schwebend leicht, fein, weich, haselnussig, mittelgewichtig. Schlank, doch im Kern sehr konzentriert. Da findet sich eine Ahnung von Ammoniak, die aber nicht zehrend oder sonstwie beschwerend wirkt, sondern dem Wein eine sportliche Aggressivität verleiht, die mir gut gefällt.

4. Coteaux Champenois Rouge Cumières Premier Cru 2008

Langpfeffer, Tellycherrypfeffer, Kirsche, mandel- und Aprikosenkerne. Weich, mit dennoch kerniger Säure, die sich aber nicht aufdrängt und gegen Ende etwas seifig wirkt.

VI. David Léclapart, Champagne David Léclapart

Immer Chardonnay, immer Jahrgang, immer ohne Dosagezucker und stets mit vollem BSA. Das ist die scheinbar einfache Formel, auf die sich David Léclaparts Champagner bringen lassen.

1. Amateur 2007

100CH von sechs Parzellen. Stahltankausbau. Nur ca. 2-3 freies SO2 mg/l. Rund, weinig, etwas kratzig, auch gerbstoffig.

2. Alchimiste 2007

Marzipan, Rosenwasser, Aprikosenmus, weißer Pfirsich, Orangenblüten, auch Fleur de Sel und was das Verblüffendste ist: ein Geschmack von frischer Foie Gras. Enorm.

3. Artiste 2005

100CH von zwei Parzellen. Halb Stahl, halb Barrique. Weich, schaumig, rund und lang. Schmeichelhafte und leichtfüßig daherkommende Mineralität mit darübergestreuten Zuckerblüten. Sanftes Timbre, das ein wenig der Stimme von David Léclapart entspricht

VII. Champagne Leclerc-Briant

Pascal Leclerc-Briant ist leider am 6. Oktober 2010 verstorben.

1990 begann er mit dem biodynamischen Weinbau nach Jacques Puisais in einer nur 50 Ar großen Parzelle. Im Jahr 2000 wurden erst die Lagen Les Crayères und Les Chèvres-Pierreuses, dann der gesamte Rebbestand in Cumières und Verneuil biozertifiziert. Seit 2006 ist der gesamte Rebbesitz von Leclerc-Briant bio-, seit 2008 demeter-zertifiziert. Pascal Leclerc-Briant war einer der unermüdlichen Antreiber in der Region und einer der wirkmächtigsten Biopioniere der Champagne. Auf ihn gehen die Bio-Tastings der AIVABC zurück.

1. Cuvée de Reserve Brut

70PN 30CH aus 06, 05 und 04. Mit 8 g/l dosiert. Entweder hat die zusätzliche Flaschenreife dem Champagner sehr gut getan, oder die vor einem halben Jahr probierte Cuvée de Réserve hatte einen Hau, bzw. war eben einfach noch nicht soweit. Saftig, g'schmackig, mit einer für 8 g/l schon mehr als nur leichten Süße, dennoch mit hintergründiger Kraft. Schöner Standardbrut.

2. Les Chèvres Pierreuses Cumières Premier Cru

40PN 40CH 20PM.

Mein Liebling aus der Kollektion von Leclerc-Briant. Fordernder, druckvoller Mix aus quietschlebendigem Chardonnay und nur scheinbar um Seriosität besorgtem Pinot, der gegen Ende handzahm wird.

3. Cuvée Divine 2004

50PN 50CH.

Weicher Champagner mit dem Charakter von Kalbfleischrollbraten. Was ich auf der Master Class schon festgestellt habe, bewahrheitet sich hier erneut. Der Champagner ist dicht, aber nicht fokussiert, wuchtig, aber nicht massig.

VIII. Bruno Michel

Bruno Michel erklärte mir, weshalb sein "Rebelle" diesen und nicht einen anderen Namen bekommen hat. Weil er die Biobewegung als eine rebellische Bewegung ansieht, die sich gegen den industriellen Massenwein zur Wehr setzt. Eine sympathische Begründung, wie ich finde.

1. Cuvée Blanche Brut

50PN 50CH. 07er Basis mit Reservewein aus 2006. Mit 8 g/l dosiert. Fruchtiger, für die Chardonnays aus Pierry und Chouilly recht typischer Stil, angereichert mit floralen Aromen von Geißblatt und Weißdorn. Stoffig und etwas rauh am Gaumen. Schön.

2. Cuvée Rebelle Extra Brut

2006er von alten Reben. Mit 2 g/l dosiert. Herb, griffig, gegenüber der letzten Probe deutlich runder und nicht mehr so stürmisch-kämpferisch. Kirschkerne und Birnengehäuse, drumherum weiches, sehr aromatisches Fruchtfleisch.

3. Cuvée Blanc de Blancs Pierry Premier Cru

Gegenüber der Cuvée Blanche verfeinert, geschliffener, eleganter, länger und tiefer.

4. Cuvée Rosé

80PM als Saignée und 20CH als Assemblage dazu. Dieser Champagner passt zu Andouillettes, das habe ich beim ersten mal festgestellt und dabei bleibt es nach meiner Meinung auch. Jetzt schmeckt er allerdings schon deutlich feiner nach pürierten Erdbeeren, bzw. Erdbeermargarita. Schlotzig.

IX. Franck Pascal

Neue, wie Franck Pascal einräumte auch schönere Etiketten zieren nun seine Flaschen. Der Inhalt entspricht dem, was ich bereits von ihm kennengelernt habe.

1. Sagesse Brut Nature, dég. 11. Mai 2010

57PM 38PN 5CH.

Alkoholische Nase, wässriger Gaumen. Dann viel Säure. Wieder mal ein viel zu junger Champagner von Franck Pascal. Ich wüsste zu gerne mal, wie die denn in reif schmecken. So kann ich wenig drüber sagen.

2. Tolérance Rosé, dég. 6. Juli 2010

Aus Assemblage entstanden, bilden 96% Sagesse und 6% Pinot-Noir + Pinot Meunier die Cuvée. Etwas enger zusammengeschnürt sind bei diesem Champagner die verschiedenen Stränge aus Säure und wässrig-flüssigem Aromen-Liktorenbündel. Leicht, mineralisch, fruchtarm.

3. Coteaux Champenois Rouge Confiance

Erinnert in der Nase an gedeckten Pflaumenkuchen und an den selbstgebrannten Pflaumenschnaps der Bauern in der Gegend um Nevers. Griffige, konsequent kühl und etas steinig wirkender Pinot.

Rotes Österreich

Was die deutschen Winzer ruhig bei den Österreichern lernen können: die Angaben zum Lesezeitpunkt, Vinifikation und Fülldatum finden sich erstaunlich und erfreulich oft auf den Etiketten, noch häufiger auf den gut gestalteten Webseiten der Erzeuger. Das Design ist insgesamt ein Punkt, in dem ich in Deutschland Nachholbedarf sehe. Zwar gefällt nicht jedes außergewöhnliche Etikettendesign, doch das liegt in der Natur der Sache. Mehr Mut beim Verlassen der altbackenen, oft nichtssagenden Designs wäre jedenfalls vielen deutschen Winzern sehr zu wünschen.

Die Preispolitik: mir kamen die nachfolgend probierten Österreicher alle relativ hoch bepreist vor. Nun kenne ich nicht die Verkaufspreise in Österreich, aber die probierten Qualitäten bis ca. 12,00 EUR waren ganz überwiegend nicht überzeugend, jedenfalls nicht für diese Preisklasse. Zwischen 12,00 und ca. 20,00 EUR fanden sich dann einige Weine, die ich beim Kauf in Erwägung ziehen würde, jenseits der 20,00 EUR wurde die Qualität überwiegend richtig gut, aber auch recht international im Sinne von beliebig. Unter den Cuvées fielen mir als österreichische Rebenmixe positiv auf Heinrichs einfacher Red und sein Pannobile. Die anderen Cuvées hatten immer einen Anteil Cabernet, Merlot oder gar Syrah, was die Weine nicht schlechter machte, ihr Profil aber auch nicht gerade schärfte.

1. Pfaffl, Blauer Zweigelt, 2009

Pfeffrige Nase. Kräftiger wein mit Kirsche und pfeffriger Schärfe auch am Gaumen.

2. Stiegelmar Blauer Zweigelt 2007

gefüllt am 20. Mai 2010

Brotiger Naseneindruck mit etwas Kirsche. Am Gaumen mild, etwas kirschig, beerig, kaum Tannin.

3. Tesch, Zweigelt, 2008

In der Nase rote Paprika, Kirsche, etwas Vanille. Im Mund frisch, griffig, rundlich, dabei etwas spritig.

4. Tement, Zweigelt, Temento Red, 2008

Kühl, erfrischend, leicht gerbstoffig, eher einfach.

5. Tement, Zweigelt, Selektion RT, 2007

Leicht parfumierte, zuckrig wirkende Nase. In der Nase außerdem ein Weihnachtsmarktduft von Zimt und Nelken. Im Mund dafür etwas säuerlich, mit mittlerem Grip.

6. Gernot Heinrich, Zweigelt, 2008

abgefüllt im Februar 2010

Beerenkompott, Maulbeere, etwas herber Gaumen-Eindruck.

7. Tesch, Zweigelt, Hochberg, 2008

Kirschkuchen, Rumaroma, bzw. Rumtopfnoten, dazu Marillenkerne und eine etwas kräuterige Aromatik. Im Mund mild pfeffrig, zwischen rund, sanft und herb angesiedelt.

8. Polz, Zweigelt Klassik, 2008

Kirsche mit reichlich Fruchtfleisch. Griffig, schlank, insgesamt etwas einfache Kirmesschönheit mit einer alkoholischen Schärfe zum Schluss. Gefiel mir trotzdem gut.

9. Markowitsch, Rubin Carnuntum, Zweigelt, 2008

Stinkerle mit überreifen bis angefaulten Kirschen, am gaumen dann sehr konzentriert, fleischig, mit Sandelholz und Tabaktönen. Gegen den Naseneindruck doch noch rund, organisch und ausgewogen.

10. Stiegelmar, Zweigelt, Ungerberg 2006

gefüllt am 10.Juni 2008

Sehr vanillig und vollgeholzt, darunter aber eine ordentliche Struktur, könnte auch ein sehr gelungener badischer oder fränkischer Spätburgunder sein. Flotter, ansprechender Wein, der sich mit Luft gut entwickelt und dabei immer schön schlank bleibt.

11. Tesch, Blaufränkisch, Classic, 2008

Weiche Kirschnase, auch am Gaumen rund, kirschig, weich.

12. Stiegelmar, Blaufränkisch, 2007

gefüllt am 12. Mai 2009

Veilchendurft, Mössinger Sommerwiese, nach einem druckvollen Start in der Gaumenmitte sehr luftig, ja fast schon leer, danach kommt die Tanninreserve und eine kirschsaure Abgangsaromatik.

13. Tesch, Blaufränkisch, Hochberg, 2008

Rundlich, kirschfruchtig, etwas jodig, mineralischer Eindruck. Im Mund gediegen, reif, mit leichter Süße. Ordentlicher Wein.

14. T-FX-T, Blaufränkisch, A'Kira, 2007

Konzentrierte nase mit viel Pflaume, Rumtopf und Roter Grütze. Im Mund sehr weich, fließend, ja elegant, auch etwas pfeffrig und hitzig. Sehr international wirkender Stil, aber ok.

15. Tesch, Blaufränkisch, Selektion, 2006

gefüllt am 17. Juni 2008

Aprikosenkerne, Mandelaroma, Vanillenote. Mittelschwer bis einigermaßen kraftvoll.

16. Pichler-Krutzler, Blaufränkisch Weinberg, 2007

gefüllt am 12. Mai 2009

Fassige Note, Brandyduft. Zeigt sich am Gaumen herb und kraftvoll, geht mit süsslichen Zungenrändern und einigem Druck saftig nach vorne.

17. Tement, Pinot Noir, 2006

Künstlich wirkende nase mit überwiegendem Wachsduft und angebranntem Plastik, mit Luft entwickelt sich daraus so etwas wie Zimtduftkerzenaroma. Im Mund recht süß und auch hier ein störender, wachsiger Eindruck. Nicht mein Wein.

18. Bründlmayer, Langenloiser Dechant, Pinot Noir, 2004

Zunächst ein nur zurückhaltendes Pinotdüftchen, vermischt mit jungen, noch ganz saftigen Aachener Printen, süsslich und pricklig, wirkt unruhig und etwas unentschieden, wird mir gegen Ende zu süß.

19. Polz, Steinbach, Pinot Noir, 2006

Wachsig, filzig, darunter fruchtig. Im Mund ausgewogen, mit Früchtekompott und sehr feiner kräuterwürze. Schanker, eleganter Weine, dem man Holzeinsatz praktisch nicht abschmeckt. Gefiel mir sehr gut.

20. Bründlmayer, Cecile, Pinot Noir 2005

Erdberr-Himbeer-Kompott, wirkt hochreif und etwas laktisch. Am gaumen zaghafter Griff, sauber, am Ende jedoch wieder immer süßlicher werdend, ohne ein geeignetes Säure- oder Gerbstoffgegengewicht anzubieten. Wirkt unstrukturiert und scheint mir am ehesten etwas für esoterisch empfängliche Damen zu sein, die im Kontakt mit Engeln und anderen Geistwesen stehen.

21. Markowitsch, Pinot Noir Reserve, 2007

Üppiger Holzeinsatz, für mich schon hart an der Grenze. Mit sehr viel Luft zeigt sich dann, dass der Wein darunter nicht gelitten hat. Es entfalten sich sehr bestimmt und kräftig Himbeeraromen, Quitte, auch eine leichte Teenote, der Wein ist süsslich, aber nicht einfältig, hat einen etwas spröden, noch sehr jugendlichen Schmelz, Kraft, Tiefe und Rückgrat, bleibt aber durchweg fein und hat somit alles, was Bründlmayrs Cecile leider fehlt.

22. Pfaffl, Wien 2, 2009

70ZW 30PN

Etwas staubige, sonst angenehm kirschfruchtige Nase. Einfach, aber gut.

23. Gernot Heinrich, Red 2008

BF/ZW

Ledrige Nase, animierende Säure, milde Würze, sanftes Tannin. Eine Spur ansprechender, als der Wien 2 von Pfaffl.

24. Markowitsch, Carnuntum Cuvée, 2009

85ZW 15PN

Andouilette-Nase, kurz, herb bitter, auch mit Luft nicht mein Fall.

25. Gut Oggau – Eduard Tscheppe, Atanasius, 2008

BF/ZW, demeter

Vom Etikett schaut ein Jünglingskopf, den auch Arno Breker nicht besser hingekriegt hätte. Von allen Etiketten des Weinguts schauen übrigens Köpfe. Charakterköpfe, die den Eigenschaften des jeweiligen weins entsprechen sollen. Der Atanasius nun ist tatsächlich noch ein Jüngling, der sich von jugendlicher, aber nicht versponnener oder nervtötender Säure tragen lässt, wohin, ist ungewiss, doch vermute ich, in eine eher sportliche, als gemütlich-fette Zukunft. Im Auge behalten – den Wein und das Weingut.

26. Tesch, Kreos, 2007

BF/ZW/Syrah/Merlot

Internationale Nase, die mit ihrer Mischung aus Eukalyptus-Menthol und After Eight an Neue-Welt-Weine erinnert. Im Mund weiches Tannin, aber auch lebhafte, spritzige Aromenverwirbelungen. Entwickelt sich mit Luft. Gut.

27. Stiegelmar, Heideboden, 2007

70ZW 30BF, gefüllt am 4. März 2009

Jod- und Makrelennase, darunter Frucht und Würze, seidig, glatt und straff eingewickelt in herbmännliches Tannin.

28. Pfaffl, Excellent, 2007

60ZW 20C-S 20 Merlot

Porridgenase, arg laktisch. Im Mund pfeffrig und sonst aufgrund des wohl übertreibenen BSA erwartungsgemäss erdbeer-himbeer-fruchtig und überfein.

29. Polz, Urbani, 2006

BF/ZW/C-S

Charaktervolle, sehr ansprechende Mischung aus Cherry Coke, Cassis und Langpfeffer, dazu eine Handvoll Blüteneinsprengsel und ein mittleres Gerbstoffgerüst.

30. T-FX-T, Arachon, 2007

BF/ZW/Merlot/C-S

Allerlei Kirschsorten, von dick, schwarz und saftig über Maraschino- und Cocktailkirsche bis hin zu hellrot und knacksauer. Außerdem eine fleischig-saftige, grüne Komponente wie von Sukkulenten. Mildes Tannin. Saftiger, schmatziger und leicht süßer, von Pfeffernoten fast unbeeindruckter Eindruck am Gaumen.

31. Stiegelmar S 2006

53ZW 25BF 22C-S, gefüllt am 10. Juni 2008

Beginnt verhalten, ruhig und leicht röstig, etwas brotig. Im Mund reif, volllmundig, leicht süss. Rund, andeutungsweise bordeauxig.

32. Tesch, Titan, 2007

BF/Merlot/C-S

In der Nase eine sehr ansprechende Mischung aus schwarzem Tee, Formosa Oolong, Erdbeer-Sahne-Rooibush; saftig. Im Mund ausgewogen, facettenreich, merklich strukturiert, aber nicht eckig oder klobig.

33. Markowitsch, Rosenberg, 2008

50ZW 45Merlot 5C-S

Zunächst etwas flüchtige Säure, dann ein Duft von Nivea und Cassis. Im Mund recht süss mit zupackendem Griff. Noch lange nicht im Reinen mit sich selbst, könnte aber durchaus etwas Schönes draus werden.

34. Gernot Heinrich, Gabarinza, 2007

60ZW 30BF 10Merlot; Sponti, abgefällt Mitte Juli 2009

Kaffee und Zwetschgenröster, Mandelnase und ein Hauch Rhabarber. Im Mund ziemlich geschniegelt, angenehme Herbe und erfrischende Rotfruchtigkeit halten sich spannungsvoll die Waage.

35, Gernot Heinrich, Pannobile, 2007

60ZW 40BF, Sponti, abgefüllt Anfang Juni 2009

Seidig, verhalten, anfänglich nur eine milde Erdbeer-Sahne-Nase, die sich langsam dunkler färbt und in Richtung Cassis-Brombeer-Aromatik verschiebt, mit einer Andeutung von frischem Liebstöckel, Kerbel und Estragon. Im Mund dann stoffig, griffig, krachlederner und derber als der Gabarinza, mit mehr Druck, besserer Kontrolle und mehr Mut zum Aromawagnis.

36. Zöhrer, Adonis Vinotheksfüllung, 2007

PN/Merlot

Ausgeprägte Honignote, erinnert an trockene Rieslaner Spätlese. Spritzig, freche Säure, rote Früchtchen und Aromen von eingelegtem grünem Pfeffer. Leider ein etwas kurzer Trinkspass, aber jedenfalls ein bemerkenswerter Spassfaktor. Aus einem schwarzen Glas würde es bei diesem Wein extrem schwerfallen, ihn als rot oder weiss zu erkennen.

Runder Burgunder

I. Marc Colin

Die verkosteten Weine stammen noch aus der Zeit lange vor 2005, als zwischen den Geschwistern friedliche Eintracht herrschte und Pierre-Yves Colin noch nicht mit seinen bemerkenswerten Weinen auf eigene Faust für berechtigte und positive Furore sorgte.

1. St. Aubin 1er Cru En Remilly 1999

Warmes, einladendes Schimmern in goldgelbgrün, Hundefellnase, die wenig Platz für andere, vorwiegend pflanzliche Aromen lässt. Flache Säure, mittellang und etwas zu breit geraten.

2. St. Aubin 1er Cru En Remilly 2000

Nur geringfügig schicker und ausdrucksvoller kam mir der 2000er vor. Zu der unangenehmen Hundefellnase gesellten sich Akazie, Honig und eine andeutungsweise saftige, aber doch eher wässrige Fruchtigkeit wie von gelben Pflaumen. Wieder nur wenig Säure.

 

II. Château Fuissé

1. Pouilly-Fuissé 2002

Heu, Butter und Öl.

2. Pouilly-Fuissé Vieilles Vignes 2001

Der deutlich ernstere Wein kam von den alten Reben. Feschere, forderndere Säure, die sich nicht vom ebenfalls vorhandenen Fett an die Wand drücken ließ, herber, griffiger und dichter als der einfache Lagenverschnitt. Gefiel mir.

 

III. Francois Jobard

Wieder ein Winzer, dessen Persönlichkeit sich in den Weinen spiegelt.

1. Meursault La Barre 1999

Zunächst schlug mir Schwefel entgegen, dann kam lange nichts und als ich anfing, mir über den Verlust meiner olfaktorischen Fähigkeiten Gedanken zu machen, bemerkte ich ein stacheliges Pieksen in der Nase, das als gelber Früchtekompott vorstellig wurde. Langsam und mit einer schwer durchschaubaren, hintergündigen Art entschleierte der Wein ein Millefeuille von Mineralgesteinen, das mir sehr gut gefiel und etwas nachdenklich machte.

2. Meursault Poruzot 1999

Femininer, mit einer glyceringesättigten Art, ohne gleich buttertriefend zu sein, war der Poruzot. In der Nase samtig, am Gaumen ähnlich vielschichtig, mittellang und kein Iota fruchtärmer, aber stärker an Kürbis und Sanddorn erinnernd, als der La Barre.

 

IV. Etienne Sauzet

1. Chassagne-Montrachet 2000

Spritig, hitzig, alkoholisch mit scharfer Säure. Überhaupt nicht mein Fall.

2. Puligny-Montrachet 1er Cru Les Combettes 2001

Apfel, Honigmelone, Nashibirne. Saftig, wenngleich etwas hitzig. Kam mir angenehm und reif vor.

 

V. Marquis d'Angerville

1. Meursault 1er Cru Santenots 2001

Sehr leichtfüßig und zart war der Meursault vom Marquis d'Angerville, zarte, etwas parfumiert wirkende Pfirsichnoten, die sich mit steiniger Mineralität die Waage hielten.

2. Pommard 1998 

Sauerkirschen und der Duft von alten Gewürzkisten oder eher -säcken, denn ein trocken-staubiger Duft von alten Fasern vermischt mit dem von schwitzigen Händen war auch dabei. Am Gaumen kräftig, leicht trocknend, nicht uncharmant. Männlicher, nicht ganz ausbalancierter Wein.

3. Volnay 1er Cru Champans 1998 

Etwas hysterische Fruchtsirene, Himbeertötchen, Milchkaffee und Nagellack fiel mir dazu ein und vor meinem inneren Auge entwickelte sich dazu ein corporate wife, das mit Lockenwicklern im Haar und akkubetriebenem Staubsauger in der Hand durch das marmorgeflieste Wohnzimmer saugt.

4. Volnay 1er Cru Champans 2000 

Mehr Volumen und mehr Säure hatte der 2000er Champans. Das war mir dann auch wieder zu viel, denn essigsaure Tonerde wollte ich nicht im Glas haben.

 

VI. Domaine de la Pousse d'Or

1. Santenay 1er Cru Clos Tavannes 2001 

Ein unangenehmes Erlebnis hatte ich mit diesem Wein, dessen erdige Nase zunächst ansprechend wirkte, sich im Mund aber als schlammig und faulig entpuppte. Kaputter Wein. Schade.

2. Pommard 1er Cru Les Jarollières 2000 

Sehr mittelmäßig bis enttäuschend war auch der Jarollières, bei dem die erdige Nase in Richtung Schwefelböckser varriiert wurde. Eintönig und fahl blieb der Wein am Gaumen.

3. Volnay 1er Cru En Caillerets 2000 

Als einziger aus dem Trio hatte dieser Wein einige sympathische Noten, konnte aber mit seiner auf Kirschwasser, Brett und Rahmchampignons konzentrierten Nase nicht sehr hoch mitpunkten.

 

VII. Méo-Camuzet

1. Hautes-Côtes de Nuits Clos St. Philibert Monopole 2001

Brioche, Mandelkerne, Krokant, etwas stinkig. Stumpfe Frucht und spitze Säure. Habe ich auch schonmal besser getrunken.

2. Marsannay 2001 

Dünner, tanniniger Ausdruck ohne nennenswertes Fruchtfleisch. Wie stillgewordene Kirsch-/Beerensaftschorle.

3. Fixin 2002 

Beerig, waldig, kräftig. Gut abgerundete Ecken, die noch vorhandene Säure stützt den Wein von innen her und ich denke, der Wein ist jetzt genau auf den Punkt.

4. Nuits St. Georges 1er Cru Aux Boudots 2000 

Kraftvoll, fest, dicht, aber nicht schwer. Vibrierendes Naturell mit einer belebenden Mischung aus Pfeffer, Paprika und Vanille, die über einige rote Früchte in mild-alkoholische Schärfe übergeht.

 

VIII. Armand Rousseau

Biodynamisch.

1. Gevrey-Chambertin 2000 

Duftig, fein, leicht buttrig, Erdbeeren, Himbeeren, frische Pilze, alles sehr adrett arrangiert, nur im Mund für mich eine Spur zu sauer und vielleicht schon über seinen Höhepunkt hinweg.

2. Clos de la Roche Grand Cru 2000 

Kräftiger, fleischiger, würziger und trotzdem mit derselben Eleganz und Leichtigkeit wie der Gevrey-Chambertin, wirkt auf mich etwas unruhig und entweder noch nicht ganz entwickelt oder schon wieder kurz vor dem Auseinandergehen. Gefiel mir gut.

 

IX. Domaine de la Vougeraie

1. Clos de Vougeot Grand Cru 2000 

In der Nase animalisch, tanninig, herb bis angebrannt und mit Eau de Vie abgelöscht. Im Mund der Eindruck von flüssigem Rauch, Kirschwasser, Kaffee und zahlreichen erdigen Noten.

2. Vougeot 1er Cru Le Clos Blanc de Vougeot Monopole 2000

Sanft, ausgewogen, mit einer Mischung aus gehackten Haselnüssen, Trockenkräutern und eingelegtem grünem Pfeffer. Salbei, Maronen, etwas Minze und am Ende macht sich Sprit bemerkbar. Gefiel mir besser, als der rote Clos de Vougeot.

Unabhängige Winzer unter der Lupe – Aube: Champagne Fluteau, Gyé-sur-Seine

Fluteau, Gyé-sur-Seine

Über neun Hektar verfügt dieser unter anderem von Tom Stevenson sehr positiv bewertete Aube-Winzer, dessen amerikanische Ehefrau Jennifer einen Champagnerblog betreibt: http://champagnefluteau.over-blog.com/. Die Verwandtschaft kennt man auch: Biopionier Fleury aus Courteron.

1. Cuvée Prestige Blanc de Blancs

Mineralische, enge Nase mit Salmiakbonbon, das sich im Mund wiederfindet.

2. Cuvée Symbiose Millésime 2004

50PN 50CH.

Buttercrèmige Nase, ungewohnt griffiges, dabei sehr feinkörniges Tannin, immer noch balanciert, von herber Frische und mit ansprechendem mineralischem Druck, bei mittellangem Ausklang.

3. Cuvée Reservée

85PN 15CH.

"Sheer glugginess", sagt der Decanter (http://www.decanter.com/archive/article.php?id=121968). Hat er damit recht? Drei Wörter: er hat. Grasig, mit etwas Stachelbeere und Kiwi, ohne dass der Champagner wie ein verkappter Sauvignon-Blanc schmecken würde. Leider habe ich ihn sehr kalt getrunken, daher konnten sich die geschmeidigen, weichen und weinigen Pinotaromen nicht sofort mit der Würde und Eleganz aus dem Primäraromenkonzert lösen, wie es mit etwas Temperatur dann der Fall war.

4. Blanc de Noirs

100PN.

Auch wieder von primären Aromen, diesmal Banane und Kirsche dominiert, mit etwas Luft kalter Rauch wie von Mentholzigaretten, leider mit einer wenig ansprechenden, noch nicht direkt rapsigen, aber etwas unreif und minimal kratzig wirkenden Unkrautnote. Ich weiß, dass es Leute gibt, denen das gefällt – ich gehöre nicht dazu. Leider, wie alle Fluteau-Champagner, zu kalt getrunken, daher vielleicht das etwas getrübte Geschmacksbild.

5. Brut Rosé de Saignée

100PN.

Bildhaft gesprochen ein Bauernnase. Grobschlächtig, knollig, ja kartoffelig. Und dann: überreife Honigmelone, Beerenkompott, rote Grütze, dazu ausgeprägt hefige Noten, die sich mit Malzbier vermählen und an belgisches Kirschbier erinnern. Gehört vielleicht zu den robusteren Champagnern, mancher wird sagen: typisch für die Gegend, Bauernchampagner; für mich zeigt das esamtprogramm von Fluteau, dass man sich der Vorbehalte gegen die Aube wohl bewusst ist, die Herausforderung aber annimmt. Die Champagner scheinen, soweit ich das wegen der Temperaturprobleme beurteilen kann, alle mit einer geradezu ironischen Interpretation des Bauernchampagnerthemas auf die Flasche gebracht. Ein gut gangbarer Weg, um sich vom Image der Region zu emanzipieren. Wenn Fluteau so weitermacht, steht höheren Weihen nichts entgegen.

Unabhängige Winzer unter der Lupe – Aube: Didier Doué und Champagne Velut aus Montgueux

Didier Doué, Montgueux

Beim Örtchen Montgueux läutet im Kennerkopf sofort die Jacques Lassaigne-Glocke und das erst seit kurzer Zeit. Für die meisten, selbst gut informierten Champagnerfreunde ist Montgueux jedoch noch völlige terra incognita. Dabei ist der in mehrfacher Hinsicht abseits gelegene Ort landschaftlich überaus reizvoll und von seinen Weinbergen aus hat man eine herrliche Sicht auf die mittelalterliche Minimetropole Troyes. Die 5 ha von Didier Doué werden integriert, d.h. bei ihm quasi biodynamisch bearbeitet und über seine CO2-Bilanz macht er sich zudem noch Gedanken, weshalb die ausladenden Dachflächen der Wirtschaftsgebäude komplett mit Photovoltaikzellen bestückt sind. Seine Champagner sind setets Einzellagen-Champagner (Monocrus), die Böden verfügen teilweise über Silex-Einsprengsel, die auch das Terroir bei Ulysse Collin im Sézannais so sehr bereichern. Ecocert. Für einen Betrieb, der erst seit 1980 Champagner macht, höchst respektabel.

1. Brut Selection

80 CH 20PN, 2006er Basis mit Reserve aus 2005, 10 g/l Dosage.

Brioche mit Honig und Mandelsplittern, etwas hefiges, auch etwas hoch dosiertes Naturell. Insgesamt kräftig, kommt aber schnell aus der Puste.

2. Brut Prestige

60CH 40PN, 2005er Basis mit Reserve aus 2004 und 2002, 7 g/l Dosage.

Brioche, Honig und Mandeln, im Gegensatz zum Brut Selection angereichert durch freche Säure, druckvolle Mineralität, insegesamt viel mehr Leben, Ausdauer und Rasse. Tom Stevenson sah ihn immerhin gleichauf mit zwei so unterschiedlichen und schwergewichtigen Champagnern wie der Cuvée Louis von Tarlant und beispielsweise dem Clos Jacquin von Callot (http://www.wine-pages.com/guests/tom/fizz04_3.htm), von dem es gerade einmal tausend Flaschen gibt und den ich zufällig nur kurz nach Doués Champagner probiert habe.

3. Blanc de Blancs Millésime 2002

Mit 5 g/l dosiert.

Kraftvolle Steigerung zum Brut Prestige und zum Selection, für mich beginnt mit diesem Champagner das Portfolio von Doué hochklassig zu werden. Florale, vor allem aber auf die Silexeinsprengsel zurückzuführende tiefgründige Mineralität, die zum Kauen anregt, dazu wieder Brioche, außerdem hochelegant, weisser Pfirsisch und Nashibirne. Ein würdig vinifizierter 2002er.

4. Brut Nature

70CH 30PN, 2006er Jahrgang aus dem lieu dit le Corre.

Nackt und herzhaft, sprich drall, jedoch nicht plump oder hitzig, sondern mit einem kühlen, etwas distanzierten Habitus. Reizvoller Champagner, bei dem mir noch nicht ganz klar ist, warum er als Einzellage vinifiziert wurde, aber da es nicht meine letzte Begegnung mit Didier Doués Champagner sein wird, kann ich darüber in Zukunft ja vielleicht noch mehr lernen.

5. Rosé

85CH 15PN, 2006er Basis mit Reserve aus 2004, 10 g/l Dosage.

Selten finde ich eine Dosage von 10 g/l oder mehr angemessen oder gar schmackhaft. Bei diesem Rosé hat mich der Schleckermaulfaktor voll erwischt. Mandeln, Holz und Rauch umwehen den ersten Schluck, bevor sich eine tiefgründige, zwischen triefend-saftig und knisternd-knackig kandiert changierende Blutorangenaromatik entwickelt. Ein herbes, etwas dünnes finish tut der Freude keinen Abbruch.

 

Champagne Velut, Montgueux

Die sieben Hektar des Erzeugers sind größtenteils mit Chardonnay bestockt.

1. Brut Tradition

75CH 25PN

Einen beeindruckenden Start legte der Brut Tradition hin, was gemeinhin als gutes Zeichen gewertet werden darf. Schnelle, starke Entfaltung ausgeruhter und sehr motivierender, von schlanker Säure getragener Apfel-Birnenaromen am Gaumen. Als gälte es, mit einem Panzerregiment tief in den feindlichen Raum vorzudringen besetzt dieser Champagner die strategisch wichtigen Punkte an Zungenspitze und -rändern. Dazu passte die etwas starre, pektinige Rüstung des Champagners.

2. Cuvée Speciale, Blanc de Blancs

Nicht mehr ganz so aufregend und rapide arbeitet die Cuvée Speciale sich vor. Klar, limettig, frisch, mit einer ununterbrochenen, sauberen, Apfel und Birne duplizierenden Aromatik aber ohne den rechten Schwung, wie ihn der einfache Brut Tradition gezeigt hatte. Trotzdem eine überaus solide Leistung.

3. Rosé

100PN

Muffig, aber nicht korkig, erdig, im Kern etwas zu dick und unausgewogen, mit einem allzustark rot durchscheinenden Charakter war abschließend der Rosé.

Riesling Grosse Gewächse 2007

Karl-Heinz Frackenpohl hatte nach Engelskirchen geladen und es hat sich gelohnt, der Einladung zu folgen. Vielen herzlichen Dank an dieser Stelle dafür!

Die jeweiligen Flightsieger sind fett wiedergegeben.

Der Moselflight hatte die undankbare Aufgabe, das muntere Treiben zu eröffnen und tat sich leider etwas schwer.

I.1 Grans-Fassian, Trittenheimer Apotheke, alte Reben

Dicklich, konzentriert, zitronig, aber unfrisch und kurzatmig. Gefiel mir nicht besonders.

Meine Punkte: 87

Platzierung/Rundendurchschnitt: 36/88,33

I.2 von Schubert'sche Gutsverwaltung, Maximin Grünhäuser Abtsberg "Superior"

Erster Gedanke: Sponti? Zweiter Gedanke: Weinfehler? Bienenwachs und florale Töne, darunter immerhin eine recht frische Beerennase. Den Gedanken an einen in die Hose gegangenen BSA wurde ich dennoch nicht los. Im Mund dann sehr wenig und eher breiig-milchige Säure mit dünn gehäckselten Kräutern. Auch nicht mein Fall.

Meine Punkte: 86

Platzierung/Rundendurchschnitt: 35/88,85

I.3 Eitelsbacher Karthäuserhofberger Auslese trocken "S"

Der erste feinere, moseltypischere Wein des flights. Im Mund dichter und herber als gedacht, im Hintergrund minimales Petrol, Basilikum und Aprikose.

Meine Punkte: 88

Platzierung/Rundendurchschnitt: 30/89,77

I.4 Wegeler, Bernkasteler Doctor

Kalkig, pudrig, mit Melone und Drachenfrucht. Leicht pricklig, Minifirne, die von einer frischen Kräuterwürze eingehüllt wird. Schlanker, gleichzeitig schon gut entwickelter Wein.

Meine Punkte: 90

Platzierung/Rundendurchschnitt: 24/90,00

I.5 Reichsgraf von Kesselstatt, Josephshöfer

Wieder Bienenwachs, sonst sehr mineralisch, einfaches, nicht sehr anregendes Petrol, im Mund aprikosig, eher eng.

Meine Punkte: 88

Platzierung/Rundendurchschnitt: 25/90,00

I.6 von Othegraven, Kanzemer Altenberg

Corned Beef. Mit viel Luft immer noch eine diffuse, nur minimal fruchtige Nase. Am Gaumen irgendwie leer und ereignislos.

Meine Punkte: 86

Platzierung/Rundendurchschnitt: 33/89,62

I.7 van Volxem, Wiltinger Gottesfuss

Rund, knusprig, schlank, trotz seiner fröhlichen Art glatt, gepflegt, seidig und fein, merklicher Restzucker, der ihm wegen seiner dennoch herben, kernig-gesunden Art gut steht.

Meine Punkte: 90

Platzierung/Rundendurchschnitt: 18/ 90,92

I.8 Heymann-Löwenstein, Winninger Uhlen R

Tannenholz. Kühl, schieferig, vermittelt einen dunklen Eindruck. Im Mund geht der Wein recht weit auf, zeigt aber neben Butter und leicht alkoholischer Schärfe – noch – nicht viel.

Meine Punkte: 89

Platzierung/Rundendurchschnitt: 10/91,54

Cassoulet von weißem und grünem Spargel mit Scampi und gebackenem Estragon

Ein sehr gelungener flight und vielleicht der schönste des Abends war der nun folgende flight, in dem Rheinhessen zeigen konnte, wo der Rieslinghammer hängt.

II.1 Dönnhoff, Hermannshöhle

Mildes Mineral, crèmig, mit Orangenblüten; im Mund lebhaft, stoffig und griffig, stark, aber nicht schwer, wird leider schnell alkoholisch.

Meine Punkte: 88

Platzierung/Rundendurchschnitt: 31/89,77

II.2 Wittmann, Brunnenhäuschen

Sanddorn, Quittenmus, Vitamin C. Mit Luft entwickelt sich daraus wundersam eine Apfeltarte. Lang, dabei elegant und durchweg griffig. Die Verwandtschaft zum Morstein konnte man mehr raten, als allenfalls entfernt ahnen.

Meine Punkte: 90

Platzierung/Rundendurchschnitt: 20/90,65

II.3 Keller, Abtserde

Kork

II.4 Künstler, Hochheimer Hölle Goldkapsel

Viel Apfel, aber auch weißer Pfeffer, Kalk, Birnenchutney. Animierende, vitale Säure, etwas zu schnell weich ausgleitend.

Meine Punkte: 89

Platzierung/Rundendurchschnitt: 6/92,38

II.5 Keller, Morstein

In der Nase neben dem Früchtekorb vor allem Butter, Zucker, Karamell. Im Mund erneut eine höchst frugale Angelegenheit mit Birne, Apfel, Reineclaude. Saftig und lang.

Meine Punkte: 92

Platzierung/Rundendurchschnitt: 10/91,54

II.6 Wittmann, Morstein

Großer Wein. Zusätzlich zum Obstsalat sehr viel Mineral, nasser Stein, Moos, vielleicht am Ende auch schon die ersten Petrolnoten. Lang, vielschichtig, turbulent, überraschend und begeisternd.

Meine Punkte: 94

Platzierung/Rundendurchschnitt: 1/93,77

II.7 Keller, G-Max

Herb, mit Johannisbeere, Stachelbeermus, Rhabarber, außerdem eine körnige, an Dinkel oder Roggen erinnernde Nase. Auch viel Mineral. Gegenüber dem Morstein von Wittmann dichter gepackt, infanteristischer.

Meine Punkte: 93,50

Platzierung/Rundendurchschnitt: 2/93,54

II.8 Leitz, Rüdesheimer Berg Rottland, alte Reben, Goldkapsel

Bienenstich. Vollmundig, rund, dabei kraftvoll und herbfrisch. Nicht so bepackt wie der G-Max und ihm gegenüber etwas im Nachteil – alleinstehend würde er sicher besser abschneiden.

Meine Punkte: 91

Platzierung/Rundendurchschnitt: 14/91,31

Maischolle Finkenwerder Art mit Wirsinggemüse

Dieser flight hatte es nach den drei starken Schlussweinen des Vorgängers nicht leicht, hatte aber eine probentaktisch klug eingebaute Brücke in Form des Frauenbergs von Battenfeld-Spanier.

III.1 Wagner-Stempel, Heerkretz

Dick, wuchtig, mit Aprikose und Pfirsich, von pfälzischer Machart. Am Gaumen derselbe Eindruck, wird mit Luft etwas lakritzig, was ich nicht besonders schätze. Zum Essen dann eine sehr gute Sache, was den Wein gerettet, aber nicht über die 90 Punkte gebracht hat. Leider nicht mehr lange genug im Glas gehabt, um die weitere Entwicklung zu beobachten.

Meine Punkte: 89,5

Platzierung/Rundendurchschnitt: 32/89,69

III.2 Diel, Burgberg

In der Nase Pilze, vor allem Morcheln. Die schlanke, griffige, auch etwas spritige Art wird im Mund von einer etwas kaugummiartigen Konsistenz beherrscht, der Wein entzieht sich scheinbar dem Gaumen und bleibt dadurch unfokussiert. Habe ich auch schon eleganter getrunken.

Meine Punkte: 89

Platzierung/Rundendurchschnitt: 34/89,46

III.3 Battenfeld-Spanier, Frauenberg

Großer Wein. Tiefgründig, mit viel mineralischem Druck, offenbar der reinste Kalklolly. Pricklig, mit frischen Pilzen, Kombuchaaromatik.

Meine Punkte: 93+

Platzierung/Rundendurchschnitt: 8/91,92

III.4 Emrich-Schönleber, Monzinger Halenberg

Kalkig, pfeffrig, Paprikanoten, vielleicht auch etwas zu alkoholisch. Ohne seine pudrige, um kühlenden Ausgleich bemühte Art wäre er unter 90 gerutscht.

Meine Punkte: 90

Platzierung/Rundendurchschnitt: 19/90,92

III.5 Dönnhoff, Norheimer Dellchen

Apfel, Mandelsplitter, Buttercrème, fein, schlank und damenhaft bis hin zu einer spätkolonialen Limonadenhaftigkeit, die aber nicht ins kitschige abgleitet, sondern herb und griffig bleibt. Am Ende immer noch schnittig mit einer Spur von schwarzem Tee. Zeigt schon die gefährliche Schlotzigkeit der Dönnhoffweine.

Meine Punkte: 91

Platzierung/Rundendurchschnitt: 21/90,85

III.6 Schäfer-Fröhlich, Felseneck

Meiner Meinung nach Kork

Platzierung/Rundendurchschnitt: 16/91,00

III.7 Diel, Dorsheimer Goldloch

Anstrengender Wein. Zwischen Rumtopf, Bratapfel, überreifem Obst, Rumrosine und untypischer Altersnote kurvt der Wein herum, ohne zu kollidieren. Das spricht meiner Meinung nach dafür, dass seine positiven Komponenten den Schwerpunkt der Würdigung verdienen, daher trotz aller Bedenken 91 Punkte, die Runde sah es überwiegend anders.

Meine Punkte: 91, aber hart an der UTA vorbei

Platzierung/Rundendurchschnitt: 37/88,29

Geschmorte Kaninchenkeule mit Kartoffelstampf, sautierten Möhrchen und weißen Rübchen nach Mutter Frackenpohls Art

Sicher hat nach der vermehrt durchwachsenen bis negativen Kritik am Rheingau nicht jeder mit einem so starken flight gerechnet, wie er dann aus genau diesem Gebiet kam.

IV.1 Spreitzer, Hattenheimer Wisselbrunnen

Mostig, mit Jasminteenase. Klebrig, mit einer Mischung aus Kamille und Bienenwachs. im Mund düster, kraftvoll und dick. Wirkt etwas unausgeglichen.

Meine Punkte: 89

Platzierung/Rundendurchschnitt: 27/89,92

IV.2 Kesseler, Berg Roseneck

Wegen seiner massiv irritierenden flüchtigen Säure und seiner unruhigen, bizzligen Art von mir deutlich unter 90 gehalten. Wirkte mir in diesem Stadium allzu unruhig und eindimensional, könnte was draus werden, denn die Entwicklung mit Luft war sehr langsam, aber mit klarer Aufwärtsbewegung.

Meine Punkte: 88 mit viel Potential nach oben

Platzierung/Rundendurchschnitt: 11/91,54

IV.3 Robert Weil, Gräfenberg

Dünn, wässrig, verschlossen. im Mund schlank und etwas spritzig. So sexy wie ein isotonisches Getränk für Triathleten.

Meine Punkte: 89

Platzierung/Rundendurchschnitt: 29/89,85

IV.4 Schloss Johannisberg, Johannisberger

In der Nase überwiegend süße Kräuter wie man sie auf der Kirmes in Kräuterbonbonform bekommt. Auch im Mund viele Kräuter, dabei schlank und leicht, von einer seltsam verschatteten Süße.

Meine Punkte: 89

Platzierung/Rundendurchschnitt: 26/90,00

IV.5 Georg Breuer, Nonnenberg

Großer Wein. Ein harter Hund, der Jean Reno unter den Rieslingen. Erdig, mit Blüten aus der Natursteinmauer, Farne, fette, wuchernde Kräuter und im Mund geht die Post so richtig ab. Eine Prügelszene auf dem Dach einer rasenden New Yorker U-Bahn könnte nicht mitreißender sein.

Meine Punkte: 93

Platzierung/Rundendurchschnitt: 7/92,23

IV.6 Kesseler, Berg Schlossberg

Ebenfalls sehr starker Wein. Völlig andere Richtung, asiatischer, puristischer, so wie ein Parfum von Issey Miyake. Formosa Oolong, Earl Grey, Mangopurée. Schlank und rassig, betont zurückhaltende Säure.

Meine Punkte: 92,50

Platzierung/Rundendurchschnitt: 17/91,00

IV.7 Kühling-Gillot, Niersteiner Pettenthal

Nochmal starker Stoff. Wieder viel nasser Stein, Rotliegendes, das sonnenbeschienene Rheinufer, wie es lebt und pulsiert. Am Ende mit einem leichten Süßehaken, der minimal malzig ankommt.

Meine Punkte: 92

Platzierung/Rundendurchschnitt: 3/92,75

IV.8 Schloss Schönborn, Pfaffenberg

Konzentrierter, dicker, pfäffischer, verschmitzter Wein. Gummibärchen, Weingumminase. Mit Luft ausziselierter, mineralischer, ernster. Sicher nicht jedermanns Sache.

Meine Punkte: 91,50

Platzierung/Rundendurchschnitt: 23/90,15

Die Pfalz musste den Schließer geben, erledigte die Aufgabe allerdings mit Bravour – was nach den vorangegangenen Weinen eine beeindruckende Leistung ist.

V.1 Dr. Bürklin-Wolf, Gaisböhl

Schon mit relativ viel Petrol und eher wenig, aber stets präsenter und nicht völlig untergeordneter Säure. Von üppiger Statur. Buttrig, aber mir doch insgesamt noch etwas kurz.

Meine Punkte: 90

Platzierung/Rundendurchschnitt: 13/91,46

V.2 Mosbacher, Forster Ungeheuer

Gut trinkbarer, facettenreicher und ausgewogener Riesling aus der Honig-Orange-Familie; wirkt auf mich etwas frühreif, aber durchaus betörend.

Meine Punkte: 91,50

Platzierung/Rundendurchschnitt: 12/91,54

V.3 Christmann, Idig

Die Marshmallownase scheint einen reuelosen, kurzweiligen Rieslinggenuss ankündigen zu wollen, im Mund dagegen eine herbe, rapsige Angelegenheit, die noch sehr unfertig wirkt.

Meine Punkte: 89

Platzierung/Rundendurchschnitt: 15/91,23

V.4 Dr. Bürklin-Wolf, Pechstein

Hochgewachsen, rassig und schlank, Typ römische Patrizierin. Zitrusfrischer Mund, Bergamotte, aber auch ein anschmiegsamer, biegsamer, elastischer und spannungsvoller Körper und mineralischer Druck, der eine starke Zunge fordert.

Meine Punkte: 93

Platzierung/Rundendurchschnitt: 22/90,62

V.5 Reichsrat von Buhl, Kirchenstück

Saftige Orangennase, charmante Süße, erdiger, würziger, Bodenhaftung vermittelnder Ausgleich, sozusagen der Onkel Dittmeyer des flights.

Meine Punkte: 92,50

Platzierung/Rundendurchschnitt: 4/92,69

V.6 Keller, Hubacker

Hagebuttennase, Holzapfel, herb, kräftig und männlich, im Mund geschliffen, auch wieder apfelig, etwas hitzig.

Meine Punkte: 92,50

Platzierung/Rundendurchschnitt: 9/91,92

V.7 Ökonomierat Rebholz, Kastanienbusch

Gebrannte Kräuter, Vanille, Jod, eine etwas schwierig einzuschätzende Kombination. Mittelgewichtig, mit Potential nach oben. Zusammen mit Wittmanns Morstein und Christmanns Idig sicher noch einer der unfertigsten Weine des Abends.

Meine Punkte: 91

Platzierung/Rundendurchschnitt: 5/92,46

Erdbeer-Blaubeer-Salat im Mürbeteigschiffchen mit Vanilleschaum und Minze

Zum süßen Ende gab es noch

Dr. Bürklin-Wolf, Deidesheimer Kalkofen Riesling Beerenauslese 1959

Mokka, Pflaumenmus, Walnuss, Mandelkrokant, Sherry. Keine bezwingende Süße, sondern eine langsam metallisch werdende Art, die den Abstieg einleitet. Musste jetzt und konnte auch noch mit Freude getrunken werden. Passte sehr gut zu Blaubeere und Mürbeteig.

Meine Punkte: 91
nicht in der Rundenwertung

Pfingsten in der Champagne

La Banque

Flammneu ist die Bar au Champagne in Epernay, im ehemaligen Gebäude der Nationalbank. Grosszügig ist die Schalterhalle, mit langer Theke und dahinter einer halboffenen Küche, die Bestuhlung ist bistromäßig. Über die Inneneinrichtung kann man streiten, die kühl und dunkel wirkende Halle ist sparsam dekoriert, die großzügigen Leuchter über der Theke würden stimmiger wirken, wenn die ikeahaften Stoffbahnen drumherum nicht wären. Stahl, Alu oder Kristall hätte da besser gepasst. Im hinteren Teil der Bar ist ein kleiner Restaurantbereich mit größerer Bestuhlung und anständigen Tischdecken, dahinter geht es dann zur hübschen Terrasse. Ausgeschenkt werden sechsundfünfzig Champagner, davon die Hälfte glasweise. Richtige blockbuster habe ich auf der Karte nicht gefunden, aber ich habe mich ja auch noch nicht ganz durchprobiert. Der Service wirkt etwas unbeteiligt, ist aber recht flott. Die Preise sind ganz schön happig und angesichts der nur durchschnittlichen Küchenleistung zu hoch. Die Toiletten im Keller befinden sich im ehemaligen Tresorraum, zur Herrentoilette gelangt man, indem man durch die Damentoilette marschiert, was natürlich irrsinnig charmant ist. Trotzdem werde ich mich für eine gute Bistroküche künftig die noch ca. dreißig Meter bis zum Berceaux schleppen.

I. Kaltes Rote-Bete-Süppchen, dazu Pierre Mignon Brut Grande Réserve (80PM 10 CH 10 PN) – fein fruchtig, dicht, nussig, mit weißen, auflockernden Blüten. Passte schon ganz gut zum sparsam gewürzten, etwas erdig rüberkommenden Süppchen.

II. Croustillon mit Ziegenkäse und Brie, dazu Apfel, Rote Bete und Speck, dazu Ruffin et Fils Cuvée Volubile (70PM 20CH 10PN) – fruchtig, erinnert an Zitronenseife, ist ein offensichtlich als Sommerchampagner für das Einsteigerpublikum gedachter und gemachter Champagner, dessen sehr fortschrittliches Etikett auch von einer der in Designfragen ebenfalls oft sehr fortschrittlichen südfranzösischen Grosskellereien hätte stammen können. Ziegenkäse, Brie, Apfel und Rote Bete fügten sich dazu gut.

III. Kaltes und Heißes von der Entenleber, dazu Fleur de Sel, Birnenchutney mit Zimt, Physalis und geröstetes Landbrot, dazu Pierre Gimonnet Blanc de Blancs Cuis Premier Cru – Birne, Zitrone, Klarheit und Frische, sehr schmale Dosage, gegen Gimonnet kann man ja nie etwas haben und auch hier enttäuschte er nicht.

IV. Maishühnchenfrikassée mit dick geschnittenen Kartoffeln und getrüffeltem Risotto, dazu Pierre Peters Blanc de Blancs Cuvée de Reserve Grand Cru – der Sud vom Frikassée war sehr gut, die Hühnchenteile jedoch trocken, faserig, zu dick und wahrscheinlich nicht lange genug mitgekocht. Da konnte dann auch der zuverlässige Pierre Peters nichts mehr retten, im Gegenteil, er verstärkte den trocknenden Eindruck vom Hühnchen noch.

V. Kotelett vom Ibericoschwein mit Honigsauce, dazu weiterhin der Pierre Peters – das Kotelett war anständig gebraten, mit schmackhaftem, nicht zu großem Fettrand, das Fleisch zart und ordentlich, aber noch keinesfalls so aromatisch, wie ich es von einem Iberico-Schweinderl erwarte. Die einfache, aber gute Honigsauce allein rettete das Gericht nicht.

Besuch auf der Domaine Ulysse Collin, Olivier Collin

Besuch bei Ulysse Collin in Congy. Olivier, bei dem der Champagner-Enthusiasmus förmlich greifbar ist, führte Fasskeller, Böden (in der Chardonnayparzelle liegt etwas Feuerstein/Onyx mit im Kalk) und Weine vor. Früher verkaufte die Familie alles an Pommery, seit 2004 (wäre die katastrophale Ernte 2003 nicht gewesen, hätte er damit losgelegt) macht Olivier lieber seinen eigenen, von Lehrmeister Selosse (ein Praktikum beim Burgunderchampagnerchef im Jahr 2001 machte den Paragraphenjünger Collin zum Winzer) inspirierten Champagner. Er arbeitet aufgrund seiner noch beschränkten Möglichkeiten nur in Ansätzen biodynamisch und experimentiert seit 2004 mit zahlreichen Fässern von zahlreichen Küfern und aus allen möglichen Hölzern, von der Akazie bis zur Kaukasus-Eiche ist alles dabei. Seine Grundweine gären so lange, wie sie gären müssen, nimmt man den Stopfen aus einem der vielen Fässer, kann man dem Wein noch im Mai dabei zuhören. Vergoren wird mit weinbergseigenen Hefen spontan, was sieben, acht Monate dauern kann und locker 12,2% vol. alc. bringt. Durch die zweite Gärung kommen noch einmal 1,5% vol. alc dazu, so dass die fertigen Champagner hart an der 14%-Marke kratzen. Beim Blanc de Noirs wurde daraus ein Problem bei der Weinkontrolle, die sich erst gegen den außerdem zwibelschalenfarbenen Wein wehrte (der Pommery Springtime Rosé ist im Vergleich blasser). Am Ende konnte Olivier den Wein doch noch als Blanc de Noirs deklarieren und das ist mehr als gut so. Insgesamt liegen die Weine 13 Monate im Fass, bevor die parzellenreinen Champagner draus werden. Dosiert wird extra brut, um die 2 g/l, nach dem BSA kommt freies SO2 bei ihm auf ca. 15 mg/l. Weil er nur insgesamt knapp 5 ha mit Chardonnay und Pinot-Noir bewirtschaftet (Pinot Meunier wird verkauft), sind seine Champagner bislang meist reine Jahrgänge, Ausnahmen waren 2006 mit 10% Reservewein und 2007 mit 30% Reserveweinanteil.

I. Blanc de Noirs aus der Parzelle Les Maillons, dég. 13. März 2010

2006er. Jungfernjahrgang.

Aromensprengbombe! Feinstes Holz, kandierter und schokolierter Ingwer, Orangenfilets, Jod. Saft und Mineral in einer Form, die vielleicht zur Zeit nur Selosse-Schüler hinbekommen. Das heisst vor allem: an dem Champagner ist trotz seines Feuerzaubers nichts dauerhaft ermüdendes, der Champagner ist unangestrengt und er strengt nicht an, trotz seiner vielen, die Aufmerksamkeit fordernden Facetten. Nach Deutschland haben es gerade einmal lachhafte 204 Flaschen geschafft, von denen ich mir überlege, einfach ALLE zu kaufen, so gut ist das Zeug.

 

II. Blanc de Blancs aus der Parzelle Les Perrières, dég. 17. Februar 2010

2006er Basis mit 10% 2005er Reservewein

Ganz anders der Chardonnay. Schlank, mit einer flächendeckenden Säure. Wenn der Blanc de Noirs die Sprengbombe ist, dann ist der Blanc de Blancs der daisy cutter. Der mäht Mikrometer über der Zungenoberfläche einfach alles um. Dieser Chardonnay stammt aus der besagten Parzelle mit den Feuertsein/Onyx-Einsprengseln. Eine dramatische feuersteinigkeit hat er indes nicht gerade. Mineral jedoch zuhauf, und eine Steinigkeit, die zwar nichts mit Feuerstein zu tun hat, aber einen provokant guten Chardonnay ergibt.