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Halwart Schrader: Die besten Champagnerlagen

Halwart Schrader: Die besten Champagnerlagen

Hoffmann-Verlag, Gerlingen, 1. Auflage 2005, 328 S. – ISBN: 3935834187

Im praktischen Format und mit champagnerabweisendem Einband kommt dieser kleine Champagnerführer daher. Es gibt eine kurze, aber rundherum zufriedenstellende, pflichtgemäße Einführung in Geschichte, Herstellung und ein wenig darüber hinaus reichendes Nutz-Wissen rund um den Champagner. Schrader erklärt dabei, dass die Auswahl und Beurteilung völlig subjektiv (was nicht heißt: willkürlich) erfolgt ist und Punkte nicht vergeben werden. Das nimmt dem Werk die autoritäre Aura eines großkopfeten, mit apodiktischen Urteilen durchsetzten Standardführers und gibt dem Büchlein einen sympathischen touch. Etwas genauer hätten die Ausführungen zu den zugelassenen Rebsorten sein können, dann wäre die Irritation angesichts der von Robert Dufours Pinot-Blanc Champagner später nicht so groß. Sehr dankenswert sind die Ausführungen zur Arbeit im Weinberg, speziell zum Rebenschnitt, einem großen Mysterium für viele Champagnerfreunde. Die Erläuterungen zu den Analysewerten des Champagners sind auch für Nichtchemiker gut verständlich und ich habe Vergleichbares bei anderen Champagnerbüchern immer vermisst.

 

Dann geht es auf S. 41 auch schon los mit den Champagnerhäusern. Der Autor nimmt uns mit auf eine Tour durch die Champagne, die er kurzerhand in sechs Regionen gliedert. Ob es dabei unbedingt nötig gewesen wäre, die Côte des Bar zwei zuteilen, mag dahin stehen. Die Vorstellung der einzelnen Erzeuger folgt einem bewährten Muster: Adresse und Anfahrtsbeschreibung – was angesichts der zum Teil sehr dörfischen Verhältnisse in der Champagne profonde sehr zu begrüßen ist -, danach Besuch und Degustation, garniert von ein paar mal besseren, mal nicht so überzeugenden Farbaufnahmen und einem Bezugsquellennachweis, soweit möglich. Das ist leider auch schon ein Hauptangriffspunkt für das Werk, denn der Bezugsquellennachweis ist nicht sehr zuverlässig und der interessierte Kunde wird, oft ganz und gar unzutreffend, auf Hawesko verwiesen, manchmal auch an Händler, die den betreffenden Champagner gar nicht führen, zum Teil werden gar keine Bezugsquellen für Deutschland benannt, obwohl es durchaus gut zugängliche Lieferanten gibt. Zwar findet in der Champagnerbranche ein Bäumchen-wechsle-dich-Spiel statt, das den Überblick leicht verlieren lässt, aber gerade deshalb ist ein ambitionierter Weinführer doch in der Regel auch ein Einkaufsführer.

 

Die Degustationsnotizen lesen sich gut und nachvollziehbar, sind nicht von unnötiger Weinansprache durchsetzt und langweilen keineswegs. Lediglich die Reihenfolge der aufgeführten Champagner könnte durchgehend stringenter sein, so ist es z.B. nicht angezeigt, erst die Belle-Epoque Rosé, dann die Belle-Epoque Blanc und danach den Millésime von Perrier-Jouet zu trinken. Die umgekehrte Reihenfolge wäre folgerichtig. Bei Salon entsteht zudem der Eindruck, dass der Autor diesen außergewöhnlichen und legendären Champagner gar nicht verkostet hat. Das ist aber lässlich, denn Schrader besucht neben den sowieso bekannten und berühmten Häusern auch eine ganze Reihe kleiner Erzeuger, an denen man sonst vielleicht vorbeifahren würde, die man niemals aufsuchen würde oder von denen man einfach bis dato zu Unrecht nie gehört hat. Da liegt ein wichtiges Verdienst dieses Entdeckungsreisenden, der dabei nicht selten mit Richard Juhlin über Kreuz liegt. So fand Juhlin Gallimards Rosé fehlerhaft und vergab 30/100 Punkte, was nahezu untrinkbar bedeutet; Schrader lässt den Champagner hingegen mit herben Kräuternoten und Calvados zu jedem Hauptgericht passen. Das muss jedoch nicht beunruhigen, denn Schrader weist den Leser ja schon zu Beginn auf seine Subjektivität hin und als einigermaßen geschulter und interessierter Champagnerfreund kann man durchaus wissen, dass auch ein Richard Juhlin – auf den Schrader in Zusammenhang mit Diebolt-Vallois auch Bezug nimmt – seine Eigenheiten hat.

 

Ausgesprochen engagiert ist es, dass der Autor offensichtlich den Weg bis in das doch recht abgelegene Serzy-et-Prin auf sich nahm, um den Winzer Yves Delozanne aufzusuchen – einen der zahlreichen Winzer in dieser sehr weit westlich gelegenen Region der Champagne, die mit einem hohen Anteil Meunier arbeiten und dabei mehr als nur vorzeigbare Resultate erzielen. Dass Jacky Charpentiers leider überraschend knapp beschriebene Cuvée Pierre-Henri überwiegend aus Pinot Noir besteht, ist richtig, die im Buch ausgewiesenen 30% Chardonnay dürften jedoch falsch sein. Bei Laurent-Perriers Spitzencuvée hätte ich mir gewünscht, dass der Autor etwas stärker auf das Multi-Vintage Konzept eingeht, was er schon bei Krugs Grande Cuvée versäumt. Bei Bollinger hätte ein Hinweis auf die Vieilles Vignes Francaises nicht fehlen dürfen, auch verwundert es, dass Schrader den relativ bekannten Stillwein Côtes aux Enfants mit keinem Wort würdigt. Dem Buch hätte letztlich eine sorgfältigere Fehlerkorrektur gut zu Gesicht gestanden, denn der Lesespass wird durch die übermäßig vielen Rechtschreibfehler getrübt – das ist vor allem deshalb schade, weil Schrader einen angenehm lesbaren, leichtfüßigen Schreibstil hat, der den Leser förmlich mit in die Probierstube des Winzers nimmt.

 

Abgeschlossen wird das Buch von einem kleinen Französisch-Deutschen Wörterbuch, das als Kommunikationshilfe beim Champagnerkauf dienen soll und auf gerade einmal dreieinhalb Seiten die wichtigsten Vokabeln dazu versammelt. Daran schließt sich ein nach Regionen gegliederter Suchbereich an, in dem noch einmal alle besprochenen Champagnerhäuser jeweils alphabetisch gegliedert aufgeführt werden.

 

Alles in allem eine gelungene Erstauflage, der hoffentlich noch zahlreiche weitere folgen werden. Die zahlreichen Fehler sind nicht fachlicher Natur, sondern dem Verlag anzulasten, der nicht beim Lektorat sparen darf. Abschließend hervorzuheben ist noch die beigefügte DIN A4 große Faltkarte, auf der die wichtigsten Ortschaften gekennzeichnet sind, was die Reiseplanung enorm erleichtert. Für gerade einmal 22,00 EUR ist "Die besten Champagnerlagen" ein ausgesprochen empfehlenswerter, lesenswerter und unverkrampft ambitionierter Führer, der nicht nur Champagneranfängern, sondern auch Fortgeschrittenen echten Nutzen beschert.

peek-a-boo: Neue Welt

Roadshow Freund/Pacific Wine im Interconti, Düsseldorf, 08. Sep. 2009

I. Schug

Walter Schugs Carneros Estate liegt in der kühleren Sonoma-Küstenzone, daher die Konzentration auf Pinotrebsorten. Morgendlicher Nebel hüllt die Trauben im Sommer oft bis zur Mittagszeit ein, bevor Sonne und der ständig fächelnde, mitunter heftig pustende Wind ihn auflösen.

1. Pinot-Noir Sonoma Coast 2007

Europäisch anmutender, holzarmer Stil, Konzentration auf schlanke Mineralität und rotes Beerenobst

2. Pinot Noir Carneros 2007

Griffig, stärker holzgeprägt (neun Monate in frz. Barriques, davon 30% neues Holz), bei gleichbleibend kühler Stilistik

3. Pinot Noir Heritage Reserve Carneros 2006

40% neues französisches Barrique, bissig, mit viel Kirsche und einer leicht dropsigen Art

II. Shafer

Im Stag’s Leap zu Hause und prominent vor allem wegen des Hillside Select Cabernet. Der Relentless ist praktisch das Rhônegegenstück dazu.

1. Relentless 2004

80% Syrah, 20% Petit Syrah, satte 30 Monate im Barrique, dunkelst, dickflüssig, wälzt sich der Wein wie Lava ins Glas. Opulente, schwarzbeerige, etwas rosinige Nase mit Zedernholz und Muskatnuss, im Mund weich, dicht, amaronig mit einem Veilchenblütenbelag am Gaumen, sehr lang

III. Francis Ford Coppola

1. Pinot Noir Silver Label Diamond Collection 2007

Eukalyptus-Mentholnase, Erdbeer-Himbeermix, gut strukturierter, ganz munterer Wein

2. Cabernet-Sauvignon Ivory Label Diamond Collection 2006

Weiche an Kirschjoghurt erinnernde, milde Neuweltnase, mit einer Spur Graphit. Im Mund leicht, flauschig, wie Trinkjoghurt, süssliche Art. Nicht mein Fall.

3. Director’s Cut Pinot Noir 2007

Zwölf Monate in 60% neuen Barriques lassen Veilchen, Lavendel und Kräuter im Wein zum Vorschein kommen. Auch eine etwas herb-muffelige Note ist darunter, gefällt mir nicht so kolossal und ist auch nicht besonders lang, Sonoma geht auch besser.

4. Director’s Cut Cabernet-Sauvignon Alexander Valley 2006

24 Monate in 60% neuen Barriques, duftet aber nicht vollgeholzt; kraftvoll, saftig, ziemlich konzentriert, im Mund kühlend, balsamisch. Cassis und Kräuteraromen.

IV. Rubicon Estate (früher: Niebaum-Coppola Estate)

Das Weingut im Weingut. Von Gustav Niebaum als Inglenook-Winery gegründet und von Francis Ford Coppola wiederbelebt.

1. Rubicon Estate Rutherford Cask C-S 2005

22 Monate in amerikanischen 500-Liter-Fässern, Trauben aus den Lagen Cohn und Chateau, Biozertifizierung. Bordeauxansatz, mit Graphit und feinem Sauerkirsch-Cassiston, unaufdringliche Vanille, im Mund mit einer gewissen Schärfe, pfeffrig, mit roter, süsser Paprika, wenig Säure, etwas frühreifes Tannin.

2. Rubicon Estate Garden Vineyard 2005

Genetisch ist Klon 29 identisch mit den Bordeauxklonen, die Niebaum in den 1880er Jahren aus Frankreich mitbrachte, weinhistorisch eine Besonderheit, die nur bei Rubicon wächst. 22 Monate in neuen französischen Barriques, 98,5% Cabernet-Sauvignon und 1,5% Petit Verdot. In der Nase Veilchen, Lavendel, Bitterschokolade, rosinierte Aromen, Trockenobst, von allem etwas, für meinen Geschmack too much.

V. Parducci Wine Cellars, Mendocino

Weingut mit ausgeglichener CO2-Bilanz.

1. Cabernet-Sauvignon Mendocino 2005

Schöner, fülliger Anfang, dann ist der Wein leider sehr schnell weg und hinterlässt lediglich einen milchigen Belag auf der Zunge.

VI. Stag’s Leap Wine Cellars

Berühmt wurde das Weingut durch das Spurrier-Tasting 1976 in Paris, als es namhafte Großgewächse aus Bordeaux auf die Plätze verwies. Seither hat sich das Gut mit seinen rebsortenreinen Weinen unter den Spitzenerzeugern der Welt fest etabliert. Die Stilistik orientiert sich an dem Motto „eiserne Faust im Samthandschuh“.

1. Hawk Crest C-S 2004

Einsteigerwein mit etwas zu viel ladybird taint, reichlich Tannin, kraftvoller, massiger Statur und mittlerer Länge.

2. Artemis 2005

18 Monate in 33% neuem französischem Holz. 92% Cabernet-Sauvignon, 8% Merlot, minimale Anteile Cabernet Franc und Petit Verdot. Cassis, Räuchernoten, Kirsche, Zigarrenkiste, Paprika, viel gebändigte Kraft, ein feiner, dicht an Bordeaux angelehnter Wein.

3. Fay Vineyard 2005

Zusammen mit der benachbarten SLV Parzelle das Kernstück des Weinguts. 24 Monat in 70% neuem französischem Holz. Milchschokolade, Graphit, Schwarzkirsche, erstaunlich dezentes Holz, florale Noten, seidiges Tannin, einer meiner absoluten Favoriten.

4. Stag’s Leap Vineyard (SLV) 2005

24 Monate in 43% neuem französischem Holz, das hier aber wesentlich stärker durchkommt, als beim Fay. Auch ein sehr schöner Cabernet, konzentriert, erinnert an Muscovadozucker, beinahe feurig, gleichzeitig mit kühlen mineralischen Noten und Graphit, gleichzeitig komplexe Kräuteraromatik, warmes, samtiges Mundgefühl.

5. Cask 23, 2004

24 Monate in 58% neuem französischem Holz. Elegante Kombination aus Fay und SLV, bewegt sich von der Leichtigkeit und Eleganz her genau in der Mitte zwischen beiden. Ein Pott voll dunkler Brombeeren, der aber dank einer kühlen mineralischen Note nicht pampig, breitgelatscht oder marmeladig wirkt. Herbes, gesundes Tannin zähmt die überbordende Frucht und macht den Wein zum Kraftsportler. Lagerwein.

Antrittsbesuch in Nelson Müllers Schote

 

 

I.Blutwurststrudel mit Linsen und Kartoffelschaum, dazu Champagne Forget-Brimont Brut Premier Cru

Gute Blutwurst esse ich gerne. Die solide Kombination mit Linsen und/oder Kartoffeln wird dabei für mich immer ein Klassiker bleiben, zu dem ich gern zurückkehre. Gut zum Blutwurststrudel passte der oxidative, hauptsächlich von Reserveweinen getragene und sehr apfelige Stil des Champagners aus Ludes, einer ziemlich zugigen Ecke in der Montagne de Reims, wo sich ein wenig Chardonnaydiaspora befindet, die den Champagnern dieser Region eine frische, glatte, kühle Stilistik verleiht.

 

II. Snickers von Foie Gras mit Cox Orange, dazu Selbach-Oster Bernkasteler Badstube Spätlese 2001

Foie Gras mit Apfel ist auch immer eine sichere Bank. Item die Weine von Johannes Selbach. In der Bernkasteler Badstube wachsen die Äpfel förmlich aus dem Glas und das Cox-Orange Aroma mit den dahin- und wegschmelzenden Toffee- und Nougatnoten vom Snickers vermählt sich in einer chymischen Hochzeit, die derjenigen des Christia Rosencreutz zur Ehre gereicht hätte.

 

III. Curry-Zitronengrascrèmesuppe mit Hummercroustillon, dazu Bott-Geyl, Crémant d'Alsace

Der Bott-Geyl ist ein ziemlich grober Bursche mit einem weichen Herz, so eine Art Manfred Krüger als Franz Meersdonk in der Serie Auf Achse, bloss dass er im Glas sprudelt. Passte daher gut zur reichlich sättigenden, sämigen, aber nicht fetten oder zu dick geratenen Crèmesuppe. Auflockernd und gut abgestimmt zum Crémant war auch das Zitronengras. Das Hummercroustillonbäcclhen machte auch keine Probleme. Gelungener Gang.

 

IV. Crepinette von Wachtel und Stubenküken mit Perlgraupen und Pfifferlingen, dazu Weingut Fritzen, Wintricher Großer Herrgott Spätlese 1988 und Siegrist, Riesling GG Sonnenberg, 2007

Fritzen zeigte etwas Firne und Petrol, war aber sonst in sehr guter Form. Nicht so schwer, dass er das kleine Geflügel erdrückt hätte und mit seiner leicht pilzigen Art auch zwischen perlgraupen und Pfifferlingen sehr gut angesiedelt. Siegrist dagegen hätte deutlich frischer sein dürfen und verlor mit Luft immer mehr von seiner anfangs so schönen, sympathischen Pfälzer Art, vor allem ging mir das erfrischend zitrusfruchtige Element viel zu schnell verloren und übrig blieben nur Aprikosenpampe, eine leichte Bitternote und Alkohol.

 

V. Entenbrust, gefüllt mir Rahmkohlrabi und Trompetenpilzen, dazu Friedrich Becker, Laisser-faire, 2007

Zum kröftigen Entenfleisch gibt es doch fast nichts besseres, als einen in der Gärung steckengebliebenen Pfalzriesling. Der von Friedrich Becker bestätigte das nachdrücklich, bodennahe Wärme, mit würzigen, auch mineralischen Noten und eine sehr selbstbewusste Fruchtsüsse waren hier der Flipperautomat für die Geschmackskugel, die zwischen der vorbildlich rosa gebratenen Ente, dem aromatisch für Wein immer etwas schwierigen Kohlrabi und den delikaten Pilzen hin- und herballerte.

 

VI. Gekühlter Mäusespeck, Schokokrossi und Tonkabohnentaler in Kokosstaub, dazu Château de Rouquette, Loupiac, 2006

Der Loupiac passte am besten zur Tonkabohne, deren stets etwas muffige, mit Kokos aber sehr charmante Aromatik gut zum Wein passte und daher überzeugen konnte. Der milchschokoladie Krokant war mir so schon fast zu süss und schien sich mit dem Weine auch noch zu potenzieren, was eine schwierige Kombination ergab. Der kühle Mäusespeck dagegen entwickelte sogar minzige Noten und war zwar vom Beissgefühl her etwas gewöhnungsbedürftig, aber keineswegs schlecht.

flying buffet und passende Champagner

Vorspeisen

 

I.1 Brioche mit Foie Gras, dazu Ralf Peter Schauf Rieslingsekt (ecovin) trocken 2007

Die daumenkuppengrossen Hamburger hatten einen Tupfer zartschmelzender Foie Gras als Belag. Fast schon banal, aber wenn Burgerbrötchen und Foie Gras im richtigen Verhältnis (der Foie Gras Klacks muss ca 2/3 der größe des Miniburgers haben) zueinander stehen, ein willkommener Snack.

Dazu passt sehr gut der mit 7,50 EUR gar nicht teure Winzersekt aus Ernst an der Mosel. Gerade weil er trocken dosiert ist, paaren sich die Süße von der Foie Gras und die durch den Dosagezucker herausgehobene Rieslingfrucht optimal.

 

I.2 Rinder-Carpacchio mit Rucola, dazu Jean Moreau Brut Tradition Grand Cru NV

Etwas faseriges Rucola und extrem dünn geschnittenes Carpacchio, das bevorzugt am Teller kleben blieb oder sich nur durch Zusammenmatschen auf ein Essgerät bringen ließ. Dazu Schnipsel von irgendeinem viel zu jungen Hartkäse. Schmeckte zwar, machte aber keine Freude. Freude machte dagegen der hälftig aus Chardonnay und Pinot vinifizierte Champagner von Moreau aus Ambonnay. Für einen Brut denkbar hoch dosiert und für mich schon extra dry, aber wegen seiner gediegenen, zwischen sportlicher Chardonnayfrische und gemütlicher Pinot-Ruhe angesiedelten Art mit einem Schwenker über Butterscotchtoffee sehr sympathisch. Gut zu Rucola, zu großzügiger geschnittenem Carpacchio sicher auch.

 

I.3 Steinpilz-Tiramisu, dazu Rene James Lallier Brut Zéro Grand Cru NV

Intensives Steinpilzaroma und angenehm feste, nicht zu fluffige Konsistenz. Mir aber selbst als kleine Portion zu viel und zu einseitig. Nicht ganz glücklich dazu der "einfache" Grand Cru von Lallier aus 70% Pinot (Ambonnay) und 30% Chardonnay (Avize) als Zéro-Dosage, jedenfalls dann nicht, wenn das Dégorgement noch nicht so weit zurückliegt. Das Hauptproblem beim Zéro ist, dass er kurz nach dem Dégorgement zu frisch ist und dann nicht so konstant und zuverlässig reift, wie der leicht dosierte Champagner. Gerade die reifen Lalliers bestechen aber durch pilzige Noten und Unterholz, Kaffee- und röstige Komponenten.

 

Hauptspeisen

 

II.1 Maispoularden-Variation am Lollystick, dazu Taittinger Brut Prestige Rosé NV

Zartes, warmes Fleisch am Stiel, eine gute Sache. Mal mit Spinat, mal mit Pumpernickel, teilweise mit einer Karottencrème, jede Variante war gut zu essen. Wieder 70PN/30CH, hier in einer ganz leichten, fruchtigen Mischung, die nach Art der großen Häuser auf Massengeschmack getrimmt ist – das aber so gut, dass es schwer fällt, zu widerstehen. Etwas schwierig mit gemüsigen Speisen, aber sehr schön zur Maispoularde und zum Pumpernickel. Indifferent zu Karotte.

 

II.2 Seeteufelmedaillons auf Pestonudeln mit Lauch-Tomaten-Gemüse, dazu Duval-Leroy Femme de Champagne 1996

Gegen Seeteufel kann man ja nicht viel haben. Die Pestonudeln waren leider etwas hart, das Lauchgemüse nervte und hätte viel dezenter und in kleinerer Menge serviert werden sollen. Entschieden gut und ein großartiger partner zum Fisch die Femme de Champagne. Reife, kräftige Säure und ein zupackender Stil, eine Cuvée aus ca. 25% Pinot und ca. 75% Chardonnay, die eins zu eins dem emanzipierten Führungsstil von Carol Duval entspricht. Nichts für Schleckermäuler und mit Sicherheit kein Champagner fürs Schäferstündchen, sondern ernste Unterhaltung.

 

II.3 Hummerpraline im Kanakiteig auf Mango-Limonen-Ragout, dazu Baron Fuenté Blanc de Meuniers NV

Schöne Kombination aus zurückhaltendem, sehr dünnem Teig, gut wahrnehmbarem Hummer und auflockernder Frucht. Die originelle Flasche birgt einen nicht minder originellen Inhalt, 100% Pinot Meunier, weiß gekeltert. Eigentlich eine sehr naheliegende Cuvée für ein Haus aus Charly sur Marne, denn es handelt sich um die beherrschende Traube im Marnetal. Richtig ausgebaut kann man mit diesem underdog überraschende Ergebnisse erzielen und manche Meuniers bringen es gar zu Kultstatus. Das ist hier gar nicht gewollt, dieser Champagner ist mehr eine Hommage an das Fruchtfleisch auf den mineralischen Rippen vieler "normaler" Cuvées, denn das eine ohne das andere kann nicht sein und nur allzuoft wird mehr Wert auf das Skelett gelegt, als auf die Figur. Fortgeschrittene Reifetöne versprechen eine zum Hummer passende dekadente Üppigkeit, die sich im Mund als konzentrierte, rosinige, auch schon überreife Fruchtdominanz äußert. Säurearm und von Honigtönen umspielt, passt dieser Champagner gut zu den Säurespitzen vom Mango-Limonen-Ragout. Solo geht er mir dagegen zu schnell aus dem Leim.

 

II.4 Vanillierte rote Linsensuppe mit St. Jacques, dazu Deutz Cuvée Brut Classic NV

Sämige, gut gelungene Komposition und bissiges Muschelfleisch, da kann man nicht meckern.

Passend dazu die renovierte Bilderbuchcuvée von Deutz. Drittelmix aus gleichen Teilen Chardonnay, Pinot-Noir und Pinot Meunier, keine zu hohe Dosage und eine von dezent animierender Säure getragene Mineralität, dazu pürierte Früchte und krosser, leicht gebuterter Toast.

 

II.5 Canneloni mit Garnelenfüllung auf Zitrusspinat und Pinienkernen, dazu Franck Bonville Les Belles Voyes Blanc de Blancs Grand Cru (2004)

Bissfeste Canneloni mit etwas müder Garnele, dafür ein aromatischer, grossblättriger, gleichzeitig zartfester Spinat, die Pininekerne dazu sanft angeröstet und aromatisch aber nicht zwingend nötig.

Kein offizielle deklarierter Jahrgangschampagner, aber fakisch ein 2004er aus dem Herzne von Oger, wo die Chardonnays so tiefgründig mineralisch und von strenger Säure sind, wie im benachbarten Le-Mesnil. Die Einzellage Belles Voyes ist mit steinaltem Chardonnay – um die 80 bis 90 Jahre – bepflanzt; Franck Bonville zwingt die Reben zum Glück und lässt sie fast wie im Märchen vom tapferen Schneiderlein die letzten Tropfen aus dem Gestein pressen. Dementsprechend sagenhaft schmeckt der im alten Holzfass gereifte Wein. Großartig und wie verwandt mit Pinienkernen, gut zu den Cannelloni, auch zu den Garnelen, etwas schwierig mit dem Spinat und am besten eigentlich solo.

 

Nachspeisen

 

III.1 Kakaowürfel mit flüssigem Mangokern, dazu Pol-Roger Rich (demi-sec) NV

Ziemlich mastiger kleiner Kakaoklotz, der an Eiskonfekt erinnert, die Mangofüllung hätte mehr Biss und Säure benötigt. Nicht völlig unproblematisch aber mit etwas gutem Willen dazu der Demi-Sec von Pol-Roger. Der ins Zitrusfruchtige neigende Champagner ist gar nicht so arg süss und daher ein heikler Partner für Desserts. Mit dieser eher bitterschokoladigen und ziemlich buttrigen Kreation kommt er, wenn man nicht partout in den Diabetikerhimmel will, gerade noch zurecht.

 

III.2 Quittenmousse mit Lakritzreduktion, dazu Charles Heidsieck Blanc de Millenaires 1995

Feine, sehr saubere Quittenaromen, angenehm samtige Textur, dezente Süßholzaromen, die auch nicht stärker hätten sein dürfen. Diesen Blanc de Blancs muss man allein deshalb zur Quittenmousse trinken, weil er die Quittenaromen so völlig auf Augenhöhe wiedergibt. Da die Quittenmousse nicht zu süss ist, wirken die Aromen prachtvoll und holzschnittartig vergröbert, aber immer noch sehr kunstvoll.

Bordeaux gegen Bordeaux-Blend im Vecchia Roma

I Amuse Gueule

1. Opener: Diebolt-Vallois Blanc de Blancs Grand Cru 1997

Jahrgangstypischer, deshalb leicht diebolt-untypischer Champagner, der sich erstaunlich freigebig, mit Äpfeln und Birnen präsentiert. Runde, milde Säure, volles Mundgefühl, mittellang.

II. Kurz gegrillter weißer Thunfisch auf lauwarmen dicken Bohnen

1. Beauregard à Pomerol 1993

Gut entwickelte, reife, warme Nase mit Pflaumenmus und Röstnoten. Einen Hauch über dem Léo, dem mehr Luft sicher zu einem besseren Abschneiden verholfen hätte.

2. Léoville-Barton, 2éme GCC à St. Julien, 1993

Verhalten, sperrig, schnappte regelrecht nach Luft, dann langsame Entwicklung von roter Grütze und einer noch ziemlich maskulinen Säure.

III. Gebratene Entenleber auf bitter-süsser Orangengremolata

1. Reichsrat von Buhl, Forster Jesuitengarten Spätlese 1998

Der pfälzische, selbst von Zesten geprägte Stil dieser Zeit passte perfekt zur Orangengremolata. Locker auf Ausleseniveau.

2. Warwick Estate Trilogy, Stellenbosch, 2000

Zunächst eine Nase wie von staubig gewordenen Maggiwürfeln, im Mund auch ziemlich staubig, etwas fleischig, wobei sich mit der Luft eine konzentrierte, amaronige Art entwickelte, die den Wein dann als neue Welt enttarnte.

3. Louis M. Martini Napa Cabernet-Sauvignon 2005

Eine parfumierte Art, wie die Fruchtjoghurtdrops von Katjes. Schmeckte nicht schlecht, aber so beliebig, wie jeder andere Bordeaux-Klon.

Die Roten waren beide keine Knüller, wobei der Warwick der interessantere, entwicklungsfreudigere Wein war.

IV. Geschmorte Kalbsbäckchen auf warmen Linsen

1. Ornellaia 2005

Kraftvoll, kirschige Nase, viele gemahlene Mandel- und Aprikosenkerne, Spuren von Bleistift; im Mund mit einem Knall präsent, vielleicht sogar zu alkoholisch, aber eben eine jugendfrische Schönheit gegen einen schwierigen, da wesentlich älteren, reiferen, voll ausentwickelten Flightpartner. Für mich trotzdem eine Nasenspitze vor dem Bordeaux, der zweifellos sein bestes gab.

2. Grand Mayne, GCC St. Émilion, 1990

Kleiner Stallstinker, gefolgt von einer sehr gelungenen Mischung aus Graphit, Unterholz, Pilznoten und einer darunter liegenden Schicht reifer, süsser Tannine. Dabei durchweg konzentriert, ganz ohne Unschärfen und insofern wohl auf dem Reifehöhepunkt angekommen, bzw. mitten im sweetspot getroffen.

V. Farfalle tradizionale mit Rehrückenragout

1. Grand Corbin Despagne, GCC St. Émilion, 2000 en magnum

In der Nase Zündhütchen von der Karnevalspistole, pfeffrige Noten, sonst eher schwache Nase. Im Mund süsslich, mit Zimt und Kardamomaromen, auch hier wenig Frucht, kam dann erst mit der Zeit aus der Deckung und war dann durchaus erfreulich. Machte sich auch ganz gut zum Kalbsbäckchen, harmonierte aber nicht völlig einwandfrei, gefiel mir deshalb einfach so im Glas besser.

VI. Reiner Weinflight:

1. Lagrange, 3ème GCC à St. Julien, 1990

Sehr kraftvoll, dabei glatte, seidige Tannine, eine Mischung aus Pauillacpower und St. Julien Eleganz. Konzentrierte Frucht und ledrige, auch an Zigarrenkiste erinnernde, mit erstaunlich viel Minze vermischte Noten. Wird jetzt nicht mehr besser – muss er aber auch nicht.

2. Pichon Comtesse de Lalande, 2ème GCC à Pauillac, 1989

Feine Struktur, ebenfalls mit Minze, die aber dezenter und zurückhaltender als beim Lagrange war. Außerdem Laub, Efeu, grüner Pfeffer, reifes, etwas mürb-süsses Mundgefühl, ein langer, harmonischer, fast schon kitschig guter Bordeaux.

VII. Lammfilet aus der Röhre, im gekräuterten Pancettawickel mit Rosmarinreduktion und Artischocken-Oliven

1. Henschke, Mt. Edelstone, Barossa Valley Shiraz, 1996

Joghurt, gekochtes rotes Obst, dunkle Beeren, sehr feines Eukalyptus-Menthol, ziemlich konzentriert und speichelflussfördernd, strukturierter, ansprechender Wein.

2. Gallo Estate, Sonoma, 1996

Hitzig, etwas brandig, konzentriertes, etwas scharfes, beinahe angebranntes Früchtemus, Minze, Zigarrenkiste, vielleicht auch schon zu alt. Entwickelte sich mit Luft und gehörte zu den unterschätzten Weinen des Abends, konnte aber auch nicht in der Spitzengruppe mitspielen.

und einzeln:

VIII. Cantenac-Brown, 3ème GCC à Margaux, 1999 en magnum

Der befand sich in sehr guter Verfassung, war aufgeschlossen, mit harmonischen, eher in Richtung Erdbeer-Himbeer als Cassis-Brombeer gehenden Noten. Zartes Holz, minimal ätherisch-ölige Art, stabile Säure, selbst eine gewisse herb-ledrige Art war noch zu finden. Zurückhaltender, bescheidener Wein, der nicht auf die Pauke haut, sondern als Hintergrundwein eine beständig gute Figur macht. Für mich einer der Überrascher in dem starken Bordeauxfeld.

IX. Weinflight

1. Ducru Beaucaillou, 2ème GCC à St. Julien, 1995

Mürbe, zart nussig, oatmeal cakes, Pumpernickel, ganz leicht metallisch-blutig, aber auch saftige Frucht und kerngesundes Tannin. Elegant und mit sehr rosiger Zukunft.

2. Léoville-Barton, 2éme GCC à St. Julien, 1996

Kernig, trocken, toastig, etwas flintig, auch Rosenblüten, für mich der Riesling unter den Bordeaux, konzentriert, mineralisch, konzentriert aber nicht streng. Enger als der Ducru-Beaucaillou.

X. Weinflight

1. Remelluri, Rioja Reserva, 1995

Kühle Stilistik, entfernt an Waldmeister angelehnte, grünlich-kräuterige, keinesfalls unreife Art. Im Mund dann voll, saftig mit viel Kirsche. Nicht nur dafür, dass der mal 25 DM (!) gekostet hat ein echter Knaller!

2. Figeac, GCC B St. Émilion, 1995

Eng, hart, metallisch, etwas röstig, im Mund dünn, keine Spur von Figeac. Bestätigt meinen Eindruck von früher, als der Wein sich wie ein völlig ungebärdiger Kraftmeier aufführte, ohne Eleganz, ohne Frucht, ohne Spass. Sehr schade, ich hatte mich auf den Wein gefreut und erwartet, dass der sich ein bissche harmonischer zeigen würde.

XI. Fonraud, Listrac, 1959

Rosinig, von einer sehr warmen Art, Kräuterhonig, Garrigue, konzentriert, straff, gesund. Hätte ich NIE für einen völlig unbekannten 59er Listrac gehalten.

XII. Käse

1. Kracher Nouvelle Vague No. 10, Welschriesling, 1999

Aprikose, Ananas, Pfirsich, viel Süße, gleichzeitig ein gesundes Säuregegengewicht, strukturierter, sehr raffiniert gemachter Wein. Großartig mit dem Fourme d’Ambert, aber auch zum Langres.

XIII. Montrose, 2ème GCC à St. Estèphe, 2000

Jung, eng, seidig, schon etwas würzig, mit erdigen, auch an Schiefer erinnernden Noten im Vordergrund. Nach dem Kracher etwas schwierig, vor allem ist der Wein kein Drängler und Schreihals, sondern ausgesprochen distinguiert.

Pfalzimpressionen

i. weingut zur schwane, volkach/franken, spätburgunder fervor oloris 2006. wie schwere naturseide gleitet der wein ins glas und gibt sich gut zugänglich, die kapriziöse diva ahnt man lediglich im hintergrund, die tanninkrallen bleiben eingefahren. reichhaltige, beerenfruchtige aromatik und nur eine andeutung von schokolade schwebt aus dem glas heraus.

ii. weingut nägelsförst, ortenau/baden

1. blanc de noirs, crémant brut nv, herber, leider nicht sehr harmonischer, etwas zu saurer schäumer ohne die fleischige pinot-art des champagners, leider aber auch ohne sonstige eigenständige, positiv markante eigenschaften

2. cuvée aus 50% spätburgunder, 50% tempranillo, fassprobe. weinüberraschung des abends, den spätburgunder merkt man sofort, die tempranillo hätte ich nie identifiziert. sehr gelungener mix aus frucht und frucht, harmonisch, mit einem mediterranen schwung, der dem wein eine völlig unerwartete richtung gibt. macht spass, dran rumzurätseln, wenn man ihn blind im glas hat, schmeckt aber auch, wenn man weiss, was es ist.

iii. weingut dr. pauly-bergweiler,

1. graacher domprobst feinste auslese 1959. am erstaunlichsten war die jugendliche frische dieses weins. die fünfzig jahre nimmt man diesem charmeur, der fast ganz ohne firne und petrol daherkommt, kaum ab, dafür lässt man sich nur zu gerne von saftigst-reifer aprikose, pfirsich, nektarine, mandarine mitreissen, warme, geschwenkte butter und eine animierende, immer noch leicht pricklige säure tun ihr übriges. ob lagencharakter ja oder nein, lasse ich mal dahingestellt sein, der wein war jedenfalls hochgradig elegant und zeitlos.

2. bernkasteler badstube hochfeine auslese 1969. auch dieser kollege wirkt wesentlich jünger, als er ist. von midlife-crisis keine spur, sondern pralles leben im glas. könnte genauso gut aus den späten achtzigern oder vom anfang der neunziger stammen, etwas dichter, würziger, als der domprobst, erinnerte stärker an honig und püriertes fruchtfleisch und brachte hintenrum eine leichte herbe mit, war also nicht ganz so ätherisch, sondern bodenständiger.

im deidesheimer hof gab es nicht nur den langsamsten und in dieser klasse bislang schlechtesten service, den ich je erlebt habe, sondern auch strohiges sauerkraut zum sonst ganz guten saumagen.

als begleitwein gab es hingegen

iv. müller-catoirs haardter bürgergarten spätlese trocken 2008, d.i. eine liebeserklärung an den pfalzriesling. würzige, exotisch-fruchtige nase, orangenblüten und tropifrutti . der erste schluck dann saftig, kraftvoll, mit berstender frucht und einer länge, die von raffiniert eingebauter und gleichzeitig absolut seriöser süsse bis in den magen reicht.

v. von jul. ferd. kimich in deideheim dannn die deidesheimer grainhübel auslese 2007. feiner, schwungvoll auftretender riesling mit entertainerqualitäten. machte sich gut zu den getrockneten orangenspalten in bitterschokolade.

außerdem für die weiterfahrt

vi. knipsers rosé cabernet & co. 2008 gestürzt. da geht jedesmal die sonne im glas auf. no brainer.

vii. regina menger-krug und mann in der villa im paradies aufgesucht und bei gutem wetter noch folgende buddeln geöffnet:

1. motzenbäcker mondeiche riesling spätlese 2007. da liegt der riesling wie in plüsch eingebettet und strahlt wie ein vergnügtes baby, nur ohne den babyspeck. glasklar, dabei eher fruchtig als mineralisch, mit einer über stunden changierenden, amylischen fruchtaromatik, bei feinster säure und beeindruckender länge. wenn man wolken trinken könnte…

2. motzenbäcker mondeiche chardonnnay spätlese 2007. auch hier die mondaromatik, bzw. so etwas eingebettet-plüschiges, das dem bsa-freien chardonnay einen eleganten rahmen gibt, ohne kitschig zu wirken. chardonnay der marke kokosmakronen mit zitrusschalenabrieb, für mich etwas schwächer als der mondriesling.

3. menger-krug riesling méthode rurale 2007. eine novität mit ca. sieben bar flaschendruck, sehr feiner perlage, aufregendem mousseux. für sein alter ziemlich dunkler, gereift wirkender riesling, der mit apfelaromatik und einer sektuntypischen dreidimensionalität nach einem grossen glas ruft. produktionsbedingt sehr leicht im alc. (die zweite alkoholische gärung fällt ja weg). gefällt mir besser, als zb der rurale von allendorf im rheingau.

4. menger-krug chardonnay méthode rurale 2007. wie beim mondwein gefällt mir auch hier der riesling etwas besser als der chardonnay, der aber ebenfalls von der ungewöhnlichen methode profitiert. ganz und gar ohne dosage – was bei sekt oft zu einer gezehrten aromatik führt -, hier allerdings bleibt die saftige, primärfruchtige art davon völlig unbeeindruckt.

5. motzenbäcker ruppertsberger reiterpfad, flug des falken, auslese, 2007. leichte, etwas ölige auslese, herbe, unverspielte, zupackende art. am besten direkt nach dem espresso.

6. krugscher hof blanc de noirs eiswein 2007 (herrgottspfad?*). im grunde sehr säurearm, in der nase allerdings etwas flüchtige säure, vermischt mit einem hauch schokolade, am gaumen gegen ende dann wieder ein leichter säureschwenker, der dem dichtgewirkten wein zu mehr lebhaftigkeit verhilft.

7. krugscher hof beerenauslese 2007 (römerberg?*). leichterer vertreter, nahtlos, glatt, geschmeidig, mit viel botrytis, aber zum glück noch nicht so süss, dass er schon wieder scharf wirkt. aprikose, aber auch nektarine, sehr viel saft und nicht so viel fleisch.

8. krugscher hof gau-köngernheimer vogelsang tba 2007. sämig, mit leicht flintiger note, apfel, cranberry, viel fruchtfleisch und erfreulich viel säure, harmonisch, balanciert, in bewegung. kein wein, der einen nach zwei schluck satt macht.

9. krugscher hof gau köngernheimer vogelsang tba 80% riesling, 20% gewürztraminer 1967. dunkles, gleichwohl edel rötlich glänzendes gold, eine spur sherry, aber auch sehr viel gewürz, piment, muskat, nelke, omas apfelkuchen. im mund frischer, als die farbe nahelegt. entwickelt sich prächtig mit luft und spielt eine karte nach der anderen aus: säure, lebhaftigkeit, reife, würze, komplexität, entwicklungsfähigkeit, ein wein zum festhalten

* notizen unleserlich

La Luna del Rospo

La Luna del Rospo

Agliano Terme, Piemont

1. Grignolino d’Asti 2006

Die königliche Traube fällt mehr und mehr dem Vergessen anheim. Leider. Denn so ungewöhnlich die farbliche Anmutung für einen Roséwein, so überraschend und faszinierend ist der Geschmack. Michaels Grignolino ist hellrot, ziegelsteinfarben und könnte bequem als Rosé durchgehen. Die klar fruchtige Ausrichtung in der Nase deutet zunächst mit Himbeeraromen in Richtung Spätburgunder, könnte aber auch ein Cabernet Franc Rosé sein. Dann kommt die Überraschung, der Wein ist tanninig aufgeladen und beinahe ruppig, bleibt lang im Mund und schmirgelt sich dort ab, bevor er im Rachen verschwindet und einen erstaunten Gaumen zurücklässt. Beim nächsten Schluck dasselbe, aber die ersten differenzierten Geschmackseindrücke gelangen an die vorbereiteten Rezeptoren, eine Mischung aus feingemahlenem weißem Pfeffer, knackiger Paprika, Erdbeer-/Himbeeraromen und einem wohligem Wärmegefühl, selbst bei rosémässig heruntergekühltem Wein, ohne dass er jedoch spritig oder plörrig-alkoholisch wirkt. Ein überraqschender Einstieg in die Welt des piemontesischen Bio-Weinbaus!

2. Barbera Piemonte DOC 2006

Dunkles Rubinrot, eine warme, schmeichelnd einladende Nase voller dunkler, unidentifizierbarer Berren, weniger Kirsche. Im Mund ganz ohne aufgeregtes Tannin, sondern behaglich warm und weich, dafür mit einer gesunden, allgegenwärtigen Säure, die einen ansprechenden Kontrapunkt zu den einlullenden Fruchtnoten setzt. Kein Wein, der wahnsinnige Komplexität vermittelt, von dem man aber trotzdem nur ungern lassen möchte, weil er einfach zu gut in den Mund passt.

3. Barbera SILENTE Piemonte DOC 2006

Dunkles Rubinrot, das bisweilen ins Violette wechselt. Konzentrierte, aber nicht verstopfte Nase. Auch hier ein Getümmel dunkler Beeren, vollreife Plaumen und Kirschen, aber alles klarer identifizierbar und mit mehr eleganter Bestimmtheit als beim einfachen Barbera. So dann auch im Mund. Der Wein prallt nicht mit Wucht an die Backen, sondern schmiegt sich wie ein Luftkissen an und ist insgesamt von einer Leichtigkeit und Schwerelosigkeit geprägt, die für die schweren Fruchtaromen erstaunlich ist.

4. Barbera d’Asti BRIC ROCCHE 2006

Dunkles Rubinrot. Entwickelte Nase, die behutsamen Holzeinsatz spüren lässt, Kirsche mit integriertem Vanilleton, Trockenkräuter und eine warme, aber auch leicht animalische Art. Im Mund eine Mischung aus gerade erst abgerundetem Tannin und saftigen Kirschen, Brombeeren, den gerade schon detektierten Kräutern und einer herben, kraftvollen Statur. Wiederum ein warmes, aber nicht spritiges Mundegfühl, das zum hion- und herspülen und kauen verleitet. Für mich ein Wein, der nach Speisen ruft, praktischerweise hatte ich gerade geschmortes Kalbsbäckchen auf Linsen vor mir.

5. Barbera d’Asti SOLO PER LAURA 2006

Erinnert mich in der Nase sofort an einen meiner italienischen Lieblingsweine, den Kurni von der Az. Agr. Oase degli Angeli in den Marken. Ein Montapulciano, der mit einer Fruchtkonzentration eines Amarone daherkommt. So ähnlich der Solo per Laura. Pflaume, Kirsche, Kräuterwürze, mit Bitterschokolade unterlegter Extraktreichtum alter Reben, so etwas wie die Essenz der vorherigen Weine. Dicht, aber leicht, konzentrierte Aromatik, aber keine Kopflastigkeit, gekonnter Holzfassausbau. Da Capo!

Fazit: Diese Kröten (ital. Rospo = Kröte) schluckt man gern!

2001 Dorsheimer Goldloch, Riesling Auslese, Schlossgut Diel, WS 94 Punkte

2006 Zwischen den Seen, Scheurebe No. 12, Kracher

Spitzenrieslinge

Preise sind ca.-angaben und können je nach händler variieren

Fritz haag

2007er riesling trocken: melone, getrocknete, kandierte früchte, poolfeeling – 8,50 eur

1998er brauneberger juffer sonnenuhr auslese goldkapsel: kein petrol in der nase, dafür im mund die volle ladung. Wirkt etwas zergliedert, machst noch spass, sollte aber jetzt getrunken werden – k.a.

josef rosch

2007er trittenheimer apotheke spätl: etwas medizinal, dichtgewirkte aromatik, wirkt wie der winzer selbst, knorrig, eigenwillig, geradlinig – 12,50 eur

2007er trittenheimer apotheke auslese ***: aufregende nase voller südfrüchte, orange, khaki, grapefruit, vermischt mit trockenkräutern; voller, bemerkenswerter wein – 27 eur 0,5l

van volxem

2007er kanzemer altenberg erstes gewächs alte reben: zienlich eleganter wein, bei ausgesprochen stattlicher positur – 29 eur

2007er kanzemer altenberg erstes gewächs auslese: dick, buttrig, musig, fast pampig, fordernder wein zum kauen 22 eur 0,375l

2005er scharzhofberger: grosser riesling mit etwas – nicht unappetitlicher – flüchtiger säure/klebstoffnase – k.a.

egon müller

1995er wiltinger braune kupp spätlese: vorbildlicher, jugendfrischer riesling mit zarter firne – k.a.

forstmeister geltz-zilliken

2005er saarburger rausch auslese lange goldkapsel: orangenconfit, agrumes, puffreis, perfekte balance von süsse und säure, ausgesprochen langer, nachfedernder abgang – 64 eur 0,375l

schloss lieser

2007er brauneberger juffer sonnenuhr auslese goldkapsel: vom ersten tropfen sofort die volle präsenz, vollmundig, lang und bei üppiger sauberer und kerngesunder säure ein sehr eleganter riesling – 28 eur

2007er lieser niederberger helden auslese lange goldkapsel: nahezu perfekt. Ein bisschen wie die symphonie nr. 8 von franz schubert, kündigt sich leise aber mit dem sonoren klang der tiefen streicher getragen, mit feinstem pizzicato an und schwappt sich dann hoch zum melodiösen triumph, variiert das thema und hat den namen unvollendet eigentlich nicht verdient. Fast schon dramatisch günstig! – 32 eur

1997er lieser niederbereger heldenauslese lange goldkapsel: elegant und finessereich, von spritzigen zitrusaromen getragene Firne, der kann noch! – k.a.

Heymann-löwenstein

2007er uhlen roth lay erstes gewächs auslese goldkapsel: tipptopper wein, von traumhafter ausgewogenheit, mit viel druck am gaumen, echtes goldstück – 39 eur 0,375l

2000er schieferterrassen trockenbeerenauslese: kolossaler wein, wie buttergetränktes, leich angebackenes weissbrot mit ganz eigenwilliger mineralität und prunkender zwischen jugendlicher frucht und beginnender reife noch etwas unentschiedener aromatik – k.a.

clemens busch

2007er pündericher marienburg erstes gewächs spätlese goldkapsel: allerfeinstes gewebe, schwebend leicht und gleichzeitig vollwertig lecker mit rassigem, dynamischm vorwärtsdrang, in den schlund nämlich – 23 eur

2007er pündericher marienburg erstes gewächs auslese goldkapsel: leichte klebstoffnote, schlank, florettfechten wie zu besten olympiazeiten – 28 eur 0,375l

1999er pündericher marienburg auslese ***: ohne alterstöne, zarte klebstoffnase, klare frucht, drahtig, agil, schön – k.a.

2007er pündericher marienburg beerenauslese goldkapsel: klebstoffig, vollmundig, mollig, ultraklarer blütenhonig – k.a.

schäfer-fröhlich

2001er bockenauer felseneck spätlese: ganz leicht käsige nase, im übrigen ein beeindruckender wein, der wie gemeisselt im glas steht und rasiermesserscharf ist – k.a.

joh. Bapt. Schäfer

2007er dorsheimer pittermännchen spätlese: leichter süssholzton, elegant, klar, sauber schlank und für das geld mit einer der besten rieslinge, die ich kenne – 13,90 eur

peter-jakob kühn

2007er st. nikolaus drei trauben: verspielt anmutende, dropsige aber nicht infantile art, komplexe zitrusfruchtkomposition und saftgummibärchen – 24,60 eur

raumland

jahrgänge in klammern stehen so nicht auf dem etikett

(2007er) riesling brut: schöner sekt ohne bsa, als frühes degorgement (12/2008!) noch mit 12g dosiert und damit ziemlich gut getroffen, frucht schön herausgearbeitet aber nicht zugepampt, später sicher noch wesentlich interessanter und dann auch mit nur noch 8-9g dosiert – 11 eur

(2004er) marie-louise blanc de noirs (pinot-noir), für seine 7g dosage sehr charmanter, süffiger, saftiger wein, eine sehr ansprechende, griffige junge frau – 12 eur

(2006er) katharina blanc de noirs (pinot-noir, pinot meunier), 8g dosage mit huxelrebe beerenauslese aus dem barrique, leider etwas säureschwach, dafür reichlich frucht – 12 eur

2004er weissburgunder prestige brut, mit 8g dosiert, sonst einer meiner favoriten, wirkte leider wässrig – 16 eur

2004 iv. Triumvirat brut, 4-5g dosage, cuvée aus pinot-noir, chardonnay und pinot meunier in geringer werdenden anteilen, brotig, jung, feine säure, komplexe aromatik mit potential. Die dosage wirkt momentan gut gelungen, mal sehen, wie das mit zunehmender reife aussieht – 29,90 eur

ökonomierat rebholz

2004er pi-no brut gold: von den 20% chardonnay merkt man nix, amylischer aber nicht einseitiger, junger sekt, der eine beachtliche zukunft haben wird und schon jetzt gut schmeckt – 22 eur

Menu vom Grand Chapitre 2009

A. Champagne-Apéritif

I. Moet et Chandon Grand Vintage 2000 en magnum, 50 CH, 34 PN, 16 PM

Kein Moet-bashing an dieser Stelle. Der Grand Vintage 2000 ist ein sehr gut gelungener Jahrgangsvertreter mit Akazienduft, Lychee, Mandelgebäck und Dosenobstmischung „Tropical“. Im Mund unaufdringliche, aber sehr lange und elegante Säure, der ideale gehobene crowd pleaser.

II. Laurent-Perrier Brut en magnum, 45 CH, 40 PN, 15 PM, [Premier Cru], ca. 15% Reserveweine, 12 g/l dosiert

Frischer, leichter, etwas kühler Standardbrut, mit 12 g Dosage am obersten Ende der Brutskala und im Übergangsbereich zum Extra Dry. Im Mund sauber, mit kreidiger Textur und sanfter, seriöser Säure.

III. Nicolas Feuillatte Palmes d’Or 1996, 50 CH, 50 PN

Vollreife Ananas, Orangen, Pomelos, Hibiskusblüten, Akazienhonig, Nüsse und Äpfel, nelkengespickte Orangen, flüssige Weihnachtsstimmung. Im Mund eine ungewöhnliche, fast bodenlose Tiefe, Säure, die wie eine Nadelrad die Kehle runtergeht, ohne Wunden zu reissen, gleichzeitig heilende, balsamische, medizinale Noten, die aber nicht an bittere Pillen, sondern an Fruchtgelee erinnern. Unverschämt guter Champagner.

B. Menu

I. Millefeuille von Jakobsmuschel, Thunfisch und bretonischem Algensalat mit Gillardeaux-Auster und gebratener Garnele, dazu: Taittinger, Comtes de Champagne Blanc de Blancs 1999 en magnum

Einer von den schlanken, beinahe hageren Comtes, die so gar nicht zu Pierre-Emmanuel Taittinger passen. Kaffeedurft, mineralische Noten und geröstetes Brot, im Mund schlanke, frische Säure, die sehr gut zu den leicht salzigen Algen, zur Jakobsmuschel und zum Thun passte. Auch die gebratene Garnele war ein dankbarer Partner für diesen Comtes, die Auster hätte allein besser geschmeckt.

II. Warm geräucherter Ruhraal mit Bohnen, Speck und Birne, dazu: Lanson Noble Cuvée 1995 en magnum, 70 CH, 30 PN, aus Avize, Oger, Cramant, Bouzy, Verzenay

Einer der beeindruckendsten Vertreter aus dem Haus Lanson, jedenfalls was die letzten zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre betrifft. Reiche Apfelernte, Birne, Weinbergpfirsich, ein Sack voll grüner Kaffeebohnen und Kastanien, auch Kräuterduft und eine warme, erdige Art. Grossartige Entwicklung über Stunden hinweg, wurde immer besser, komplexer und schöner, zusammen mit dem 97 R.D. mein Favorit des Abends. Der Rujraal war zum Glück überhaupt nicht fett und gab zusammen mit der Birne eine traumhafte Kombination zum Champagner ab.

III. Moorhuhn auf Pastinakenpurée im Sellerieblatt, mit Champagnersauce, gebratenen Pfifferlingen und Rosmaringlacé, dazu: Bollinger Grande Année 1997 RD, dég. 28. Sep. 2008, en magnum, 65 PN, 35 CH, extra brut dosiert

Schier unfassbar, wie der völlig unspektakuläre, will sagen: auf gehobenem Niveau gut trinkbare, wirklich nicht unleckere, aber auch nicht als Champagner für die Ewigkeit gemachte Grande Année in der R.D.-Fassung aufgeht. Dunkle Vinosität, klare Pinotnatur, Fleisch, Saft, ein druckvoll und vulkanartig aus dem Glas strömendes autolytisches, von Honig, Zitrus, Ingwer und Ginseng geprägtes Aroma. Im Mund ein ebenso explosives Gefühl und eine absolut adäquate Säure. Die Pastinaken dazu waren etwas zu laff, das Moorhuhn hingegen genau das richtige, von mir aus hätte es auch rohes Wildschweinfleisch sein können, dieser Champagner hätte das in der derzeitigen Hochform locker verkraftet.

IV. Chaource, dazu: Duval-Leroy Rosé Brut

Schöner, etwas zu junger Chaource, der Duval-Leroy Rosé mit seiner sehr massenkompatiblen, fruchtigen Art machte das wieder wett.

V. Tarte Tatin mit Marc de Champagne-Granité und Sauerrahmeis, dazu: Veuve Clicquot Rich Reserve Vintage 2002

Schöne warme Tarte, deren Granité schon ziemlich alkoholisch schmeckte und eine ziemliche Herausforderung für den Veuve Clicquot Rich Reserve war. Warum Veuve dieses Granatenschöne Jahr als demi-sec vinifiziert hat, wird wahrscheinlich ein Geheimnis bleiben, jedenfalls geht die besondere Eleganz und ultraelegante Feinheit dieses Jahrgangs unter dem Dosagezucker völlig verloren. Schlechter wird der Rich in seiner Eigenschaft als demi-sec dadurch indes nicht.

VI. Feingebäck und Pralinen, dazu: Cognac Hennessy Fine de Cognac, Cognac Davidoff Classic und Porto Rozès

Blanc de Noirs im Herbst 2009


I. Abel-Jobart Brut Selection, 100% Pinot Meunier

Kalkig, prudig, Blütennoten, Veilchen, darunter Eau de Vie de Kirsch, Quitte. Mit etwas Übung als reiner Pinot Meunier erkennbar, könnte aber bei unkrititscher Betrachtung auch als Sekt durchgehen, da ihm die typische Bandbreite der Cuvéechampagner fehlt und die reinen, fruchtigen, aber säureschwachen Komponenten der Rebsorte im Vordergrund stehen.

II. Larnaudie-Hirault Premier Cru, 100% Pinot Noir

Kühle Stilistik, feines, aber nicht zu sahniges Prickeln, dezent traubige Aromen. Saftig, gleichzeitig zurückhaltend und mit einer immer wieder erfrischenden und für BdN wichtigen, lebenspendenen Säure. Wegen der Säure für mich eine Stufe über dem Abel-Jobart.

III. Lamblot Brut Premier Cru, 80% Pinot Meunier, 20% Pinot Noir

Nase von Wildgeflügel und gekochtem Fleisch, säurearm, schwierig. Kein Genusschampagner. Entwickelt sich mit der Zeit im Mund nach oben, zeigt sich gefällig, dicht, gut trinkbar, die störende Nase bleibt aber.

IV. Roger Brun Grand Cru "La Pelle" 2002, Extra Brut (3g/l), 100% Pinot Noir, à la volée dégorgiert

Weinig, weihnachtlich, würzig, Orange, Zimt, Kardamom, angebranntes Apfelmus, kurz die volle Champagnerbreitseite. Durchaus nicht jahrgangstypisch, 2002er kenne ich eleganter, feinsinniger, filigraner, aber das Grobe steht ihm gut. Ich hätte indes auf 2003er Jahrgangsbasis getippt, auch wegen der sehr dünnen Säure. Darauf, dass der Champagner Extra Brut dosiert ist, wäre ich nie gekommen, dafür hatte er eine viel zu breite Brust. Mehr als 3g/l hätten ihm wohl auch nicht gutgetan. Als Spitzencuvée eines Grand-Cru Winzers erkennbar, mit viel Liebe gemacht und für mich einer der Favoriten des Abends.

V. André Delaunois, Cuvée Dame Palmyre Premier Cru 2004, 100% Pinot Noir

In Nase und Mund die Stilistik eines Grande Maison Champagners, vielleicht ist der Winzer da etwas zu unkritisch oder vielleicht findet er es auch besonders erstrebenswert, wenn sein Spitzenchampagner an Pommery "Wintertime" erinnert. Ich hätte mir mehr als die rundum smoothe, fehlerfreie Textur gewünscht, einen individuellen Aufhänger oder einen besonderen aromatischen Fingerzeig. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, der Champagner hatte es auch nicht leicht, nach Roger Bruns Gewaltausbruch.

VI. Hervy-Quénardel Grand Cru 2002 Extra Brut (5g/l), fût de chêne

Weinig, eingängig, locker, gleichzeitig ein hohes Niveau, erinnert an Bollinger und steht stilistisch dem Roger Brun sehr nahe. Honig, Schmelz, gerade zu Ende gelutschtes Kaffeebonbon, auch hier vergleichsweise wenig Säure und ein breites Kreuz, meine Nr. 2 des Abends.

VII. Bergeronneau-Marion, Clos de Bergeronneau, 100% Pinot Meunier

Mit hohen Erwartungen begleitet, ein Champagner, bei dem schon die technischen Werte Freude bereiten: mit ficelage, aus einem der wenigen Clos der Champagne, reiner Pinot Meunier von alten Reben (65 Jahre), Holzfassausbau, was will man mehr? Im Glas dann überraschend subtil, keine Spur von Holzhammerwürze, feiner, sehniger Körperbau, mittlere Säure, zurückhaltende Nase. Im Mund soft-drink-mäßig, ei Champagner, der die Peristaltik glatt umgeht, weil er wie von selbst die Kehle runtergleitet. Problem: er geht zu glatt die Kehle runter. Ruckzuck war die Flasche leer und ich hatte mir gar nicht recht Gedanken gemacht, wie der Champagner denn nun einzuordnen sei.

VIII. Jacky Charpentier Cuvée Pierre-Henri

Leider in schwächerer Verfassung als die letzten Male angetroffen, kräuterige, minimal rauchige Nase, wirkte etwas unruhig. Mittlere, unauffällige Säure, noch keine besonders stark entwickelten Aromen, vielleicht zu jung.