I. Marie-Noelle Ledru, Ambonnay
Die sehr resolut wirkende Mme. Ledru öffnete
1. Extra Brut 85PN/ 15CH mit 50% 2003 und 50% Reserveweinen aus den
Jahren 1999 und 2002. Die holznahe Nase wies in die falsche Richtung,
Holz kam bei diesem Champagner nicht zum Einsatz. Der Wein wirkte
angenehm und fruchtig, ließ aber etwas rondeur vermissen. Kraft, die
er zu besitzen scheint, ist eben nicht alles.
2. Brut, gleiche Cuvée, jedoch mit 8g dosiert. Hier zeigte sich die
ganze Stärke des Spätburgunders aus gutem Hause und guter Lage.
Weich, rund, sanft, schon gut zugänglich und mit sanft kandierten
Fruchtaromen schon ein interessanter Champagner, dessen
Chardonnayanteil die nötige Portion Frische und etwas belebende Säure
einbringt.
3. 99er Brut Nature. Hart und karg, mit einer hauchzarten Chlornote,
die sich bis ins Lakritzige erstreckt, durchgängiger Säure und
rundlicher Frucht, erscheint so gar nicht brut nature; das mag für’s reife Lesegut sprechen.
4. 00er Brut. Wie der 99er, die etwas an Gougères erinnernde Note
störte mich allerdings. Mit Luft wurde der 00er dann feiner und eleganter als sein
Vorjahrescousin. Ein Champagner, der wie alle Champagner des Hauses
gewöhnungs- und luftbedüftig ist. Für eilige Proben nur schlecht
geeignet.
5. Goulté 2002, Blanc de Noirs. Weinig und rund, lecker-gschmackig und
stoffig im Mund. Ein Wein, der zwar nicht die Gaumenauskleidung
herunterreißt, aber mit etwas Temperatur, Flaschenreife und Luft zu
großer Form auflaufen kann, speziell in diesem guten, die elegante
Seite noch betonenden Jahr. Mittlerweile ist schon die sehr gelungene 2004er Cuvée de Goulté auf dem Markt, die beiden werde ich mir mal nebeneinander vorknöpfen.
II. Paul Déthune, ebenfalls Ambonnay.
Viel zu trinken gibt es bei Sophie meist nicht, im Lagerchen herrscht nämlich das ganze Jahr über ziemlicher Durchgangsverkehr mit nur sehr kurzer Verweildauer. Aber es gab zumindest:
1. Brut (2003-basiert, zzgl. Reservewein), 10g/l. Frisch, säurebetont,
kann Temperatur vertragen, die zart holzige Nase und die lebhafte
sonstige Art dieses Champagners vermitteln den Eindruck einer
besonders gut gelungenen Pomeloschorle.
2. Cuvée Prestige. Holzfaßgereift. Kandierte Zitrusfrüchte,
hintergründig etwas nussige Noten, stabiler und langgezogener
Säureteppich, im Mund von warmer, gemütlicher, fast anheimelnder Art,
gleichzeitig seidig, mit der Zeit kommt eine feine Silexnote zum
Vorschein.
Mme. Déthune erklärt übrigens gern, wie die Lotnummern
ihrer Champagner zu lesen sind: Die Großbuchstaben stehen für die
Cuvée (z.B. PR für Prestige), danach kommt die Nummer (3) und das Jahr
der Tirage (T), in unserem Fall 00 für 2000. Es folgt D für das Datum
des Degorgements und ein Kürzel für Monat (01) und Jahr (07).
III. Yves Delozanne, Serzy et Prin (86% auf der échelle, ein
Meunierspezi), Vallée de l’Ardre.
1. Brut Tradition, 80PM, 10CH, 10PN. Saftiger, süßlich wirkender
Champagner mit gut eingebundener Säure und leichter Metallnote.
Unbeschwert zu trinken und wegen seiner einfach strukturierten
Aromatik ein bequemer Essensbegleiter selbst zur Gorgonzolapizza.
2. Rosé, selbe Cuvée wie oben. Hefig, brotig, rindig. Krosse, mit Bier
behandelte Holzofenbrotrinde, dazu bananige Aromen und ein paar
Tröpfchen Rosenwasser im Bouquet. Wirkte angenehm mürbe, wenngleich
zu jung. Kann noch was werden. Dosage wirkte im übrigen recht hoch,
scheint um 11g gewesen zu sein.
3. 97 Cuvée d’Exception, je 1/3 PM, PN, CH. Quitten, Cranberry,
Sauerkirsch und zum Schluß etwas Schokolade. Eine Art Edelmoncheri
mit strammer Säure und spannendem Potential. Mittlerweile hat ja die junge Generation das Ruder bei Delozanne übernommen, die Cuvée d’Exception wird jetzt unter dem Label V. Delagarde verkauft.
IV. Pol-Roger, Epernay
wie immer eine freundliche Führung, in deren Verlauf dies und das
erklärt wurde. Zu den Champagnern gibt es nicht viel Erstaunliches zu vermelden:
1. Extra Cuvée de Reserve schmeckte wie immer, ziemlich gut.
2. Blanc de Chardonnay (im Hausjargon: flüssiger Diamant) 1998, ein
reiner Grand Cru (was viele gar nicht wissen) und der letzte dieser Art, seit dem 99er Jahrgang
heißt der „Blanc de Chardonnay“ wie alle 100%CH-Champagner „Blanc de
Blancs“. Zuerst toastig und vollzuversichtlich blnacdeblancig,
dann mit plötzlich auftauchender, schockierend häßlicher Krautnase und dann erst ganz langsam wieder als vernünftiger Chardonay erkennbar. Merkwürdige Flasche.
3. Vintage 1998, 60PN, 40CH. Kraftvoll, ja wuchtig, ausgewogen und
typisch. Zwischen kräuterigen Noten und schmelzigem Karamell. Mein
Favorit.
4. Rosé 1999, Cuvée wie der weiße Vintage, jedoch mit 10% Rotwein.
Erdbeerchen, fast leichtfertige Fruchtnase, im Mund Rote Grütze,
dunkle Kirschen, wegen fehlender Säure leider etwas kurz – und im Handel leider auch viel zu teuer.
5. Sir Winston Churchill 1996. Dunkel, machtvoll, fordernde Säure und
eine Andeutung von Cognac und angebrannten Waffeln in der Nase. Wunderwunderwundervoll.
Im Table Kobus dann nochmal 98er Pol-Roger (zum Steak, bzw. zum
Zander). Genuss ohne Worte.
V. Bonnaire, Cramant
Monsieur Bonnaire zeigte uns seine beeindruckende, sehr moderne
Anlage und öffnete
1. Non Dosé
Vorbildliches, sehr schönes Äußeres. Springlebendige Nase, im Mund
unbeschwert schorlig, Durstlöschercharakter. Unaufdringliche,
jederzeit diskrete, aber spürbare Säure und milde Mineralität.
2. 2002er BdB GC 10-11g/l
Saftig, weinig, rund und lecker. Orangenmarzipan, Grand Marnier,
feine, cremige Textur. Sehr schöner Champagner und mein Favorit aus dem gelungenen Program von Bonnaire.
3. Variance (Boisé), enthalten ist ein Drittel zweimal belegtes Holz,
10-11g/l. Holzige, nicht zu schwere Nase, Minze, Eukalyptus und
freche Zitrusnoten kitzeln in der Nase. Säure satt, jedoch nicht
ermüdend. Länger, dafür auch schwerer als der 2002er. In gewisser
Hinsicht eine Steigerung zum 2002er, an dem sehr warmen
Verkostungstag und bei gehoben-frivoler Laune aber etwas zu
herbstlich.
VI. Diebolt-Vallois, auch in Cramant
Monsieur Diebolt war anfangs wie immer etwas zugeköpft, kam aber schnell ins
rollen.
1. Prestige
Blitzblanke Säure, Tannenholz, Harz, Lindenblüten, Weißdorn, Honig.
Frisch, schön, sauber, zugänglich, von ruhiger Had gemacht und schon
jetzt sehr gut zugänglich.
2. Blanc de Blancs 2002, 6g/l
Süffiger als der Prestige, etwas schlanker und filigraner. Weißdorn
und Lakritzanspielungen, dabei saftig, kräuterig und voller
Kelleräpfel, abschließend warme, nussige Töne, die den gut reifenden
Großchardonnay ankündigen.
Im Keller von Monsieur Diebolt griff er en passant eine
3. Fleur de Passion 2002 heraus. Wir leerten diesen gigantischen Wein
an Ort und Stelle. Sagenhaft schöner Champagner. Potenzierter Burgunder mit feinsten Bläschen.
Zum Schluß probierten wir noch die 2006er Grundweine aus den Tanks
und die Grundweine für die Fleur de Passion 2006 aus dem Holzfässchen
(53 Fässer getrennt nach lieu dits, bzw. zum Teil bereits im Faß
vereint). Am beeindruckendsten und einer großen Tafel würdig war Faß
5, „Grosmonts“.
VI. Bollinger, Ay
Im Garten des Hauses gedeiht das Miniversuchsfeld mit den Rebsorten (Teinturier, Pinot Meunier, Pinot Blanc und Pinot Gris, Arbane und Gamay).
1. Special Cuvée: wie immer: sehr gut! Was soll man da eigentlich noch groß schreiben?
2. Grande Année 1999 (einmal im September, einmal im Dezember 2006
degorgiert), dasselbe: auch sehr gut, jetzt deutlich harmonischer als beim letzten Mal und beispielsweise für Silvester 2009/2010 ein würdiger Trunk, wenn man nicht das Glück hat, die noch bessere 2000er Grande Année zur Hand zu haben.
3. RD 1996. Immer noch zu jung (degorgiert im Dezember
2006), aber zweifellos großer Wein, der noch eine ganze Weile laufen kann.
VII. Regis Fliniaux, Ay
1. Blanc de Blancs Grand Cru (Ay). Die Flasche wurde a la
volée vor unseren Augen degorgiert, Dosage hatte er deshalb natürlich
keine, vorgesehen ist eine Dosage von ca. 8g/l. Ein außergewöhnliches
Erlebnis, einen Blanc de Blancs aus der Pinot-Hochburg zu trinken. Ähnlich wie etwa der Chardonnay von Billecart-Salmon erstklassig gediehen und
von einer für die gegend von Dizy bis Mareuil exemplarischen exotischen Fruchtfülle, der nur ein ganz kleines bisschen Säure fehlt.
2. Cuvée des Signataires 50PN/50CH. Ananas, KiBa, Vanille, verspielte Säure, trinkbare gute Laune, der perfekte Abschluß eines großartigen Kurztrips.