XIII. Laherte Frères
Aurelien Laherte, in dessen Fasskeller ich schon vor zwei Jahren den bravourösen Gehversuchen des noch ganz jungen Winzers folgen durfte, hat mal wieder ein spitzenmäßiges Programm mitgebracht.
Vins Clairs:
1. Les Noues
100CH aus Chavot
Ausdrucksvolle Nase mit Bergamotte, Formosa Oolong, auf einen Chabliskörper aufgepflanzt.
2. Vigne d'Autrefois
100PM
Luftig, womit nicht der gelegentlich anzutreffende Luffton gemeint ist, sondern eine leichte und beschwingte Art, ein müheloses und fröhliches Mit- und Durcheinander von gebackener Banane, Nashibirne, Litschi, Pitahaya, bouquet garni, umgeben von reichlich Zitrusfrüchten.
3. Rouges Maisons
100PN
Im Gegensatz zum Meunier stach hier roter Apfel mit einer etwas oxidativen, brotigen Note durch, auch hier wieder viel strukturgebende Säure
Champagner:
1. Blanc de Blancs brut nature
2008er Basis mit 2007
Hart, kraftvoll, mineralisch, das aber eher von der würzigen, angeschmutzten Sorte und nicht so sehr wie von pudrigem Kalk; bodennah, mit insgesamt gemäßigter Säure
2. Les Empreintes brut nature
40PN 40CH, davon wiederum 1/3 Chardonnay Muscaté, 20PM, 2007er
Sehr feiner Champagner, stark, aber ultranervös und spannungsgeladen, vibrierend und mit einer besonders ausgeprägten Schmackhaftigkeit, wie eine Essenz von Trauben-Tiramisu
3. Vigne d'Autrefois
2007er, mit 2 g/l dosiert
Wippend, federnd, elastisch, weniger vibrierend, als die Empreintes. Leicht und fruchtig, pricklig, aufgeladen mit Energie und Tatendrang, dabei mittelgewichtig und vom Typ her eher ein Jacky Chan als ein Steven Seagal
XIV. David Leclapart
Der Winzer, der ein bisschen aussieht wie Sting. Auch er ist noch nicht so arg lang mit seinen Weinen im Geschäft dass man von echter Trinkerfahrung mit seinen alten Jahrgängen sprechen könnte; auch dürfte sich wegen der kleinen Menge die Zahl der weltweit gelagerten Léclapart-Flaschen in sehr überschaubaren Grenzen halten, was einer der Nachteile dieser Kleinsterzeuger ist. Denn bei Verkostungen der aktuellen Jahrgänge hat man immer nur Hoffnungen im Glas, aber noch keinen empirischen Anhalt dafür, wohin die Reise einmal gehen könnte.
Vins Clairs:
1. Amateur
Bananig, amylisch, trotzdem hart und verschlossen, gleichzeitig irgendwie vielversprechend. Ist nur zu hoffen, dass sich all die Erwartungen, die in Grundweine dieser Art gesetzt werden, auch irgendwann als berechtigt erweisen.
2. Artiste
Weicher und extraktiger als der Amateur, aber sonst sehr ähnlich.
3. Apôtre
Erkennbar die Spitze der Pyramide dieser Art von Grundwein. Einesteils fühlt man, wie das Zahnfleisch von Rasiermesserklingen traktiert wird, andereseits ist da die fast schon künstlich wirkende und nahezu übersteigerte Fruchtverlockung.
Champagner:
1. Amateur 2007
Gummibärchen und Tannennadeln, Walnuss, Apfel und Muskat. Solche Champagner lassen einen dann erstmal die Bedenken wieder auf Seite schieben. Viel weniger rätselhaft, als im letzten Jahr um die Gleiche Zeit der 2006er Amateur
2. Artiste 2006
Weicher als der Amateur, mit stärker ausgeprägtem Luftton, wirkt er aromatisch nicht so ausgearbeitet wie der Amateur und gleichzeitig nicht so selbstbewusst wie der 2005er Artiste
3. Apôtre 2005
Weinig, rund, weich, groß. Hier ist der Champagner von Leclapart wieder ganz bei sich. Nicht so kalkig und unbezwingbar wie der 2004er Apôtre, sondern fassbar, wenngleich nicht einladend oder freundlich. Auch dieser Wein will von Luft, Zeit und Gaumenwerkzeu bearbeitet werden.
XV. Franck Pascal
In so guter Form habe ich die Champagner von Franck Pascal noch nie erlebt.
Vins Clairs:
1. Silicieux
80PM 12PN 8CH
Bananig und weich, wie man die Grundweine von Franck Pascal gar nicht kennt. Außerdem rund, würzig, samtig, auch etwas metallisch.
2. Assemblage wusste Franck selbst nicht mehr; ungeschwefelt
Rassig, spritzig, scharf, das war wieder ganz die alte Form.
Champagner:
1. Tolérance Rosé
Kirsche, Banane, Erdbeere, einige gemüsige Anklänge, ein wenig Metall; nichts erinnert hier an den sonst so weltabgewandten Rosé, der sonst unter diesem Namen auf den Markt kam. Weiter so.
2. Quintessence 2004
Butter, Candy, Karamell, nur gegen Ende noch ein wenig ungezügelte Säureaggressivität, die wirkt, als wäre der Maler kurz vor Vollendung seines Gemäldes plötzlich wahnsinnig geworden. Genau das macht den Champagner natürlich aufregend und interessant, auch hier ein weiter so, das ist der richtige Weg!
3. Prestige 2002
Der wohlgeformteste und arrondierteste Champagner, den ich bisher von Franck Pascal im Glas hatte. Gurken und Zitronenlimonade, einige Kräuter – erinnert entfernt an Pimm's No. 1.
XVI. Hubert Paulet
Monocrus aus Rilly-la-Montagne. Was nicht an Billecart-Salmon verkauft wird, dient als Grundlage für die Champagner des akkurat gescheitelten Monsieur Paulet.
Vins Clairs:
1. Chardonnay
Abgeklungen ist die Banane, jetzt sind Vitamin-C und eine leichte Exotik am Steuerrad.
2. Pinot Meunier
Vornerum weiche Frucht, hintenrum stabile Säure.
3. Pinot Meunier, dekantiert, aus 2009
Sehr weich und mild. Ende Vitamin C, insgesamt glatt.
Champagner:
1. Brut Tradition Premier Cru
50PM 25CH 25PN, mit 7 g/l dosiert
Leichter, etwas einfacher Champagner, brotig, alter Apfel, wenig Säure, mir außerdem zu hoch dosiert.
2. Mazerationsrosé 2004
80CH 20PM, drei Tage auf der Maische
Kirsche, Banane, Holz. Eher leicht, mit etwas Gerbstoff, nachhaltig, aber nicht beeindruckend.
3. Cuvée Risleus
27CH 20PN 43PM ohne BSA, bâtonnage; ungeschönt, ungefiltert.
Nach den beiden mäßigen Vorgängern ein starkes Stück: markig, kräftig, behutsam eingebundenes Holz, vollmundig, mit stattlicher Säure; auf dem Niveau würde ich gern alle Champagner von Paulet sehen.
XVII. Pouillon et Fils
Elodie und der beredte Fabrice Pouillon bewirtschaften ca. 15 ha entlang der Marne bis in die Montagne de Reims
Vins Clairs:
1. Les Villages
100PN, aus Ecueil, im Holz spontanvergoren, mit BSA
Minimal gerbstoffig, mit Fenchelnote und weichem, etwas einfachem Burgundercharakter
2. Les Blanchiers
50PN 50CH, im Holz spontanvergoren, mit BSA
Ausgeprägter, komplexerer Cuvéecharakter, einleitend apfelig, leichter Luftton, dann übernimmt erfrischende Säure, von Gerbstoffen hingegen keine Spur
3. Mazerationsrosé
100PN
Beaujolaischarakter, so ähnlich wie bei Horiot; sehr mild, mit abschließend knackiger Säure
Champagner:
1. Les Blanchiers Brut Nature
2006er Basis
Brotig, apfelig, mit der erfrischenden Säure, die auch schon der Les Blanchiers zeigte und ruhig noch etwas kräftiger sein könnte.
2. 2XOZ
100PN, Süßreservezugabe für die Gärung
Grapefruit, Mandeln, Graphit und ein eleganter Säureteppich mit herbfruchtigem finish.
3. Mazerationsrosé
2008er Basis, mit 20% aus 2007, mit 8 g/l dosiert
Weich, mild und weinig. Frucht und Mineralität im Einklang miteinander, ausgewogener, nicht sehr prunkvoller Rosé.
XVIII. Tarlant
Vins Clairs:
1. BAM
Pinot Blanc/Arbane/Petit Meslier
Als Fassprobe hatte ich diesen Mix schon in zwei unterschiedlichen Ausführungen probiert, zwischen unzugänglichem, nicht besonders charmantem Stinker und sehr flottem Burgundergrundwein mit bemerkenswertem Potential schwankten meine Einschätzungen im letzten Jahr noch. Die massive Säure wird von buttrigen und kandierten Aromen etwas gezügelt, der Wein wirkt harmonischer, crèmiger, nicht mehr so furieux, bleibt aber noch leicht gerbend und hat das Zeug zu einem weiteren namhaften Champagner aus dem an famosen Champagnern bereits nicht armen Haus Tarlant.
2. Mocque Tonneau
100PN
Erhebliche Säure mit einem nicht ganz so ernsten Charakter, pricklig und rund.
3. Îlot des Sables
Das ist der Grundwein für den berühmten Vigne d'Antan, ungepfropfter Chardonnay mit Extrakt, Würze und Tiefe, etwas Crème und der Ambition, als Champagner etwas richtig Großes darzustellen.
Champagner:
1. Cuvée Louis, dég. März 2009
50PN 50CH, aus den Jahren 1998/1997/1996.
Holz, Wucht und Kraft, Haselnuss, Walnuss, Trockenfrüchte und Apfel. Fette Sahnigkeit, die man bei einem Champagner ohne BSA gar nicht vermuten würde; glasklar ein Powerchampagner erster Güte.