Letztes Jahr habe ich Verzy gegen Bouzy antreten lassen, dieses Jahr habe ich noch einen weiteren Mitspieler zugezogen, aus Ambonnay, dem dritten großen Cru und "aus dem Markt bekannt", wie es in der JUVE immer bei den Verfahrensnachrichten heißt. Er macht den Anfang.
I. Eric Rodez, Ambonnay
Der auf sympathische Art souveräne Eric Rodez hat eines der für Winzerverhältnisse größeren Champagnerprogramme im Angebot. Bei gerade mal 6 ha, die von ihm bewirtschaftet werden, ist die Zahl von acht Cuvées ziemlich beachtlich, weil das bedeutet: jede Cuvée muss auf den Punkt genau vinifiziert sein. Viel Verfügungsmasse ist dann schließlich nicht mehr, um Fehlerchen auszubügeln. Probiert habe ich die Cuvée 2013 des 2023 kommenden weißen Empreinte de Terroir und den künftigen 2012er Jahrgang als Vins Clairs. Der Empreinte ist ein hochgewachsener Mix aus sechs Jahrgängen und hat keinen BSA hinter sich, dennoch wirkt er weich wie gutes Tuch. Der 2012er ist ein reiner Blanc de Noirs, zu 70% im Fass und 30% im Stahl entstanden und zu 70%ohne BSA. Auch er ist weich mit einer sehr eleganten Fassnote.
1. Blanc de Blancs
Basisweine stammem mit aus den Jahren von 2000 bis 2008, außer 2001 und 2003; dosiert mit 5 g/l.
Der Tyson Beckford unter den Champagnern und einer der schokoladigsten Chardonnays, die ich kenne. Milde Säure und dennoch männliches Auftreten, als Chardonnay ganz das muskulöse Kind seiner Region.
2. Blanc de Noirs
Salzig schon in der Nase und erst recht im Mund, kündet dieser von mir bevorzugte Geschmack gerade bei den Pinots der Champagne von einem Selbstbewusstsein, das auch der Winzer selbst ausstrahlt; leider ist der Champagner nicht ganz so lang, wie er ruhig sein dürfte. Trotzdem einer meiner Favoriten von Rodez und ab hier wird es sowieso immer nur noch besser.
3. Cuvée des Grands Vintages
grob 30CH 70PN, Basisweine stammem aus 2004, 2002, 2000, 1999, 1998, 1996, 1995. Kein BSA.
Ein Multivintage reinsten Wassers, eine Cuvée der besonderen Art, auf besonders hohen Niveau. Sehr lang, mit viel Schmelz und krokantiger Süße.
4. Empreinte de Terroir, Pinot Noir 2000
Pilztarte, Hefe, Toast, Kaffeesatz und das Gefühl, einen nahen Verwandten von Dom Pérignon im Glas zu haben, der sich nur durch eine Dosagevariation abhebt.
5. Empreinte de Terroir, Pinot Noir 1999
Sehr schön der Vergleich zwischen dem im letzten Jahr schon exquisiten 99er und dem jetzt mehr als reizenden 2000er. Aus dem Waldboden vom letzten Jahr ist nun eine ansehnliche Pilzkultur gesprossen, reife Zitronen, Kerbel und Dill spielen bei der Bildung des Gesamteindrucks keine unerhebliche Rolle.
II. Maurice Vesselle
Stets etwas höher, nämlich mit 7-9 g/l, sind die Champagner von Murice Vesselle dosiert. Das ist immer dann besonders billigenswert, wenn die Champagner keinen BSA machen, was hier bekanntlich der Fall ist. Das Degorgierdatum kann man leicht anhand der Lotnummer identifizieren, wie genau das geht, hatte ich schonmal erläutert.
1. Brut Cuvée Réservée Grand Cru
85PN 15CH, 2007er Basis, 2006 und 2005 als Reserve.
Frisch geduscht kommt dieser Mittelstreckenläufer aus der Badezimmertür und zeigt betörend nussigen Teint, wie man ihn bei der Herkunft aud Bouzy erwarten darf und schätzt.
2. Grand Cru Millesime 2000
85PN 15CH.
Letztes Jahr überwogen die Cerealien, dieses Jahr gab es einen deutlichen Reifefortschritt und also mehr Pilznoten, dazu Brot, Toastbrot und Hefe. Die Süße wirkt erwachsen und die Säure dazu ergab keinen süßsaueren Mischmasch, sondern ein apartes Wechselspiel. Der Jahrgang gefiel mir weiterhin gut und ist ein kluger Kauf.
3. Rosé Brut Grand Cru
100PN, 2008.
Der Rosé war wie der 2000er zum zweiten Mal in Folge zu probieren und zeigte sich im Gegensatz dazu nicht mit entwickelteren Aromen, sondern verhaltener und versteckter. Bis über die Mundhälfte schien er mir sogar leer und ausdrucksschwach, bevor Himbeere, rote Johannisbeere, ja regelrechte rote Grütze bemerkbar wurden. Trotzdem irgendwie ärgerlich, dass vornerum nichts los ist. Das mag am jahrgang liegen, der sich zur zeit bei einigen Erzeugern bedeckt hält.
4. Bouzy Rouge
Von den Stillweinen der Champagne hört man nicht viel, manche sagen: aus gutem Grund. Positiv in Erinnerung geblieben sind mir selbst von amtlichen Winzern nicht sehr viele Coteaux Champenois. Der von Gonet-Medeville gehört dazu, auch der Rosé de Riceys von Horiot ist stark; und der von Maurice Vesselle. Sündige Nase, himmlisches Kirscharoma, im Mund nicht besonders bewegt, aber mit einprägsamer Kirsche, von der ich lange nachschwärme. Gut.
III. Penet-Chardonnet
Alexandre Penet hatte ich Anfang des Jahres schon besucht und bin ihm und seinen Weinen dann verschiedentlich wieder begegnet, was meiner Kenntnis über seine Champagner, nicht zuletzt auch der NM-Linie Alexandre Penet, sehr behilflich war. Der Réserve Grand Cru ist mein Preis-Leistungs-Sieger bei diesem kosmopolitischen und allseits beschlagenen, dabei ungemein jugendlich wirkenden Ingenieur-MBA-Winzer. Natürlich habe ich mir die Einzellagen zu Gemüte geführt, Les Fervins in Verzy aus 50CH 50PN und Les Epinettes aus Verzy, eine reiner PN. Volksnäher, freundlicher, entgegenkommender und anfassbarer war der Epinettes Vin Clair, dem die distanzierende Säure ein wenig abging.
1. Millésime 2007
Das ist der Einstieg in die Welt der Penet-Chardonnet-Champagner und zwar ein sehr verlockender, ähnlich den Wilis in Giselle.
2. Parcellaire "Les Fervins" Verzy Grand, mit 3 g/l dosiert
50PN 50CH, 2009er, teils im alten Fuder vinifiziert
Raffinement und Generosität sind beim Fervins-Parcellaire in Champagnerform geblieben, verbreitert hat sich der Wein nicht. Das freut mich, denn sein im Übrigen sehr aristokratischer, feinnussiger Auftritt blieb ungeschmälert und ohne Anbiederung an einen etwaigen Massengeschmack. Die Dosage fand ich punktgenau richtig.
3. Parcellaire "Les Epinettes" Verzy Grand Cru
100PN, 2009er Vinifikation, im alten Fuder vinifiziert
Hier ist die beim Fervins noch vermisste Beißfreudigkeit, die schnelle Gangart, der mondäne, aber nicht beliebige, weichgespülte touch und hier sehe ich auch eine deutliche Absetzbewegung gegenüber den beiden Réserves. Der Epinettes ist klarer darüber angesiedelt als sein Geschwisterchen aus den Fervins.
4. Réserve Grand Cru Extra Brut
70PN 30CH aus Verzy und Verzenay, Basisjahr 2004, 3 g/l.
Ein klarer Beleg für erstklassige Herkunft, wenngleich noch als Cuvée zweier großer Crus, war der Réserve Grand Cru, der die ihm zugestandenen 3 g/l formidabel einsetzte, an keiner Stelle zu dick auftrug und wortlos genossen werden konnte. Aus demselben Stall dann die Version auf 09er basis, wieder mit 3 g/l dosiert, war die Réserve erneut als klarer, natürlich wieder recht muskulöser Champagner angelegt, ein Pinotzug auf Chardonnayschienen
5. Grande Réserve Grand Cru Brut Nature
2/3PN 1/3CH hauptsächlich aus Verzy, Basisjahr 2004
Große Klasse war der Verzy-Champagner von Penet-Chardonnet, die geliebten Butter-, Toffee-, Sahnearomen, reifer Apfel, Paranuss, Walnuss strotzten nur so vor sich hin und ließen den Champagner reif aber klar und überaus klassisch wirken.
6. Cuvée Diane-Claire Grand Cru Brut Nature 2002
Beim Besuch vor Ort kredenzte der leider leicht kränkelnde Alexandre in vorbildlicher Gastgebermanier die Spitzencuvée des Hauses. Volle Aromenfülle, Mandeln, Brioche, Torrone, viel Zitrus, ganz wie ich es in dieser Preisklasse mag, aber seltsam förmlich und am gaumen sperrig präsentiert. Das legte sich mit der Zeit und der Champagner wuchs immer weiter an, bis er vor allem im Vegleich zum Verzy-Champagner ein ausgeprägtes, sehr stattliches und ungekünsteltes Auftreten hinlegte. Das bestand vor allem aus einer geschickten Zusammenstellung von Gewürzen, vanilllierter Möhre, Apfelsorbet, strammer Säure und softer, an gedimmtes grünes Licht erinnernder Atmosphärigkeit. Schwer zu beschreiben und auf jeden Fall ein Kandidat für eine Vergleichsprobe mit namhaften Flaggschiffen.
7. Rosé, Zéro Dosage
Auf Basis des normalen Grand Cru mit 7% zugekauftem Rotwein.
Weisse Seele, wie man sie am deutlichsten im Dom Ruinart Rosé verkörpert findet. Ein ganz schön harter, kompromissloser Rosé.
8. Champagne Alexandre Penet
Unter diesme Label kauft Alexandre Trauben hinzu, daher das "NM" auf dem Etikett. An der Grundausrichtung der Champagner ändert sich nichts, sie sind bloß günstiger und geringfügig zugänglicher.
a) Extra Brut Blanc
Kein Champagner, der haften blieb, daher keine ausschweifende Bewertung. Letztlich guter Durchschnitt und ein schmerzlos austauschbarer Extra Brut.
b) Extra Brut Rosé
Enge Nase mit feiner Würze, Blütenduft und einigen wenigen roten Früchten, ein fast raffinierter Rosé, der mit Luft leider etwas unvorteilhaft aufgeht.
c) Grand Cru Brut Nature
Winzerig, d.h. mundfüllend, dennoch nicht fett, für brut nature dosierte Champagner typisch ist die gegen Ende auftauchende Wässsrigkeit, die mir aber allemal lieber ist, als der ebenfalls oft anzutreffende Bitterton oder gar zehrende, allzu anisige nbis salmiakhafte Noten.
d) Grand Cru Extra Brut Blanc de Blancs
Der Chardonnay kommt aus der Côte des Blancs, womit sich einer der Vorteile des Händlerstatus manifestiert; teils Fassausbau, teils Stahl
In Nase und Mund findet sich die in weiten Kreisen geschätztze Bananenaromatik sehr junger, aber meistens nicht schlechter Champagner, zudem die von mir geschätzte Gurkenschale, gerade weil sie hier in Verbindung mit der Schale und dem Fruchtsfleisch reifer Wassermelone auftaucht. Mein Favorit unter den Champagnern der Linie Alexandre Penet.