Janisson-Baradon aus Epernay und Sélèque aus dem benachbarten Pierry sind das nächste Pärchen meiner Untersuchung.

I. Von Cyril Janisson konnte ich drei wichtige Grundweine und die dazugehörigen fertigen Champagner probieren. Der Non Dosé ist sozusagen der Prototyp oder die Planskizze, die weiteren Champagner von Janisson-Baradon bauen darauf auf. Von dem im Non Dosé erfahrbaren Konzept entfernen sich selbst die zwei neuen Stars der Kollektion Toulette und Tue Boeuf nicht sehr weit. Alle zehn Tage wird frisch degorgiert.

1. Non Dosé

50PN 50CH, 2006 und 2005

Die aktuelle Grundwein-Cuvée auf Basis des 2011ers mit Reserve aus 2010 zeigt den Hausstil in seiner reinsten Form. Den teilweisen Einsatz vom großen Holz merkt man ihm kaum an. Salz und Seife, eine hibbelige Fruchtigkeit und kompakte Struktur machen es schwierig, präzise Eindrücke zu gewinnen. Der Champagner zeigt dann schon deutlicher, wohin die Reise geht. Auch er ist noch aufgekratzt, leistet am Gaumen Widerstand und würde seine feine Zitrusfrucht am liebsten vor dem neugierigen Publikum verbergen, was ihm mit zunehmender Flaschenreife immer schlechter gelingt, sehr zur Freude der Kunden des Hauses.

2. La Toulette 2005

Als 2011er Grundwein strahlt der hier verwendete und 1947 gepflanzte Chardonnay, der übrigens kein gewöhnlicher Chardonnay, sondern ein Chardonnay Muscaté ist, wie ihn auch Aurelien Laherte zu 50% in seiner Cuvée Empreinte hegt, eine Zitronenbuttercrèmenote aus, die merklich weniger Säure hat, als gewöhnliche Chardonnays – obwohl gar keine BSA durchlaufen wurde. Der 2000er Toulette war der allererste Einzellagentoulette, vorher ging er zu 50% in die damalige Spitzencuvée Georges Baradon ein. Die hat Cyril mit dem 2001er auslaufen lassen. Eine gute Entscheidung, wie ich finde. Denn die beiden Komponenten des Georges Baradon, Toulette und Tue Boeuf, sind entgegen der klassischen Cuvéetheorie einzeln stärker als zusammen. Der 2005er Champagner begeistert mit reifen rauchigen bis teerigen Noten und immer wieder raumgreifendem Lemon Curd,

3. Tue Boeuf 2005

Diese Pinot Noir Einzellage war im Georges Baradon das Gegenstück zu den Toulettes. Der Grundwein war rund, füllig, mit einer leichten Salznote;am Zungenrand leicht kneifend, hinterließ er einen überwiegend pflanzlich-faserig wirkenden Eindruck. Der Champagner konnte sich auf Anhieb in meiner Gunst noch über den Toulette stellen. Ohne BSA, dennoch nicht beißend oder aggressiv, sondern wie poliertes Edelholz, mit Honig und angemessener, auf Brioche gelagerter Reifenote, für mich einer der herausragenden Champagner des Jahrgangs.

 

II. Champagne Sélèque

Nicht sehr bekannt ist der biodynamisch arbeitende Erzeuger Sélèque. Die dort probierten Grundweine aus den Einzellagen Les Gouttes d'Or (Pinot Meunier ohne BSA) und Cantuel (85PM 15CH) waren ungewöhnlich ausdrucksvoll, barsten teilweise vor Expressivität, ebenso die Grundweincuvée Partition (70CH 15PN 15PM). Von limonadiger Sprtizigkeit bis zur ruhigen, weichen Weinigkeit gesetzter Pinots waren die Vins Clairs weit gefächert in ihren Möglichkeiten und zeigten ihr Potential teilweise auch bei den jungen Champagnern. Altes Holz geht bei Sélèque zu 30% in die Vinifikation ein, genutzt werden dafür burgundische Fässlein mit 228 l, solche mit 300 Litern Fassungsvermögen und pièces champenoises mit 205 Litern, außerdem Foudres mit 2000 Litern.

1. Cuvée Spéciale

60CH 30PM 10PN, 2008er Basis und 40% Reservewein, gute 15% der Cuvée waren im Holz; mit 7 g/l dosiert.

Der Champagner ist süffig und mürbe zugleich, was mir sagt, dass der junge Basiswein und die reiferen reserven sich noch nicht völlig miteinander vertragen.

2. Blanc de Blancs "Or Blanc"

Chardonnay, 2008er Ernte, mit 6 g/l dosiert.

Der Chardonnay war wegen seiner zehrenden Art nicht mein Fall. Am Ende kam dann noch eine Wendung ins Lakritzige dazu, die ich bei jungem Chardonnay überhaupt nicht leiden kann.

3. Rosé de Saignée

85PN 15 CH, 2008er Ernte.

Versöhnlich stimmte mich der sehr gute Rosé. Leicht, unbeschwert, mit dem Erfrischungsgetränkcharakter, den die Grundweine verhießen. Am Rand franselte der Rosé etwas unscharf aus, da wäre bei kommenden Cuvée und mit mehr Reife noch drauf zu achten. Im Moment könnte man die mangelnde Kontur gut mit Mehlspeisen kaschieren, in die der Champagner problemlos überleiten wird.