I. Jacques Selosse Extra Brut NV 100% Chardonnay. Sattes
Gelbgold, lebhafte, recht feine Perlage, wenig Kettenbildung, dafür
üppiger Cordon; opulente, komplexe und bereits sehr finessereich
changierende Apfel-/Hefenase, die erstaunlich wenig Holz aber viel
reife Frucht und gutgebauten Körper verspricht. Im Mund frisch, mit
sofort spürbarer, frecher Granny-Smith-Säure und frischem
Hefekuchenteig. Füllig (reife, exotische und vor allem fleischige
Früchte, vielleicht Mango, Ananas) aber nicht plump, durch den
Dosageverzicht höchst agil und mit anhaltendem Fruchtaroma.
II. Lacryma Christi di Vesuvio 2002, Mastroberardino. Mittleres
Rot, Pfeffrige Nase (anfangs sogar recht dominant, später abflachend
und besser eingebunden zugunsten floraler Noten und pikanter Kräuter)
mit zerriebenen Veilchenblüten. Im Mund geschmeidig weich und wohlig
anwärmend, ganz sparsames Tannin, könnte etwas griffiger sein,
Luftzufuhr kitzelt noch etwas Lakritz und mehr Struktur heraus;
insgesamt leichter als erwartet "weißer Vinho Verde".
III. Cantenac Brown 2000. Dunkelrot-violett, schwappt sehr
anmutig ins Glas. Feurige, aktionslustige Nase mit reifen roten
Beeren, saftiger dunkler Kirsche und zarter Kakaonote. Kommt
kraftvoll aber nicht aufdringlich in den Mund, von süßlichen Noten
durchzogenes, sonst seidenzartes Gewirk ohne zu viel Holz oder
Tannin, sind doch schon erstaunlich gut eingebunden, beide. Das
mildert den ersten feurigeren Eindruck zugunsten einer eleganten,
aufbauenden Frische und Eleganz ab, hält sich sehr angenehm und lang,
gute Zukunft, leider zu schnell leer gewesen, den hätte ich gern noch
weiter im Glaserl verfolgt.
IV. Felsina, Berardenga, 2000er Chianti Class. Riserva Rancia.
Dunkles, erdverwachsenes Rot, vielleicht etwas dunkler als der
Cantenac Brown, leicht wäßrig schimmernder Rand, zarte Andeutung
einer Sherrynote, sehr zarte, zunächst spritig wirkende, dann
erdigere- und Röstnoten entwickelnde Nase, im Mund toskanische
Bauart, Kirschfrucht, etwas Marzipan.
V. Dom. Léon Barral, Jadis 1998. Sehr dunkel und von ganz
zurückhaltender Nase, wohl auch Brett, aber man weiß es beim Barral ja immer nicht,
wird dann pfeffrig und plustert sich mit mehr Luft regelrecht auf,
zeigt von Nelken über
moosiges Gestein und verdorrte Tabakblüten oder getrockneten Kräutern
eine ganze Menge hübscher Aromen und schmeckt eigenwillig, wild, wie
ein Sud aus Reinhold Messners Bart nach einer mittleren Bergtour oder
so ähnlich. Cuvée aus G-S-M. Gut.
VI. Elderton Command Shiraz 1997. Sattes dunkelrot, schwappt
lockersanftwässrig im Glas. Große Fenster, kein Wunder. In der Nase
allerlei Nüsschen, Mandel, Walnuß, auch Rosenwasser; im Mund fester
und saftiger Kirschkuchen, keinerlei eingekochte Aromen oder
Holzexzess, eher delikate Noten von Kirsche, Pflaume und Tabak,
Schoki und wieder Rosenwasser, die bestens aufeinander abgestimmt
dennoch sehr munter durcheinanderwirbeln. Kann noch lange und
bereitet sehr viel Freude.
VII. Donnafugata Mille e una notte 1996. Mittleres dunkelrot; in
der Nase deutlich gereifte Veilchen- und Tabaknoten, leicht süßliche,
lakritzige Töne dabei, schon etwas alkoholisch aber noch nicht zu alt.
Im Mund immer noch recht füllig, wenn auch nachlassend, nicht mehr
ganz frische aber immer noch sehr ansprechende, würzige Frucht, ging
leider beim Essen etwas unter.
VIII. Canon la Gaffelière 1990. Im Kern dunkelrot, zum Rand heller
werdend, sieht noch recht jung aus, schmeckt auch so. Sehr eleganter
Auftritt, großzügige, sehr einladende Nase voll schwarzer Beeren und
Pflaume, zurückgehaltenes Holz deutet die Vanillespuren nur an, was
einen sehr positiven Eindruck hinterläßt. Im Mund eine ruhige
dreispurige Autobahn an einem Sonntagmorgen, hier läßt sichs bequem
fahren und so schmeckt der Wein auch, wie ein ausgeglichenes
Dahingleiten bei Reisegeschwindigkeit 210 km/h.